Das nette Telefongespräch mit dem Verteidiger...

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 24.07.2016
|2874 Aufrufe

...hätte fast zur erfolgreichen Revision geführt. Fast:

... Die von den Revisionen erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht
durch.

Insbesondere liegt kein durchgreifender Verstoß gegen § 243 Abs. 4
StPO darin, dass der Kammervorsitzende ein Telefonat vom 13. Oktober 2011
mit dem Verteidiger der Angeklagten G. , in dem sich der Verteidiger unter
anderem erkundigte, ob eine Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO in Betracht
käme
, nicht in der am 10. April 2013 begonnenen Hauptverhandlung mitteilte.
Bei dem Angeklagten H. ist bereits fraglich, ob die Rüge zulässig
erhoben wurde, da das Telefonat explizit nur die Angeklagte G. und den
anderweitig Verfolgten T. betraf. Zwar sind auch Gespräche über eine
vollständige Verfahrenseinstellung gemäß § 153a StPO mitteilungsbedürftig
nach § 243 Abs. 4 StPO (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2016 – 2 BvR
1422/15, Rn. 20, StV 2016, 409; a.A. noch KG, Beschluss vom 10. Januar
2014 – [2] 161 Ss 132/13 [47/13], NStZ 2014, 293), jedoch kann vorliegend
ausnahmsweise das Beruhen der Verurteilung auf dem Verfahrensverstoß
ausgeschlossen werden. Das im Vorfeld der Hauptverhandlung geführte Telefonat
hatte einen organisatorischen Hintergrund. Die eher vage gehaltene Anfrage,
ob eine Verfahrenseinstellung in Betracht komme, stellte eine sondierende
Äußerung der Verteidigung ohne verbindliche Zusage des Gerichts dar, so
dass der Informationsgehalt des Gespräches bereits als gering einzustufen ist.
Die erst drei Jahre später erfolgten Unterredungen zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft
und Verteidigung, die schließlich Grundlage der Verfahrensabsprache
wurden und das Telefonat vom 13. Oktober 2011 damit überholt erscheinen
lassen, sind umfassend mitgeteilt worden. Vor diesem Hintergrund
kann hier eine informelle Verfahrensabsprache schon im Ansatz ausgeschlossen
werden. Die Rechtsstellung und die Verteidigungsmöglichkeit der Angeklagten
werden gleichfalls nicht berührt. Selbst wenn in der Nichtmitteilung der
allenfalls vagen Andeutung eine Verletzung des § 243 Abs. 4 StPO zu sehen
wäre, beruht das Urteil daher nicht auf dem Verfahrensverstoß.....

BGH, Beschl. v. 10.5.2016 - 1 StR 571/15

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