VG Kassel setzt Grenzen bei der Genehmigung von Sonntagsarbeit (Fall Amazon)

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 29.05.2017
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|3315 Aufrufe

Besonders in der Weihnachtszeit hat der Online-Versandhändler Amazon alle Hände voll zu tun, um den Kundenansturm zu bewältigen und alle Bestellungen zeitnah abwickeln zu können. Das Regierungspräsidium Kassel hatte vor diesem Hintergrund Amazon in der Vorweihnachtszeit 2014 am Bad Hersfelder Standort die Sonntagsarbeit erlaubt. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di setzt sich hingegen für eine restriktive Ausnahmepraxis ein und hat im vorliegenden Fall den Verwaltungsrechtsweg beschritten. Das Verwaltungsgericht Kassel hat in einer jetzt ergangenen Entscheidung dem Online-Versandhandel bei der Sonntagsarbeit im Weihnachtsgeschäft Grenzen gesetzt. Das Gericht urteilte am 16.05.2017 (Die dpa-Meldung nennt kein Aktenzeichen.), dass die Erlaubnis des Regierungspräsidiums Kassel für den Standort Bad Hersfeld in der Vorweihnachtszeit 2014 rechtswidrig war. Das VG erläuterte, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für Sonntagsarbeit nicht vorgelegen hätten. Nach der üblichen Rechtsprechung könne Sonntagsarbeit in Einzelfällen zugelassen werden, wenn das aufgrund außergewöhnlicher Umstände zur Vermeidung eines erheblichen Schadens geboten ist. Amazon habe aber nicht darlegen können, inwiefern diese Umstände im Weihnachtsgeschäft vorlagen, sagte ein Gerichtssprecher. Die Kasseler Richter liegen mit ihrer Entscheidung auf der Linie anderer Verwaltungsgerichte in Deutschland und des Bundesverwaltungsgerichts.

Die klageführende Gewerkschaft ver.di bezeichnete es als wichtiges Signal, dass auch das Geschäftsmodell von Amazon mit sehr kurzen Lieferzusagen es nicht rechtfertige, eine Ausnahme vom Sonntagsschutz zu gewähren. „Wir begrüßen diese Entscheidung als weiteren wichtigen Beitrag zur Stärkung des Sonntagsschutzes“ erklärt Bernhard Schiederig, Landesfachbereichsleiter Handel der ver.di Hessen und Aktiver der „Allianz für den freien Sonntag“: „Es ist ein sehr wichtiges Signal, dass auch das Geschäftsmodell von Amazon mit sehr kurzen Lieferzusagen es nicht rechtfertigt, eine Ausnahme vom Sonntagsschutz zu gewähren. Dies ergänzt die wichtigen Entscheidungen zum Verbot der Sonntagsarbeit in Callcentern und zu verkaufsoffenen Sonntagen. Die Entscheidung macht darüber hinaus deutlich, dass der Sonn- und Feiertagsschutz auch dem Onlinehandel feste Grenzen setzt. Auch im Online-Handel gibt es entgegen anderer Behauptungen keine Arbeits- und damit Öffnungszeiten von 7 mal 24 Stunden.“ Eine Amazon-Sprecherin kommentierte in München: "Wir bedauern die Entscheidung des Gerichts."

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