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Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Ja, danke für den Hinweis. Hier eine der entscheidenden Passagen im Vergleich, zuerst Walter:
Nun der vorläufige Abschlussbericht PP Essen (vAB) von Ende Oktober (Quelle):
Hier gibt es entscheidende Unterschiede:
1. Lt. CM Walter sollte die Polizei an den Schleusen helfen. Davon ist im Bericht nicht die Rede. Eine Verstärkung der Schleusen fand auch nicht statt.
2. Lt. CM Walter war ein Ergebnis des Gesprächs, die Westrampe als Eingang zu öffnen. Dies wurde lt. vAB nicht in diesem Gespräch, sondern später erst um 16:02 auf Anregung der Polizei veranlasst:
3. Lt. CM Walter sollte eine Polizeikette oben auf der Rampe eingerichtet werden, um dann mit den Pushern den Pfropf aufzulösen.
Lt. vAB war vereinbart, dass eine aus Ordnern und Polizisten bestehende Sperre in der Mitte der Rampe aufgestellt werden sollte.
4. Nochmal aus dem Interview:
Aus dem vAB ergibt sich, dass die Polizei zwei Sperren ohne Absprache mit dem CM in den beiden Tunnels einrichtete, und etwas später auf der Mitte der Rampe - - allerdings dann mit dem Ziel, die Menschen davon abzuhalten von oben nach unten in den Tunnel zu gehen; vgl. Tabelle S.21 vAB:
und S.22 vAB:
und S.32 vAB:
Achtung: Meine Schlussfolgerung, dass der Zweck dieser Sperre nicht mehr mit der Vereinbarung übereinstimmt und auch diese Mittelrampensperre von der Polizei ohne Absprache eingerichtet wurde, wird hier allerdings noch kontrovers diskutiert: "Ein Polizist" sagt, die Mittelrampensperre sei trotzdem "100%" in Übereinstimmung mit der Vereinbarung errichtet worden, die obige Formulierung im vAB sei einsatztaktisch anders zu verstehen, als ich es hier verstanden habe.
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
@Ein Polizist, Sie schreiben
Natürlich werden Sie es nicht "leugnen" nennen, aber was Herr Schmeling in der PK am 25.07. (ab Minute 27.00) gesagt hat, war schon hart am Rande dessen. Hier ein Link, falls Sie es nochmal prüfen möchten.
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
@Ein Polizist:
Die Befähigung zum Richteramt muss jeder Staatsanwalt und jeder Rechtsanwalt haben, da sie mit dem zweiten jur. Staatsexamen erworben wird, das wiederum Voraussetzung für Anwaltsberuf und Staatsanwaltschaft ist. Ein Prädikatsexamen ist schon eine tollere Sache, bewahrt aber leider auch nicht vor Fehlentscheidungen, ebenso wenig ein Doktorgrad :-); auch der Professorenberuf kann leider nicht davor bewahren, muss ich eingestehen. Auf dieser Ebene, fürchte ich, sind wir eben alle nur Menschen. Aber Danke für Ihre Hochachtung vor Prädikatsjuristen. Andererseits lasse ich mir natürlich ungern sagen, jemand, der nicht Polizeitaktiker sei, könne eben so einen Bericht nicht richtig lesen/verstehen, aber der OStA natürlich schon, denn der habe ja ein Prädikat.
Vielleicht lag es ja auch daran, dass zunächst die Einrichtung dieser Sperren von Polizeivertretern schlicht geleugnet wurde und man dann sagte, sie seien auf Bitten des Veranstalters eingerichtet worden und dann Ende Oktober im vorl. Abschlussbericht für die Mittelrampensperre wieder ein anderer Grund genannt wird. Zugleich aber wurde/wird durchgehend vorgetragen, die Polizei sei auf der Rampe gar nicht zuständig gewesen, Ordnungsbehörde sei schließlich die Stadt Duisburg. Von einer Einbeziehung der Ordnungsbehörde für die Entscheidung, Sperren zu errichten, steht aber im Abschlussbericht gar nichts. Also haben dafür unzuständige Kräfte diese Sperren errichtet - ist das ernsthaft Ihr Argument?
Dann wiederum: Wenn es so entscheidend war (und das war es!), dass die Eingänge wirklich dicht sind, warum hat man dann nicht Polizeikräfte zur Verstärkung an die Eingänge geschickt? Oder hat man sogar Kräfte von dort abgezogen, wie es andernorts heißt?
Damit Sie mich nicht falsch verstehen: es kann durchaus sein, dass - aus welchen Gründen auch immer - eine Sorgfaltspflichtverletzung, die zu den Todesfällen führte, durch die Sperren nicht nachgewiesen werden kann, insofern bleibt diese Diskussion hier ja immer notwendig spekulativ.
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
@Ein Polizist:
Ihr Eintreten für die Kollegen halte ich für aller Ehren wert, aber es überzeugt mich nicht, denn Ihre so selbstverständlich erscheinenden Erklärungen stehen eben NICHT in dem (vorläufigen) Report, obwohl sie dort sicher drin stünden, wenn die Erklärungen so einfach wären wie Sie es sagen.
Ich gehe der Reihe nach vor und beziehe mich jeweils auf Ihre Erläuterungen:
Steht so nicht im vorl. Abschlussbericht. Warum nicht?
OK. ich vernachlässige es einmal nicht. Kam denn später DIESE Kette aus Ordnern und Polizeikräften auf Bitten des Veranstalters zustande? Wohl nicht. Das "zunächst" bezieht sich m.E. auf die Polizeikette, die dann später zustande kam, und die in dem Bericht anders begründet wird (warum sollte der Bericht insofern unrichtig sein?).
Wo ich "statt dessen" lese, lesen Sie ein "außerdem". OK, wir wissen nicht, was genau der Verfasser des Abschlussberichts mit "statt dessen" meinte. Vielleicht meinte er es so, wie Sie sagen und hat sich einfach missverständlich ausgedrückt.
Das sagen Sie, es steht aber nicht im Bericht. Wie gesagt, ich möchte noch einmal daruf hinweisen, dass dies der eigene Bericht der Polizei ist. Warum steht denn da dieses wichtige Faktum nicht drin? Ok, es wurde vergessen, hinein zu schreiben. Aber vielleicht gestehen Sie mir zu, nicht unbedingt "zwischen den Zeilen" zu lesen.
Also, die Polizei schreibt schwarz auf weiß und detailliert , wie der Ablauf war: Die Sperren im Tunnel (m.E. fahrlässig!) wurden danach ausdrücklich ohne Absprache mit dem Veranstalter errichtet. Die Sperre auf der Rampe "zunächst" nicht (Gründe werden nicht genannt; es könnte an fehlenden Ordnern gelegen haben, steht dort aber nicht). Später: Sperre auf der Rampe wird errichtet - aber nicht, um zu verhindern, dass Menschen nach oben gehen (wie vereinbart), sondern dass Menschen nach unten gehen. Jeder mache sich selbst ein Bild und lese diesen Bericht auf S. 22 Mitte und zusätzlich den Auftrag für diese Sperre, wie er auf S. 32 angegeben wird: "Verhindern des Ablaufs von Personen in Richtung Karl-Lehr-Str./Tunnel" Ist das der abgesprochene Auftrag auf Bitten des Veranstalters? Ich hoffe, ich werde jetzt nicht als Analphabet beschimpft, aber ehrlich gesagt, Ihre Interpretatiion kommt mir kaum stimmig vor.
Nein, es stimmt nun eben nicht, dass man die Leute über die Westrampe schicken wollte. Denn gleichzeitig hatte man (seitens der Polizei!) beschlossen, die Besucher, die am Westeingang hineinkommen, über die Westrampe zu leiten. Dazu S. 32: "16.02 Uhr: Öffnen der westlichen Rampe durch den Veranstalter auf Anregung der Polizei...um den Zugang auf das Gelände über die westliche Rampe zu ermöglichen." Es wäre also widersinnig, zur Vermeidung eines gegenläufigen Stroms auf der einen Rampe nun einen eben solchen auf der anderen zu erzeugen. Im Übrigen ist durch Augenzeugen längst bekannt (und auch hier schon diskutiert worden), dass diese Besucher keineswegs über die Westrampe hinaus geschickt wurden.
Ich möchte noch einmal betonen, dass ich mich natürlich nur auf den Abschlussbericht beziehen kann, der mir vorliegt. Ehrlich gesagt halte ich auch überhaupt nichts von spekulativen Argumenten zur Entlastung ("ist bestimmt an anderer Stelle noch besser dargestellt etc."). Was würden Sie als Ermittler davon halten? Zu dem Zeitpunkt übrigens, zu dem die mittlere Sperre errichtet wurde, waren beide Eingänge (Ost und west) bereits seit mehreren Minuten wieder offen.
Wenn es nach Ihnen geht, dann sollen wir also diesen Abschlussbericht, den Sie ja verlinkt haben, nicht ernst nehmen, sondern einfach darauf vertrauen, dass es irgendwo noch andere Fassungen gibt, die das Polizeiverhalten besser erklären. Ehrlich gesagt, haben Sie mich damit nicht überzeugt, meine Skepsis aufzugeben.
Hier im Blog wird ja nur diskutiert, ein Urteil sprechen andere. Aber die Grundlage der Diskussion ist an dieser Stelle der vorl. Abschlussbericht. Kommt was anderes aus dieser Quelle, werde ich gern meine Meinung ändern.
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Nachdem der Abschlussbericht des PP Essen nun ganz offiziell veröffentlicht ist, möchte ich auf ein paar Dinge hinweisen, die mir heute morgen darin aufgefallen sind.
Auf S. 20 heißt es:
Aber warum kam es nicht dazu? Hatte jemand erkannt, dass es sowieso zwecklos war, so vorzugehen? Dass 10 Minuten nicht ausreichen würden? Dass man die Vereinzelungsanlagen nicht würde schließen können? Im Bericht steht dazu nichts - leider. Weiter gehts auf S. 21 oben: Also, 5 Minuten nachdem man etwas anderes mit dem Crowd-Manager vereinbart hatte, entscheidet man "im Rahmen einer Zusammenkunft" etwas anderes "statt dessen" durchzuführen. Nämlich in den Tunneln selbst zu sperren. Nun muss man dazu sagen, dass genau dies auf gar keinen Fall hätte durchgeführt werden dürfen. In allen vorherigen Konzeptpapieren stand doch, dass kein Stau im Tunnel entstehen dürfe. Und genau das würde doch passieren, wenn man dort eine Sperre errichtet - im Ostteil des Tunnels. Im Westteil konnte man ja noch die Besucher auf die kleine Rampe schicken, was aber erst zehn Minuten später geschah. Aber: wenn man davon ausging, dass der Veransatlter sowohl den West- wie den Osteingang verabredungsgemäß dicht macht, warum überhaupt noch diese Sperren im Tunnel? Was sagt der Bericht dazu (S. 22): Also ging man wohl davon aus, dass die Schließung an den Eingängen nicht funktionieren würde. Oder warum sollten sonst Tunnelabschnitte "zulaufen"? Wenn man aber glaubte, die Schließung würde nicht klappen, warum half man dann nicht dort aus? Warum diese blöden Sperren in den Tunnels? So gehts weiter: Was erfahren wir hier? Die Mittelrampensperre war ja erst mit dem Crowd-Manager vereinbart worden, wurde dann jedoch nicht eingerichtet, "stattdessen" die Tunnelsperren. Erst jetzt, als man sah, dass es einen Besucherrückstrom gab, errichtete man die mittlere Rampensperre. Die bisher veröffentlichte Geschichte der Polizei (Sperren auf Bitten des Veranstalters, um ihn bei Maßnahmen zu unterstützen) stimmt also einfach nicht! Das sagt die Polizei jetzt selbst! Die Polizei hat vielmehr - obwohl sie gar nicht zuständig war, wie immer wieder vorgetragen wurde - recht eigenständig diese drei Sperren errichtet. Zwar war die Sperre auf der Rampe vorher einmal vereinbart worden, aber zu einem anderen Zweck, in einer anderen Richtung und zu einem anderen Zeitpunkt (20 Minuten vorher). Insbesondere dass man - zum Schutz der eigenen Sperren in den Tunnels - die Leute am Verlassen des Geländes hindern wollte, war wohl kontraproduktiv; denn diese Leute blockierten jetzt zusätzlich den oberen Teil der Rampe.Mir erscheint dieser Abschnitt des Vorläufigen Abschlussberichts als ein Dokument der Hilflosigkeit, Planlosigkeit und auch Fahrlässigkeit.
Die Sperren in den Tunnels geschahen nicht auf Bitten des Veranstalters. Eine Sperre macht allenfalls im Westtunnel Sinn, wenn man dann dort die Besucher über die kleine Rampe schickt. Selbst dies gelang aber nicht - im Bericht heißt es dazu (S. 33): die westliche Rampe wurde nicht als Zugang angenommen". Aber es sollte nach allen Konzepten unbedingt vermieden werden, dass ein Stau im Tunnel entsteht. Daher war es fatal, ohne wirklich sichere Schließung der Eingangsschleusen im Tunnel Sperren zu errichten, weil dann natürlich dort Staus entstehen. Ein Stau auf dem Rampenkopf war ja viel unproblematischer als dort, wo man ihn dann hinverlegt hat: In die Tunnels und auf das untere Rampendrittel.
Auch die Sperre auf der Rampenmitte geschah nicht auf Bitten des Veransatlters. Bisher war die Geschichte der Polizei: Wir haben auf Bitten des Veranstalters ihn bei der Sperre auf der Rampenmitte unterstützt. Also: Das war nicht unsere Idee, wir haben nur geholfen, ein vielleicht schlechtes Konzept zu verwirklichen. Damit wollte man die Verantwortung für diese Entscheidung von sich schieben.
Natürlich war die Polizei eigentlich nicht zuständig, natürlich war dies die Veranstaltung von lopavent, und deren Sicherheitskonzept war ein Unsicherheitskonzept, natürlich wurde das Märchen von den sieben Pushern aufgetischt, natürlich hat die Stadt als Ordnungsbehörde völlig versagt. Und schließlich: offenbar hatte niemand während der Planungen bemerkt oder es als Problem gesehen, dass zehntausende Besucher nach einigen Stunden das Gelände weider verlassen wollten und dass man für diese Menschen überhaupt keine Vorsorge getroffen hatte. Keiner der vielen schlauen Menschen hat das bemerkt: Nicht Herr Dr. Klüpfel, nicht Herr Prof. Schreckenberg, kein Polizist im AK Sicherheit, kein schwarzer Vogel, der erst stolz den Krisenstab übernahm, dann aber als Kapitän das schon sinkende Schiff verließ. Das fiel also erst jetzt einem Zugführer auf - und man hatte nicht vorgesorgt!
Die Polizei ist hier vielleicht am wenigsten verantwortlich, aber sie ist es auch: Wer fahrlässig handelt, bei dem ist es irrelevant, ob er zuständig ist oder nicht. Möglicherweise gibt es ja eine richtig gute Legitimation für diese Sperren, aber wenn sie nicht in diesem Bericht ist, dann wo? Es gibt keine vernünftige Erklärung. Ich zweifle überhaupt nicht am guten Willen der Polizei und es ist vorbildhaft, dass in diesem Bericht jedenfalls einige Fakten offenbart werden, was man ja von lopavent und der Stadt Duisburg leider nicht behaupten kann. Aber "gut gemeint" ist leider häufig Kennzeichen einer Fahrlässigkeit.
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
@anonyma:
Sie fragen:
Mein Befund stützt sich u.a. auf ein ganz aktuelles Beispiel: Ein gewisser Herr Kachelmann wurde, wie oben erwähnt, nach der Vergewaltigungs-Beschuldigung verhaftet, saß insgesamt über 4 Monate in Untersuchungshaft, er verlor seinen bis dahin guten Ruf und seine wirtschaftliche Basis; sein Privatleben wurde in allen Gazetten ausgebreitet. Offenbar hat das von Ihnen angenommene kulturelle Klima keineswegs bewirkt, dass die Anzeigeerstatterin nach Hause geschickt wurde und dieser Mann unbehelligt blieb. Vor der Verurteilung hat ihn dann (gerade noch) ein altehrwürdiger Grundsatz geschützt - in dubio pro reo.
Ich behaupte nicht, dass man heute jeder Frau, die eine Vergewaltigung anzeigt, sofort glaubt. Ich behaupte auch nicht, dass man jeden der Vergewaltigung Beschuldigten heute sofort an den Pranger stellt. Ich behaupte auch nicht, dass man/frau schon alles erreicht hat - sicherlich lässt sich noch mehr verebssern am "Klima". Und dass eine Vergewaltigung, die typischerweise keine Zeugen hat, ein für die Aufklärung problematisches Delikt ist und bleibt, lässt sich nicht leugnen. Ich behaupte aber, dass sich das kulturelle Klima hinsichtlich der Bewertung von Sexualdelinquenz in den vergangenen 30 Jahren ganz erheblich gewandelt hat. Dies hat sich auch in der Gesetzgebung und in den Ermittlungsverfahren abgebildet (höhere und ausgeweitete Strafdrohungen, besondere polizeiliche Ermittler(innen) bei Sexualdelikten, Opferschutzgesetz etc.). Ich glaube, dies kann eigentlich nur jemand bestreiten, der gesellschaftliche Entwicklungen nicht wahrnimmt.
Worauf stützt sich denn Ihr Befund?
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
@Anonyma:
Sie schreiben u.a. direkt an mich gerichtet:
Zwischen einer "kulturellen Umgebung" und einem einzelnen Verfahren muss strikt unterschieden werden. Und auch wenn es noch so schwer fällt, muss man gerade alles dafür tun, bei der gerichtlichen Aufklärung eines Sachverhalts das kulturelle Umfeld auszublenden. Es ist gerade der große Fehler Ihrer Position, dass Sie meinen, den Fall Kachelmann als Beispiel heranziehen zu sollen, ohne zu wissen, was tatsächlich vorgefallen ist. Die völlig berechtigte Kampagne gegen Vergewaltigung und gegen Gewalt gegen Frauen (und Männer und Kinder) sollte auf keinen Fall an ein Ereignis anknüpfen, solange es sich noch in den Ermittlungen befindet. Sonst gerät man in Gefahr, die am Verfahren beteiligten Personen für seine Zwecke zu instrumentalisieren, ohne überhaupt zu wissen, ob eine Vergewaltigung stattgefunden hat. Und das kann nach hinten losgehen: Der Freispruch wird dann - auch in der Öffentlichkeit - als Niederlage für das berechtigte Anliegen aufgefasst. Wenn sich Frau Schwarzer nun beklagt, der Prozess und sein Ausgang habe dem Anliegen der Frauen bzw. künftiger Vergewaltigungsopfer geschadet, dann ist dies vor allem ihr eigenes Verdienst. Es ist nämlich leider vor allem diese Position, die dem richtigen und wichtigen Anliegen (gegen Vergewaltigung/Gewalt gegen Frauen) am meisten schadet. Man kann doch nicht ernsthaft vertreten, man müsse jemanden, dessen Tat sich nicht nachweisen lässt, nur deshalb verurteilen, damit ein allgemeines kulturelles Klima in eine bestimmte Richtung beeinflusst wird.
Es trifft auch seit einiger Zeit nicht mehr zu, dass sich ein Mann, der der Vergewalötigung beschuldigt wird, auf ein kulturelles Klima "verlassen" könne, das ihn effektiv schützt. Im Gegenteil hat schon die Beschuldigung erhebliche Folgen, selbst wenn sich der Vorwurf nicht als zutreffend herausstellt. Wurde denn Kachelmann im Jahr 2010 wirklich effektiv "beschützt" und dem Opfer die "Schuld" zugewiesen? Nein, der Beschuldigte wurde mehrere Monate inhaftiert - dies spricht m.E. dafür, dass die Strafanzeige sehr ernst genommen wurde. Und dass sich das Blatt für ihn wendete lag v.a. daran, dass der Nachweis der Tat immer fraglicher wurde. Zur Rolle der Staatsanwaltschaft Mannheim: Auch die StA hat dem Anliegen des Opferschutzes, das vielleicht unterstützt werden sollte, eher geschadet als genützt. Der deutsche Strafprozess ist nicht als Parteiverfahren konstruiert. Man kann nicht zugleich "Partei" sein und weiter seine (angebliche) Objektivität behaupten. Damit schadet die StA Mannheim auch allen anderen StA. Um die Opferinteressen unabhängig von der zur Objektivität verpflichteten StA vertreten zu können (also Gewicht und Stimme zu geben), wurde die Nebenklage eingeführt. Im vorliegenden Fall hatte die Nebenklägerin zudem die größte deutsche Boulevardzeitung auf ihrer Seite. Nebenbei: Dass es irgendwo im Internet irgendeine blödsinnige Kampagne zur Abschaffung der Strafbarkeit der Vergewaltigung gibt, können Sie doch nicht ernsthaft als Argument für Ihre Position anführen.
Besten Gruß
Henning Ernst Müller
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
@Die Leserin (18:31 Uhr), Sie fragen:
Grob gesagt, also ohne die Einzelheiten: Wenn StA oder Polizei schon einen Anfangsverdacht gegen eine Person haben, dürfen Sie diese Person nicht mehr als Zeugen vernehmen, sondern müssen eien Beschuldigtenvermehmung durchführen. Das Schweigerecht besteht dann umfassend und unmittelbar, Beschuldigte müssen zu Beginn darüber belehrt werden. Wenn der Beschuldigte bzw. sein Anwalt erklären, dass er nichts zur sache aussagen wird, dann findet die Vernehmung gar nicht statt.
Auch wer als Zeuge vernommen wird, braucht sich nicht selbst zu belasten - er kann dementsprechend auch die Antwort auf Fragen verweigern. Entsteht bei einer Zeugenvernehmung der Verdacht gegen diesen Zeugen (etwa weil er sich in Widersprüche verwickelt oder etwas sagt, das ihn selbst belastet) muss die Zeugenvernehmung unterbrochen werden und auf Beschuldigtenvernehmung "umgestellt" werden.
@Ein Polizist (18:53 Uhr):
Bei Ihrer beruflichen Stellung mag es Ihnen merkwürdig erscheinen, wenn manche es mit mit Skepsis sehen, dass der Sachverständige mit dem polizeilich erstellten Ablauf/Zeitstrahl der Ereignisse ausgerüstet wird. Ich kann die Skepsis aber nachvollziehen, denn von außen betrachtet wird die Polizei oft als eine "Einheit" aufgefasst. Einer von der Stadt Duisburg oder von Lopavent erstellten Tatsachendarstellung würden sicher auch Sie ein gewisses Misstrauen entgegenbringen. Warum sagen Sie nicht einfach sachlich, dass Sie eine Befangenheit der KriPo Köln gegenüber den Duisburger Kollegen ausschließen? Man muss doch nicht immer gleich mit Zynismen antworten.
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
In dieser Presseerklärung (hier). Ehrlich gesagt ist mir kein Fall bekannt, in dem ein Gericht außerhalb der Hauptverhandlung in einer Pressemitteilung über die Persönlichkeit des Angeklagten spekuliert hat. Kann man ja machen - aber sich hinterher beschweren, die Presse habe spekuliert, naja...
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
@klabauter
Sie schreiben:
Man konnte durchaus, indem man sich die eine oder andere Bemerkung verkneift. Leider haben StA und sogar das Gericht die Öffentlichkeit schon vorab zu instrumentalisieren versucht, deswegen erscheint es mir wenig angemessen, die Medien (die ja teilweise durchaus Kritik verdient haben) so in den Fokus zu stellen.
Aber die StA hat wegen anderer Dinge Angriffsflächen geboten (zum Teil die Tatsachen zumindest "biegende" Pressemitteilungen etwa betr. DNA-Spuren). Dies war auch möglicherweise Anlass für die Aggressivität der Verteidigung. Wenn das Gericht die "Medien" so schlimm fand, warum dann nicht ein Wort der Kritik in Richtung StA?
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