Ende der Elternzeit bei Tod des Kindes

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 17.02.2017
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht4|10331 Aufrufe

Der Verlust des eigenen Kindes ist für die Eltern gewiss ein traumatisches Erlebnis. Das gilt umso mehr, wenn das Kind noch sehr jung ist, ein Elternteil sich sogar noch in Elternzeit befindet. § 16 Abs. 4 BEEG bestimmt in diesen Fällen: "Stirbt das Kind während der Elternzeit, endet diese spätestens drei Wochen nach dem Tod des Kindes." Sie endet - wie das Wort "spätestens" verdeutlicht - (nur dann) früher, wenn sie auch beim Überleben des Kindes früher als drei Wochen nach dem Todestag geendet hätte. Aufgrund dieser Bestimmung hat das ArbG Bonn der Kündigungsschutzklage einer Arbeitnehmerin stattgegeben.

Die Klägerin war seit dem 2.5.2013 bei der Beklagten beschäftigt. Nach der Geburt ihres Kindes am 14.9.2015 befand sie sich in in Elternzeit. Das Kind verstarb am 22.8.2016. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29.8.2016, der Klägerin zugegangen am 30.8.2016, fristgerecht zum 30.9.2016. Zur Überzeugung des ArbG Bonn ist die Kündigung schon deshalb unwirksam, weil die Arbeitgeberin die nach § 18 BEEG erforderliche Zustimmung der Bezirksregierung nicht eingeholt hatte. Diese wäre aber erforderlich gewesen, weil sich die Klägerin bei Zugang der Kündigung am 30.8.2016 noch in Elternzeit befand. Ihr Kind war zu diesem Zeitpunkt erst neun Tage tot.

Die Elternzeit endet gemäß § 16 Abs. 4 BEEG spätestens drei Wochen nach dem Tod des Kindes. § 16 Abs. 4 BEEG kann entgegen seines Wortlauts nicht so ausgelegt werden, dass die Elternzeit unmittelbar mit dem Tod des Kindes endet (a.A. ErfK/Gallner § 16 BEEG Rn. 10).

ArbG Bonn, Urt. vom 15.12.2016 - 3 Ca 1935/16, BeckRS 2016, 113917

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4 Kommentare

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Manchmal ist ein juristisches Urteil in seiner mentalen Wirkung bizarr, obwohl es nicht zu deuteln gibt. Auch die gesetzliche Regel ist nicht wirklich unbegründet. Angesichts eines solchen traumatischen Ereignisses und der Notwendigkeit einer Umstellung des gesamten Lebenskonzepts der Betroffenen hätte allerdings eine großzügigere Regelung getroffen werden können. Maximal 3 Wochen sind in dieser Lage keine geschenkte Zeit.

Der Arbeitgeber im konkreten Fall konnte es aber kaum erwarten, die unerhört schwere Last eines Monatsbruttos von ca. 1200 € vorzeitig abzuwerfen. "Eins in die Fresse" für solche Pietätlosigkeit, kann man da schon mal denken. Aufschreiben dürfen das Juristen natürlich nicht. 

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Wer hat denn diesen Leitsatz verbrochen (in BeckRS, oben in Fettdruck wiedergegeben)?? Abgesehen davon, dass "entgegen seines Wortlauts" grammatisch falsch ist (hier gehört der Dativ hin), plädiert das ArbG gerade für die dem Wortlaut entsprechende Auslegung.

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...plädiert das ArbG gerade für die dem Wortlaut entsprechende Auslegung.

Genau das besagt doch der Leitsatz, nämlich: § 16 Abs. 4 BEEG kann nicht so ausgelegt werden, dass die Elternzeit unmittelbar mit dem Tod des Kindes endet, was entgegen seinem Wortlaut wäre.

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Missverständlich ist der Satz schon. Klarer wäre es wohl so gefasst

kann nicht[,] entgegen seinem Wortlaut[,] so ausgelegt werden, dass die Elternzeit unmittelbar mit dem Tod des Kindes endet.

Ob man die [Kommata] setzen sollte oder könnte, sei dahin gestellt. 

 

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