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Meine Kommentare
Joachim Kretschmer kommentiert am Permanenter Link
Wenn doch alles so einfach wäre! Aber ist es ein Kennzeichen der Rechtswissenschaft, dass es in vielen Rechtsfragen unterschiedliche Ansichten gibt. Das ist eben auch Ausdruck von Wissenschaftsfreiheit!
Daher einige kurze Anmerkungen zu den bisherigen Kommentaren unserer anonymen Vorredner.
Zu § 299 StGB:
Der Zukunftsbezug der Unrechtsvereinbarung war und ist Inhalt der Norm (so auch AnwK-StGB/Wollschläger, § 299 Rn. 18). Wer das kritisiert, sollte seine Kritik an den Gesetzgeber richten. Für die Stellung eines Beauftragten in § 299 spricht zugegebenermaßen viel. Dennoch kann man darüber streiten, ob die Kontrollrechte in § 111 AktG -ja, ich lese die Gesetze- ausreichen, um dem Beauftragten eine vergleichbare Stellung wie die eines Angestellten zuzuweisen. Aber das alles mag hinfällig sein, wenn man einem Vorstand einer Landesbank die Eigenschaft eines Amtsträgers zuspricht und zu den §§ 331 ff StGB kommt.
Zu § 266 StGB:
Die von dem Vorredner zitierte Entscheidung ist die BGH-Entscheidung zum KölnerMüllskandal (BGH NstZ 2006, 210). Es geht um die Konstellation einer Kick-Back-Vereinbarung. Das Schmiergeld wird dort gleichsam in dem Auftragspreis versteckt. Der Auftragnehmer gewährt den überhöhten Teil dann vereinbarungsgemäß zurück. Der Vermögensschaden im Kick-Back ist natürlich, wie sollte es anders sein, auch umstritten (siehe AnwK-stGB/Esser, § 266 Rn. 196 ff). Der BGH geht von einer Vermutung aus. Die Frage ist, ob der Zuwendende bereit gewesen wäre, seine Leistung auch zu einem um den Kick-Back-Betrag verringerten Betrag zu erbringen. Im Kick-Back zahlt man einen überhöhten Preis, weil im Preis das Schmiergeld versteckt ist. Vielleicht ist der Preis aber dennoch marktüblich? Da beginnen die rechtlichen Probleme des Vermögensschadens.
Es geht im Fall "Gribkowsky" aber nicht um eine solche Kick-Back-Konstellation. Es geht nicht um einen überhöhten Preis. Es geht hier um die mögliche Vernichtung einer wirtschaftlichen Erwartung. Hatte die BayernLB die konkrete Gewissheit, einen höheren Kaufpreis zu erzielen, wenn kein, und das ist noch gar nicht nachgewiesen, das wollen wir nicht vergessen, Schmiergeld geflossen wäre? Hat man bewusst einen geringeren Kaufpreis für die Formel1-Rechte vereinbart, um sich die 50 Millionen $ als Bestechung leisten zu können? Begründet eine unterlassene Vermögensmehrung einen Vermögensschaden? Das ist eine bekannte Problematik aus dem Studium und der Rechtspraxis. Diese Chance der Vermögensmehrung muss mehr als eine Hoffnung sein, sie muss hinreichend konkret sein, um einen Vermögenswert darzustellen. Nach dem Spruch des BVerfG zu § 266 muss der Vermögensschaden nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten konkret festgestellt werden. Das ist nicht neu. Aber das BVerfG erinnert noch einmal deutlich die Instanzgerichte daran. Bloße Vermutungen genügen nicht. Die Unschuldsvermutung darf durch eine Beweislastverteilung zu Lasten des Beschuldigten nicht aufgehoben werden.
Wie gesagt: Wenn alles so einfach wäre. Ist es aber nicht. Zum Glück. Dann wäre es ja wissenschaftlich langweilig.
Joachim Kretschmer
Joachim Kretschmer kommentiert am Permanenter Link
Ich bin ja sehr erfreut über die heftige Diskusssion in diesem Fall, ich habe auch nichts gegen Sarkasmus oder Ironie, nur gegen Feigheit, wenn man seinen Namen nicht nennt.
Der unbekannte Teilnehmer nennt zum einen nur die Hauptgründe, die natürlich für die überwiegende Ansicht sprechen, dass ein Vorstand ein Beauftragter im Sinne des § 299 ist. Dennoch ist und bleibt die Frage umstritten. Und zum anderen: der Zukunftsbezug ergibt sich durchaus aus dem Wortlaut der Vorschrift. Außerdem zeigt sich dieser in dem unterschiedlichen Wortlaut zu § 332. Es fehlt gerade eine parallele Formulierung "oder bevorzugt hat". Aber was weiß ich schon von Grammatik und Auslegung, ich bin ja nur ein realitätsferner Jurist. Und das sind wohl auch die Kollegen Böttger (Wirtschaftsstrafrecht in der Praxis, Kapitel 5, Rn. 140) und Bannenberg (Gesamtes Strafrecht, § 299 Rn. 13).
Aber dennoch Danke für alle Beiträge. Weiter so!
PD und RA Dr. Joachim Kretschmer,
aber Titel führen einen ja bekanntlich nicht aus der realitätsfernen Welt der Juristen heraus, im Gegenteil, wird der anonyme Vorredner sagen.
Joachim Kretschmer kommentiert am Permanenter Link
Lieber Henning,
schön, dass Du mich liest.
Natürlich muss man an § 299 StGB denken, wenn die §§ 331 ff nicht greifen. Überlegenswert ist auch dort die Täterqualität. Da liegt ein möglicher Ansatz für die Verteidigung. Zwar ist die BayernLB keine AG, sondern ist eine Anstalt öffentlichen Rechts. Dennoch können die rechtlichen Bedenken bezüglich der Täterqualität eines Vorstandes einer AG auf den Vorstand einer solchen Anstalt übertragen werden. Täter von § 299 als Nehmer muss ein Angstellter oder Beauftragter sein. Ist das Gribkowsky als Vorstand? Er ist nicht weisungsabhängig wie ein Angestellter. Demnach kann er nur ein Beauftragter sein. Dann müsste er befugtermaßen für einen Geschäftsbetrieb tätig sein und auf Grund seiner Stellung berechtigt sein, für diesen geschäftlich zu handeln. Der Beauftragte kann sowohl selbständig als auch weisungsabhängig tätig sein. Daher wird einem Vorstandsmitglied einer AG die Täterqualität überwiegend zuerkannt. Dennoch lässt sich auf Grund der gesetzlichen Organstellung eines Vorstandes einer AG (§ 76 AKtG) daran zweifeln. Diese weisungsunabhängige Organstellung kann täterausschließend wirken, da jedes Abhängigskeitsverhältnis fehlt (siehe Sommer, Korruptionsstrafrecht, Rn. 248; Böttger, in Wirtschaftsstrafrecht in der Praxis, 2010, Kapitel 5 Rn. 144). Diese Zweifel betreffen dann auch den Vorstand einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Es lässt sich also auch hier streiten.
Strafbewehrt ist im Übrigen in § 299 StGB nur die Vorteilsannahme für eine zukünftige Bevorzugung, nicht eine Belohnung für eien zurückliegende Bevorzugung. Da wird noch zu ermitteln sein, liegt aber nahe.
Warten wir ab, wie es ausgeht.
Beste Grüße an alle Leser und an Dich Henning.
Joachim Kretschmer
Joachim Kretschmer kommentiert am Permanenter Link
Hallo Henning,
danke für diese Entscheidung. Warten wir ab, wie sich die als obiter dictum geäußerte Rechtsansicht entwickelt und ob es zu Anklagen und Verurteilungen in diesem Bereich kommt. Ich möchte nur knapp einige Gegenargumente nennen. Als Beaufragter gilt, wer vermöge seiner Stellung im Betrieb berechtigt und verpflichtet ist, für diesen geschäftlich zu handeln, und Einfluss auf die im Rahmen des Betriebs zu treffenden Einscheidungen besitzt. Teilweise wird eine rechtsgeschäftliche Beziehung verlangt. Gegen eine derartige Beauftragung spricht auch die Selbstverantwortung der Ärzte in ihrer Tätigkeit. Die Beziehung zur Krankenkasse ist durch das Kassenarztrecht geprägt, die Kassenärzte rechnen die medinzinischen Leistungen nicht direkt mit der Kasse ab, sondern über die Kassenärztlichen Vereinigungen. Das alles ist daher durch das Sozialrecht geprägt. Dieses besondere Gepräge zwischen Kassenarzt und Krankenkasse und kassenärztlicher Vereinigung verkennt das OLG. Das alles spricht gegen die Stellung eines Beauftragten im Sinne der Norm. Außerdem bestehen Bedenken, die medizinischen Leistungen als Bezug von Waren und gewerblichen Leistungen anzusehen. Natürlich kann man das alles auch anders sehen, aber hinter der Ansicht des OLG steckt doch eher der kriminalpolitische Wunsch, einem verpönten Geschäftsverhalten mit dem Strafrecht in weiter Auslegung der Norm zu begegnen. Berechtigte Zweifel an der Ansicht des OLG bleiben. Als Nachweise hier nur der Hinweis auf Rosenau, in Satzger/Schmitt/Widmaier, § 299 Rn. 11.
Bis bald, Achim
PD Dr. Joachim Kretschmer
Leiter der Gruppe wirtschaftsstrafrecht
Joachim Kretschmer kommentiert am Permanenter Link
Privatdozent Dr. Joachim Kretschmer (Leiter der Gruppe Wirtschaftsstrafrecht)
Sehr geehrter Herr Burschel,
liebe Leser,
Wenn man heute die Berichte über das Gesetz zur Patientenverfügung liest, muss man sich wohl wundern. Steht da nicht nur Selbstverständliches drin? Es geht um die Selbstbestimmung des Einzelnen, um die Autonomie des Individuums, um die Menschenwürde. Kein ärztlicher Eingriff ohne Einwilligung des Patienten! Das lehren wir bereits im ersten Semester! Die Selbstebstimmung kann nicht gnadenweise durch ein Gesetz gewährt werden. Wir haben sie. Vor vielen Jahren hieß eine Kampagne: Mein Bauch gehört mir. Aber: Auch mein körper, mein Leben und mein Tod gehören mir allein. Wir brauchen kein Gesetz, um die Selbstbestimmung des Einzelnen zu schützen. Das gestrige Gesetz sagt etwas Selbstverständliches, jede andere Entscheidung wäre wohl verfassungswidrig. Dennoch gilt es, das Selbstverständliche zu betonen.
Joachim Kretschmer