Betriebsrenten stärken wollen

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 08.03.2017

„Was ökonomisch richtig und was politisch opportun ist, ist selten identisch", wird dem Ökonomen John Kenneth Galbraith zugeschrieben.
Es ist erklärtes Ziel der Bundesregierung, die betriebliche Altersvorsorge zu stärken. Wesentliche Inhalte des Regierungsentwurfs zum Betriebsrentenstärkungsgesetz und den darauf aufbauenden Vorschlägen des Bundesrates (BR-Drks. 780/16 v. 10.02.2017) sind:

  • Die Erhöhung des Betrags der steuerfrei verbleibenden Beiträge
  • Die Regelung der betrieblichen Altersversorgung bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses
  • Die Steuerfreiheit bei der Nachzahlung bei Versorgungslücken
  • Die Förderung der betrieblichen Altersversorgung von Geringverdiener
  • Die Möglichkeit der Übertragung von Altersversorgungsansprüchen zwischen Versorgungsträgern
  • Die Erhöhung der Grundzulage für die Riester-Förderung
  • Die Erweiterung von tarifvertragliche Vereinbarungen von Defined Contribution Pension Plans
  • Die Möglichkeit der Vereinbarung von Voll- oder Teilgarantie bei Direktversicherungen
  • Die Möglichkeit der steuerunschädliche Abfindung von Kleinbetragsrenten; und die
  • Die Anrechnung von Betriebsrenten bei der sozialen Absicherung

Doch ökonomisch gesehen, ist der Nutzen für Unternehmen zweifelhaft, zeigt Koss (DB 2017, 391):

  • Es ist nicht zu erwarten, dass Arbeitnehmer in einem Maße auf tarifvertragliche Erhöhungen von Lohn und Gehalt verzichten werden, dass die zusätzlichen (evtl. steuer-/beitragsfreien) Leistungen des Arbeitgebers für die betriebliche Altersversorgung ausgeglichen werden. Unter dem Strich wird damit ein höherer Personalaufwand entstehen.
  • Ein Innenfinanzierungseffekt für die Unternehmen wird bei den offensichtlich durch den Gesetzgeber bevorzugten Defined Contribution Pension Plans nicht eintreten.
  • Sollte die betriebliche Altersversorgung über Pensionsrückstellungen abgebildet werden, kommt es zwar zu diesem Innenfinanzierungseffekt, dafür steigt aber der Verschuldungsgrad, der für Außenfinanzierung wichtig ist.

Ergebnis: so wünschenswert die betriebliche Altersversorgung für den Einzelnen und für die Gesellschaft ist, da der ökonomische Nutzen für die Unternehmen zweifelhaft ist, werden sich diese eher zurückhalten.

Auch für die Steuerbelastung des Pensionisten ist eine betriebliche Altersversorgung nicht unbedingt vorteilhaft. Der BFH entschied mit Urteil vom 20.09.2016 - X R 23/15, das eine einmalige Kapitalabfindung laufender Ansprüche gegen eine Pensionskasse dann nicht zu ermäßigt zu besteuernden außerordentlichen Einkünften führt, wenn das Kapitalwahlrecht schon in der ursprünglichen Versorgungsregelung enthalten war. Voraussetzung für die Steuerermäßigung nach § 34 EStG ist, dass die begünstigten Einkünfte als "außerordentlich" anzusehen sind. Die Zusammenballung von Einkünften darf daher nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der jeweiligen Einkunftserzielung entsprechen.

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