Berlin Legal Tech 2017 – die Konferenz

von Prof. Dr. Stephan Breidenbach, veröffentlicht am 02.03.2017
Rechtsgebiete: Weitere ThemenLegal Tech2|7081 Aufrufe
Vortrag zu Künstlicher Intelligenz (P. von Bünau)

Über 200 Teilnehmer erlebten einen dichten und spannenden Tag mit zahlreichen Beiträgen zu den Leitthemen Industrialisierung von Recht, Blockchain und Künstliche Intelligenz. Mehr als 100 Interessierten blieb nur die Warteliste. Besonders erfreulich war das große Interesse von Studierenden der Rechtswissenschaften und Rechtsreferendaren, die sich lebhaft an den Diskussionen beteiligten. Oft war zu hören, dass sie nach Arbeitgebern Ausschau halten, die gerade Zukunftsthemen wie Legal Tech aktiv verfolgen. 

Der Trailer zur Konferenz gibt einen Blick auf die Vielfalt der Themen und Beiträge. 

Trailer

Die beiden Veranstalter Florian Glatz und Stephan Breidenbach vom Legal Tech Center der Europa-Universität Viadrina und Nicole Narewski vom DAV führten in die Thematik ein. 

Zur Industrialisierung von Rechtsdienstleistungen und neuen Geschäftsmodellen im Rechtsbereich sprach Stephan Breidenbach und zum Thema Rechtssichere Compliance durch Digitalisierung Alexander Schemmel (Deloitte Legal). Klaus-Lorenz Gebhardt von RBSM beleuchtete erste Erfahrungen mit digitalen Vertragsgeneratoren und Vertragsverwaltung aus der anwaltlichen Praxis.

Der zweite große Themenkomplex der Konferenz wurde mit einem Beitrag von Florian Glatz zur Blockchain-Technologie und ihren disruptiven Potenzialen eingeleitet. Der zweite Beitrag des aus Singapur stammenden und zur Zeit am Berkman Klein Center der Universität Havard forschenden Unternehmers und Angel Investors  Meng Wong brachte einen Blick in die Zukunft mit dem Thema "Computational Law, Representing Contracts as Code". Im Anschluss führte  Nina Siedler mit „Smart Contracts. Kann das Zivilrecht der Finanzwelt 2.0 einen rechtlichen Rahmen geben?“ wieder zurück in die juristische Normalwelt.  Greg McMullen , Mitgründer und Direktor der IPDB Foundation schloss den Themenblock ab mit seinem Beitrag "IP (intellectual property) license management on a public consortium blockchain".

Paul von Bünau ( Idalab) eröffnete den dritten Themenschwerpunkt der Konferenz mit seinem Beitrag zu „Künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen, Datafizierung und mathematischer Modellierung“. Ihm folgte Sven von Aleman (rfrnz) mit  „Künstliche Intelligenz in der Vertragsanalyse“. Im dritten und letzten Beitrag zum Themenschwerpunkt beschrieb der Legal Tech Blogger Micha-Manuel Bues von Leverton das Thema „Big Data und Machine Learning für Juristen Heute und Morgen“.

Breakout Sessions ermöglichten dann eine tiefer gehende Diskussion mit den Referenten und Teilnehmern. 

Vor der abschließenden Podiumsdiskussion wurden die Gewinner des  Hackathons vorgestellt:  "Data Protection Buddy" ein Tool zu den Anforderungen im Rahmen der neuen  Europäischen Datenschutz-Grundverordnung, und "RENO Jane", eine sprachbasierte digitale Assistentin für Anwältinnen und Anwälte.

Die Podiumsdiskussion führte Markus Hartung (Direktor des Bucerius Center on the Legal Profession an der Bucerius Law School), Tobias Freudenberg (Chefredakteur der NJW),  sowie den Gründer von Flightright und myRight, Sven Bode, zusammen. Die wunderbare Moderatorin Andrea Thilo und ein freier Stuhl für weitere Diskussionseilnehmer im fliegenden Wechsel sorgten für eine spannende Diskussion um Kundenzufriedenheit und die Zukunft des Anwalts angesichts von konkurrierenden Geschäftsmodellen im Internet.

Wir sind gespannt auf die Berlin Legal Tech 2018.

Das Foto wurden freundlicherweise von hacking.law zur Verfügung gestellt Copyright by Merav Maroody

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2 Kommentare

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Legal Tech ist sicher ein trendiger Begriff. "Industrialisierung von Rechtsdienstleistungen und neuen Geschäftsmodellen im Rechtsbereich" - klingt weniger Hip, wenn nicht sogar befremdlich. Die Industrialisierung war eigentlich gekennzeichnet durch den Übergang vom agrarischen Feudalismus zu technisch-wirtschaftlichen Produktions- und Freihandelssystemen ab ca. 1800. Webstühle, Dampfmaschinen, Eisenbahnen stehen für Industrie 1.0, mit der Elektrizität, Fließbandarbeit, Flugzeugen, Telekommunikation und Welthandel kam die Industrie 2.0, mit Computer und Prozessorsteuerung ab 1970 Industrie 3.0 und mit volldigitalisierten, vollvernetzten und bedarfsgerechten Produktions-Handels-Verbrauchsketten bahnt sich nun die Industrie 4.0 seinen Weg. Künstliche Intelligenz ist dabei nicht nur ein Schlagwort, sondern mindestens Programm, wenn nicht Heilsversprechen. Dass Technik nicht alles kann oder können soll, wissen die Juristen besser als jede andere Profession. Wo stand und steht also bisher der "Rechtsbereich" und wohin geht für "das Recht" vorerst die Reise? Belegt die Nutzung des PC als Schreibmaschinenersatz und ein elektronischer Aktenschrank bereits die Zugehörigkeit zu Industrie 3.0 mit Tendenz zu 4.0? Hinter dem rein Technischen der Industrialisierung stehen doch eine Vielzahl von Methoden, fixen Standards, Innovation mit kläglichem Scheitern und große Durchbrüche. Nicht zuletzt aber auch Umweltverschmutzung, Entsozialisierung und Zügellosigkeit. Recht war zumindest im besseren Sinne eher bremsende Vernunft als ein zappeliges Gewinnversprechen. Bringt das neue Label "Legal Tech" nun auch einen neuen Sound in die Welt des Rechts? Es scheint so. LTO und der Anwalt Frederik Leenen haben zum Entwicklunghype von automatisierten Knöllchen-Blockern und Richterneigungsvorhersagesystemen mittels Big Data und KI ein lustig-zappeliges Werbevideo am Start. Aber kommt wirklich mehr Rechtsqualität durch lenkende Auswahl der automatisch generierten Vorschläge (Anlernen der KI)? Ist es nicht doch gerade beim Einsatz von KI wie beim Sprachelernen so, dass die Richtung, die methodische Qualität und der grundlegende Durchblick zum Recht schon beim Anlernenden sehr gut ausgeprägt sein muss, damit die KI nicht in gebrochenem Recht effizient agiert?

Hinter dem rein Technischen der KI stehen doch eine Vielzahl von Methoden, fixen Standards, Innovation mit kläglichem Scheitern und große Durchbrüche. Nicht zuletzt aber auch Datenverschmutzung, Entmündigung und Verantwortungsdiffusion, die mit KI effizient automatisiert zur gesellschaftlichen Belastung werden können.    

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