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Dr. Alfons Peus kommentierte zu Tausendfache Verfolgung Unschuldiger (§ 344 StGB) zur Manipulation der Polizeilichen Kriminalstatistik?
F. Grohmann kommentierte zu Tausendfache Verfolgung Unschuldiger (§ 344 StGB) zur Manipulation der Polizeilichen Kriminalstatistik?
Waldemar R. Kolos kommentierte zu Tausendfache Verfolgung Unschuldiger (§ 344 StGB) zur Manipulation der Polizeilichen Kriminalstatistik?
Meine Kommentare
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Hans,
ich sehe in der Diskussion eine gewisse Inkonsequenz: Einerseits wird (gegenüber dem "kleinen" Mangel, dass es keine Rechtsgrundlage gibt) die große Moralkeule ausgefahren: Die bösen Steuerhinterzieher, Notstand des Staates, hunderte Millionen, die bildungshungrigen HartzIV Kinder etc.
Wenn aber diese Argumentationsweise einmal hinterfragt wird und die Gefahren einer solchen gesetzlich haltlosen Ermittlungstätigkeit unter Bezahlung krimineller Handlungen aufgezeigt werden, dann wird wieder auf den bloßen Einzelfall abgestellt: Schließlich gehe es ja nur um diese 1500 millionenschweren Steuerbetrüger etc. es betreffe schließlich nur bescholtene Bürger (woher wissen Sie das?) usw.
Rechtsstaatlichkeit handelt aber davon, dass nicht im Einzelfall mal eine passende Ausnahme gemacht wird.
Beste Grüße
Henning Ernst Müller
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Hans,
es ist schade, dass auf die "schützenden Formen" des Rechts, insbesondere des Strafrechts so wenig (und leider immer weniger) Wert gelegt wird. Natürlich gibt es aus der Wirklichkeit immer Beispiele dafür, wie die schützende Form einen Schuldigen (zu Unrecht) vor Strafe und Verfolgung bewahrt. Aber Sie müssen auch das Ende Ihres Arguments bedenken: Die totale Gerechtigkeit gibt es leider nur gegen die totale und nicht durch schützende Formen gebremste Kontrolle. Letzteres wird nicht nur die paar reichen Steuerhinterzieher betreffen, den ich jetzt durchaus ein paar schlaflose Nächte gönne, während wir diskutieren.
Beste Grüße
Henning Ernst Müller
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr David, Sie schreiben:
Nichts anderes liegt doch hier vor. Der einzige Unterschied ist nur, dass diesmal nicht anonym Anzeige erstattet wird, sondern dass der "Anzeigeerstatter" eine Belohnung für sachdienliche Hinweise zur Ergreifung von Straftätern haben möchte.
Sie haben völlig Recht, dass dies hier der einzige bedeutsame Unterschied ist. Fraglich ist eben, ob es sich um den entscheidenden Unterschied für die rechtliche Bewertung handelt, wofür ich plädiere.
@Hans:
Zu den Argumenten von Möller: er hebt zunächst auf eine angebliche "Notlage" des Staates ab. Wenn dies ein Argument wäre, brauchten wir gar keine geschriebenen Gesetze und Formalien mehr: Wenn es für den Staat zu schwierig wird, beruft er sich eben auf eine Notlage und ermittelt dann so wie beliebt. Wieso haben wir dann eigentlich so lange über den Lauschangriff diskutiert (und dies bei schwereren Straftaten)? Das Argumnet ist nicht nur falsch, sondern auch gefährlich.
Zur Analogie zur Kronzeugenregelung habe ich bereits oben (Renate Künast) Stellung genommen: Auch hier geht es eben nicht ohne gesetzliche Grundlage.
Und Herr Ochmann im Stern, der im Stile von "ist der Ruf erst ruiniert, lebt sichs völlig ungeniert" diskutiert und das noch mit philosophischen Termini anreichert - das kommt mir ungehobelt und trotzdem flach vor. Folgte man ihm, brauchte man keine Diskussion mehr zu führen.
Beste Grüße
Henning Ernst Müller
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
@aloa: Hinsichtlich § 202a StGB ist die Frage umstritten, mehrheitlich wird hier angenommen, das Datengeheimnis sei nur abstrakt geschützt und deshalb nur die zur Speicherung Berechtigten betroffen. Ich halte das persönliche Datengeheimnis auch hier (v. a. aus systematischen Gründen: Abschnittsüberschrift im StGB, Regelung nach Briefgeheimnis und vor Privatgeheimnisschutz) für mitgeschützt - ebenso der Kommentar von Lackner/Kühl.
Im Falle des §44 BDSG ist in der Tat unbestritten jeder einzelne Betroffene geschützt und auch antragsberechtigt.
Beste Grüße
Henning Ernst Müller
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
@aloa:
zu A) Die Option, die Daten anzukaufen, aber dann ausdrücklich kein Strafverfahren zu betreiben, sondern nur eine steuerliche Nachberechnung, würde ich für weniger problematisch halten.Aber man bekäme Probleme mit dem Legalitätsprinzip
zu B) § 202a StGB schützt nach meinem Verständnis (auch) jeden, dessen pers. Datengeheimnis betroffen ist, nicht nur den Eigentümer des Datenspeichers.
zu C) was meinen Sie mit "u.U. nicht strafbaren Verletzung des Datenschutzes"? Die Tat ist wohl (wie die Speicherung genau geschah, ist ja nicht bekannt) nach § 44 Abs.1 BDSG strafbar . Ob es eine entspr. Strafbarkeit in der Schweiz gibt (Tatortstrafbarkeit), weiß ich momentan nicht, aber ich gehe davon aus, dass auch Strafbestimmungen in der Schweiz verletzt wurden. Rechtsgut des § 44 BDSG ist der Schutz personenbezogener Daten und damit ist auch derjenige geschützt, auf dessen Person sie bezogen sind.
Besten Gruß
Henning Ernst Müller
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrte Mitdiskutanten, vielen Dank für Ihre vielen kontroversen Ideen und Anregungen.
Das Denken in Analogien ist in der Rechtswissenschaft natürlich richtig, aber manche Analogien passen besser, manche weniger gut: Die Aussetzung einer Belohnung für Hinweise ist etwas anderes als auf ein Angebot , rechtswidrig erlangte Informationen zu "kaufen", einzugehen. Mit dem Ankauf von Rauschmitteln werden diese dem Markt entzogen, zudem sind gerade diese Geschäfte im Rauschgiftmilieu keineswegs unumstritten.
@Aloa: Ihre Beispiele lassen sich ja schnell auf alle möglichen Straftaten erstrecken, und das wäre nur "gerecht" - warum denn nur eine Einnahmequelle für Schweizer Datendiebe? Wer den Behörden Hinweise gibt auf Straftaten und OWi, erhält 20 % der sichergestellten Tatbeute / des Werts der sichergestellten Rauschmittel/ der hinterzogenen Steuern/ der Strafgebühren fürs Falschparken / der GEZ-Gebühren etc. So etwas entspricht aber sicher nicht dem Standard unserer Rechtsstaatlichkeit; es würde auch einen Denunziationsstaat begünstigen, in dem sich keiner mehr wohlfühlen würde. Nach § 7 Abs.1 StGB ergibt sich übrigens eine Strafbarkeit in D, auch wenn ein Ausländer im Ausland Daten ausspäht, die einem Deutschen "gehören". Ich gehe davon aus, es handelt sich bei den "Steuersündern" um Deutsche.
Inzwischen äußern sich ja viele Politiker in der Kontroverse. Wolfgang Bosbach (Jurist) ist einer der Befürworter aus der CDU. Er sagt (lt. Spiegel Online):
"Wenn der Staat von vornherein keine illegal erworbenen Daten nutzen dürfte, müsste das auch für alle anderen Fälle gelten", sagte Bosbach. Dies sei aber nicht der Fall. Oft genug würden Verbrechen dadurch aufgeklärt. Zunächst müsse die Validität der Daten geprüft werden, erst dann könne man entscheiden. Experten zufolge könnten mit der CD nachträglich 100 Millionen Euro Steuern eingetrieben werden.
Ich halte auch diese Analogie nicht für zutreffend, weil es nicht darum geht, Zufallserkenntnisse zu verwerten, sondern darum, dass der Staat gezielt Geld für (rechtswidrig) ausgespähte Daten einsetzen soll.
Auch Renate Künast (ebenfalls Juristin) von den Grünen will die Daten ankaufen:
"Es ist in diesem Land üblich, dass für Informationen auch Geld gezahlt wird", sagte sie im Radiosender NDR Info. Zudem würden in anderen Fällen immer wieder Geschäfte mit Kriminellen gemacht, etwa bei der Kronzeugenregelung. Mittäter gingen dabei sogar straffrei aus, weil sie Informationen geliefert hätten.
Auch dies erscheint mir eine unzutreffende Analogie: Die Kronzeugenregelung ist ein Gesetz, nach dem unter bestimmten umständen Strafmilderung gegen Informationen versprochen wird. Diese Gesetzgebung ist (zu recht) umstritten, aber sie ist, anders als der hier diskutierte Datenankauf, eben eine schon demokratisch getroffene Regelung. Und Geld wird hier nicht bezahlt.
Ich bin übrigens einverstanden damit, dass man dem Daten"dieb" Straffreiheit anbietet, wenn er die CD kostenlos herausgibt.
Mit besten Grüßen
Henning Ernst Müller
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Aloa: "Welches (Deutsche) Gesetz wird bei einem (ausländischen) Datendiebstahl gebrochen?"
Wenn Sie das Strafrecht meinen: § 202a StGB enthält keine Beschränkung auf "deutsche" Daten. Das deutsche Strafrecht ist auch anwendbar, wenn ausländische Daten ausgespäht werden. Einen Anknüpfungspunkt nach § 3 ff. StGB lässt sich finden, z.B. § 7 Abs.1 StGB.Zudem brauchen die deutschen Ermittler für Ermittlungsmaßnahmen eine Eingriffsgrundlage. Die entfällt nicht nur bei Strafbarkeit.
Beste Grüße
Henning Ernst Müller
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
@aloa5: Wie schon oben von mir angedeutet (und in dieselbe Richtung geht ja auch Rahe): Für das Starfverfahren (nicht unbedingt gleichzeitig auch für das Steuerverfahren) gelten engere Grenzen. Da für die Ermittlungen/Beweiserhebungen regelmäßig Rechtsgrundlagen erforderlich sind, ist es problematisch, hier mit illegal geworbenen/angekauften oder gar in Auftrag gegebenen Spionageergebnissen zu arbeiten. Innerhalb der Geheimdienste kann so etwas natürlich "erlaubt" sein. Aus dem Verstoß gegen ein Beweiserhebungsverbot wird regelm. ein Beweisverwertungsverbot folgen. Es kann zulässig sein - jedenfalls nach entspr. Abwägung lt. Rspr. - , einen rechtswidrig erl. "Zufallsfund" zu verwerten, aber es ist m.E. immer noch unzulässig, gezielt unter Gesetzesverstößen erlangte Beweismittel zu verwerten. Das gilt natürlich entspr. auch für die von Ihnen gestellte Frage zu einem quasi "dazwischen" liegenden Sachverhalt, der recht ähnlich ist (so hatte ich mich ja im Ausgangsbeitrag auch geäußert).
Mit besten Grüßen
Henning Ernst Müller
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrte Mitdiskutanten,
auf einige Ihrer Kommentare möchte ich gern antworten.
@egal: ich denke es geht nicht darum, ob sich ein Steuerbetrüger auf Datenschutz berufen können soll. Es geht im Strafrecht auch nicht darum, welche Einwendungen unwirksam oder "verwirkt" sind, das sind zivilrechtliche Erwägungen, die für das Strafverfahren grds. unerheblich sein dürften. Anders ist es vielleicht im "normalen" Steuerverfahren. Vielleicht gibt es hier einen Ansatz zur Differenzierung? Die angekauften Daten dürfen dann verwendet werden, um Steuern einzutreiben, aber nicht, um ein Strafverfahren zu betreiben.
@zorro: Im "kostenlosen" Whistleblowing liegt möglicherweise etwas anderes vor: Informationen, die z.B. eine Vertrauensperson der Polizei gibt, dürfen wohl in Ermittlunsgverfahren verwendet werden, wenn sie auch als Beweismittel in der Hauptverhandlung oft nicht zulässig sind. Das entscheidende Problem dürfte aber hier darin liegen, dass der Staat durch eine (mehr als großzügige) Zahlung Anreize gibt für Datenspionage.
@sergeant p.: Ihre Lösung (sofern sie ernst gemeint ist), würde die Sache eher verschlimmern: werden illegale Praktiken direkt vom Staat in Auftrag gegeben, dürfte es an der Rechstwidrigkeit und damit Unverwertbarkeit keinen Zweifel geben.
@Jens: Ja, das ist möglich, aber Sie dürfen nicht vergessen: Bislang wurde diese Diskussion um ein Beweisverwertungsverbot erst nachher geführt und musste etwa im Liechtenstein-Fall gar nicht entschieden werden, da keiner der Beschuldigten es wirklich drauf angelegt hat, verurteilt zu werden, um den Fehler dann in der Revision zu rügen. Es wurde halt gedealt, um mit (relativ) milden Strafen davon zu kommen.
Mit besten Grüßen
Henning Ernst Müller
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Sch.,
danke für Ihre Klarstellung.
Ich halte es durchaus für anerkennenswert, dass Polizei und Staatsanwaltschaft alles tun, um einen Mordfall aufzuklären. Dass dabei gegen die StPO verstoßen wird, lassen wir uns im Fernsehkrimi noch gefallen - in der Realität sollte man sich aber schon darauf verlassen können, dass Gerichtsbeschlüsse auf korrekte Weise ergehen. Deshalb wünsche ich viel Erfolg bei der gerichtlichen Klärung der Angelegenheit.
Besten Gruß
Henning Ernst Müller
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