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Wann wird die E-Bilanz zum Muss?

Maier-Siegert

2011-07-13 10:52

Am 4.7.2011 hat das Bundesfinanzministerium ein Entwurfsschreiben zur öffentlichen Diskussion vorgelegt (siehe hier). Folgende darin festgehaltene Nichtbeanstandungsregelung für 2012 sorgt mittlerweile für Diskussionsstoff (Rn. 27):

 

„Im Erstjahr [Kalenderjahr 2012 bzw. bei abweichendem Wirtschaftsjahr 2012/2013, Anm. d. Red] wird es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung für dieses Jahr noch nicht gemäß § 5b EStG nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelt werden. Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung sind in diesen Fällen in Papierform abzugeben.“

 

  • Ein Großteil der Fachwelt geht davon aus, mit dieser Regelung werde die Anwendung der E-Bilanz faktisch um ein Jahr verschoben (siehe hier).
  • Es gibt jedoch auch anderslautende Interpretationen: Der Anwendungsbereich dieser Nichtbeanstandungsregelung reduziere sich insbesondere auf Eröffnungsbilanzen aus 2012 und die Abschlüsse von Rumpfwirtschaftsjahren in 2012 (Prof. Norbert Herzig). Begründet wird dies unter Bezugnahme auf die ähnlich lautende Rn. 25 im vormaligen Entwurf eines BMF-Schreibens vom 31.8.2010 (IV C 6 – S 2133-b/10/10001 – hier); zulässig sei (nach dem Verständnis des Finanzministeriums) die Übermittlung der Bilanz und GuV in Papierform nur dann, "... wenn die Berichtspflicht für das Jahr 2011 im Jahr 2011 erfüllt werde". Analog würde das bei der aktuellen Nichtbeanstandungsregelung heißen, "... wenn die Berichtspflicht für das Erstjahr im Erstjahr erfüllt werde" (Handelsblatt Steuerboard vom 8.7.2011).

 

Was nun auch immer gemeint ist – für die Bilanzierungspraxis gilt es zu beachten: Es handelt sich nach wie vor um den Entwurf (!) eines BMF-Schreibens. Das heißt: Vieles oder einiges zur E-Bilanz kann sich noch ändern. Rechnungswesenverantwortliche sollten daher hinsichtlich der weiteren Entwicklungen die Augen offen halten – für ein „Vertagen“ des Projekts „E-Bilanz“ ist es noch zu früh.

 

Übrigens: Über die E-Bilanz wurde in diesem BC-Forum schon facettenreich diskutiert - siehe hier!

 

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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4 Kommentare

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Zur Frage des Anwendungszeitpunkt kann Aufklärung geschaffen werden. Das BMF hat mir am 08.07.2011 die Auskunft erteilt, dass:

  • der gesetzliche Anwendungszeitpunkt von § 5b EStG nicht erneut geändert wird und
  • die Nichtbeanstandungsregelung den für das Wirtschaftsjahr 2012 zu übermittelnden Datensatz betreffen soll.

Die mißverständliche Formulierung in Tz. 27 des o.g. Entwurfsschreibens wird bedauert und noch an geeigneter Stelle klargestellt werden. Faktisch kommt es somit zu einer weiteren Verschiebung um ein Jahr. Jedoch sollen diejenigen Bilanzierenden, welche bereits die Übertragungsmöglichkeiten geschaffen haben, auch ab 01.01.2013 ihre Datensätze an die FinVerw übertragen können.

Nach der Verbandsanhörung am 16.08.2011 soll - je nach Umfang der kritikpunkte, die bisher noch nicht schriftlich an das BMF übermittelt wurden - ca. Ende August/Mitte September 2011 das Anwendungsschreiben und die Taxonomien in ihrer endgültigen Fassung veröffentlicht werden.

Auch wenn nun "mehr Luft" zur betrieblichen Umsetzung entstehen wird, sollte das Projekt zur Einführung der E-Bilanz in den Unternehmen nicht auf die lange Bank geschoben werden. Auch die Zeit bis zum 31.05.2014 wird schnell vergehen ...

Zu meinem vorstehenden Kommentar möchte ich noch für alle Interessierten ergänzen, dass der C.H. Beck Verlag/Beck Akademie

Seminare zum Thema E-Bilanz & Tanxonomie (praktische Projektumsetzung im Unternehmen anhand von Fallstudien) am 06.10.2011 in München und am 29.11.2011 in Mannheim

anbietet. Die Veranstaltungen haben mit einem Umfang von 7 Zeitstunden für 599,- € (zzgl. USt) je Teilnehmer ein sehr attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis.

Mittlerweile dürfte klar sein: Die Nichtbeanstandungsregelung, eine Bilanz für das Jahr 2012 in Papierform abgeben zu dürfen, gilt umfassend. Auch Professor Herzig hat dies in seiner letzten Veröffentlichung zur E-Bilanz am 15.07.2011 klar gemacht.

http://blog.handelsblatt.com/steuerboard/2011/07/15/einstiegshilfen-fur-die-e-bilanz/   Wir können uns also einstellen. Betty Dressel

E-Bilanz – noch immer nicht „in trockenen Tüchern“?

 

Für Unruhe und Unsicherheit bei Unternehmen und Beratern dürften neueste Pressemeldungen zur E-Bilanz sorgen, die der Übersicht wegen hier stichpunktartig wiedergegeben werden:

  • Gleich von drei Seiten wird die Verschiebung der E-Bilanz auf das Veranlagungsjahr 2014 gefordert. Dies geht aus einer Kritik der Wirtschaftsverbände an das Bundesfinanz- und Bundeswirtschaftsministerium vom 24.1.2012 zur E-Bilanz hervor. „In dasselbe Horn blasen“ das Bundesjustizministerium („Stuttgarter Nachrichten“ vom 17.3.2012, Titelseite) und das Bundeswirtschaftsministerium („Stuttgarter Zeitung“ vom 2.3.2012).
  • Rechtliche Bedenken erhebt das Bundesjustizministerium gegen die E-Bilanz („Stuttgarter Nachrichten“ vom 17.3.2012, Titelseite): Die Ausweitung der Informationspflichten zur Steuerbilanz, die das BMF-Schreiben vom 28.9.2011 (IV C 6 – S 2133-b/11/10009 – siehe hier) zur E-Bilanz verlange, decke sich nicht mit der gesetzlichen Regelung (§ 51 Abs. 4 Nr. 1b i.V.m. § 5b Abs. 1 EStG). Darüber hinaus werden verfassungsrechtliche Ungereimtheiten ausgemacht, wonach die E-Bilanz das Grundrecht auf freie Berufsausübung einschränken könne.
  • Praktische Umsetzungsschwierigkeiten bei der E-Bilanz mahne auch das Bundeswirtschaftsministerium an („Stuttgarter Nachrichten“ vom 17.3.2012, S. 13, und „Stuttgarter Zeitung“ vom 2.3.2012). Bislang müssten kleine Unternehmen 23 (an der HGB-Bilanz orientierte) Positionen für die Steuerbilanz und mittelgroße oder große Kapitalgesellschaften 62 Positionen ausfüllen. Unabhängig von der Unternehmensgröße werden es künftig bei der E-Bilanz 599 Positionen sein. Gleichermaßen sei bei der künftig elektronisch abzugebenden GuV eine Vervielfachung der Positionen zu beachten. Vor allem auf Klein- und mittelständische Unternehmen kämen dadurch unverhältnismäßig hohe Mehrkosten zu. Für diese Unternehmen werden daher Vereinfachungen gefordert.

 

 

Praxishinweise:

Ein Großteil dieser Kritiken ist bereits in der Projektphase zur E-Bilanz, die das Bundesfinanzministerium bis zum Sommer 2011 durchgeführt hatte, vorgebracht worden – siehe auch die Diskussion in diesem BC-Forum – hier.

Aus diesem Grund wurden ja auch mehrere Erleichterungen berücksichtigt, insbesondere Verschiebung des Anwendungszeitpunkts auf das Veranlagungsjahr 2013, Ausweitung der Auffangpositionen, Erleichterung bei den NIL-Werten (Not In List).

 

Die auf den ersten Blick erdrückend große Zahl an Bilanz- und GuV-Positionen relativiert sich erheblich, wenn man die Ergebnisse der Pilotphase zur E-Bilanz betrachtet (vgl. BC 9/2011, S. 374 – siehe hier):

  • Von den verfügbaren 599 Bilanzpositionen (der E-Bilanz) wurden durchschnittlich 48 Positionen von den Pilot-Teilnehmern belegt.
  • Von den verfügbaren 534 GuV-Positionen sind durchschnittlich 63 Positionen belegt worden.

 

Nach Befragung von Wirtschaftsprüfern durch die BC-Redaktion raten diese dazu, trotz der neu aufkommenden Kritik zur E-Bilanz, die Umstellungs- und Einführungsarbeiten (insbesondere Anpassung der Kontenpläne sowie des ERP-Systems) alsbald in Angriff zu nehmen bzw. fortzusetzen. Einige Experten empfehlen, bereits dieses Wirtschaftsjahr 2012 als Testjahr zur Übermittlung der E-Bilanz und E-GuV an das Finanzamt zu nutzen. Sollte es – wider Erwarten – tatsächlich zu einer weiteren Verschiebung des Anwendungszeitpunkts auf das Jahr 2014 kommen, seien die Vorbereitungsarbeiten keineswegs vergebens, sondern sogar förderlich gewesen, um wenigstens in 2013 ein Testjahr starten zu können.

 

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