PKH bei Nebenklage: Hat mit Waffengleichheit nichts zu tun!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 16.07.2017
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|6192 Aufrufe

Eine Nebenklägerin möchte gerne PKH für ihren Anwalt, den sie sich im Strafverfahren gegen den Angeklagten genommen hat (Tatvorwürfe: Verstoß gegen das GewSchG und § 223 StGB). "Schön wär`s", meint das OLG Hamm. Also klar: Vorsicht bei vorschneller Anwaltsbeauftragung, wenn man nicht bereit ist, ihn im Notfall selbst zu bezahlen.

Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. §§ 397a Abs. 2 StPO, 119 ff. ZPO liegen nicht vor. Insoweit nimmt der Senat zunächst auf die vollumfänglich zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung sowie der Nichtabhilfeentscheidung Bezug. Danach war die Nebenklägerin trotz sprachlicher Schwierigkeiten und des angespannten Verhältnisses zu dem Angeklagten in der Lage, ihre Interessen selbst ausreichend und in zumutbarer Weise wahrzunehmen. Auch die Ausführungen in dem Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 04.01.2017 rechtfertigen keine andere Entscheidung.

Soweit die Nebenklägerin ausführt, aus Gründen der „Waffengleichheit“ sei ihr Prozesskostenhilfe zu gewähren, kann dieser Argumentation nicht gefolgt werden.

Durch die Nebenklage wird denjenigen Verletzten, die besonders schutzwürdig erscheinen, zwar grundsätzlich die Gelegenheit gegeben, in dem Verfahren ihre persönlichen Interessen auf Genugtuung zu verfolgen, insbesondere durch aktive Beteiligung das Verfahrensergebnis zu beeinflussen und sich gegen die Verharmlosung ihrer Verletzungen zu wehren (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., Vor § 395, Rn. 1 m.w.N.). Die Nebenklage dient aber nicht der Herstellung von „Waffengleichheit“ im Verhältnis zum Angeklagten. Die Bestellung eines Beistandes verfolgt den im öffentlichen Interesse liegenden Zweck, dafür zu sorgen, dass ein Geschädigter in den vom Gesetz ausdrücklich bezeichneten Fällen (§ 397a Abs. 1 StPO) oder, wenn er seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann oder ihm dies nicht zuzumuten ist (§ 397a Abs. 2 StPO), einen rechtskundigen Beistand erhält, der die Interessen des Nebenklägers vertritt und einen auch in dessen Interesse liegenden Verfahrensablauf gewährleistet. Dieser Zweck kann nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens jedoch nicht mehr erreicht werden. Denn es gibt in diesem Zeitpunkt keine von dem Opferanwalt zu erbringende Tätigkeit mehr. Dies gilt umso mehr, als dass die Nebenklägerin im vorliegenden Verfahren durch ihren Prozessbevollmächtigten ordnungsgemäß vertreten worden ist und ihre Interessen damit in ausreichendem Maße wahrgenommen worden sind.

Schließlich erfolgt die Bestellung eines Beistandes nach § 397a Abs. 1 StPO bzw. die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nach § 397a Abs. 2 StPO auch nicht im Kosteninteresse des Nebenklägers. Soweit die Nebenklägerin durch die rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts den Vergütungsanspruch ihres Verfahrensbevollmächtigten gegen die Staatskasse sichern will (§ 45 Abs. 3 RVG), stellt dies einen verfahrensfremden Zweck dar (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 06.08.2009, 4 Ws 86/09; OLG Celle a. a. O.).

Ein Prozesskostenhilfeanspruch für die Berufungsinstanz ergibt sich auch nicht auf der Grundlage des Beschlusses des Amtsgerichts Münster vom 04.09.2014 in Verbindung mit dem Ergänzungsbeschluss vom 29.07.2016, mit dem der Nebenklägerin nach § 397a Abs. 2 StPO Prozesskostenhilfe unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bewilligt wurde. Denn die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gilt nach § 397 a Abs. 2 StPO i.V.m. § 119 Abs. 1 S. 1 ZPO im Gegensatz zur Beiordnung als Beistand nach § 397a Abs. 1 StPO, die für das gesamte weitere Verfahren wirkt, nur für die jeweilige Instanz (Meyer-Goßner/Schmitt, a. a. O.,§ 397 a, Rn. 17).

Soweit der Bundesgerichtshof in dem von dem Verfahrensbevollmächtigten zitierten Beschluss vom 15.08.2007, 2 StR 272/07, den dort gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die zweite Instanz als gegenstandslos erachtet und auf die Fortwirkung einer Beiordnung auch auf die Revisionsinstanz hingewiesen hat, ist diese Entscheidung auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Denn der Bundesgerichtshof hatte sich in dem entsprechenden Verfahren mit einem Fall zu beschäftigen, in dem eine Beiordnung als Beistand nach § 397a Abs. 1 StPO erfolgt war. Ein solcher Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Zutreffend hat das Amtsgericht keine Beiordnung nach § 397a Abs. 1 StPO vorgenommen, sondern lediglich Prozesskostenhilfe gewährt, da die Befugnis zur Nebenklage auf § 395 Abs. 1 Nr. 3, 396 StPO beruht.

Oberlandesgericht Hamm, Beschl. v. 13.6.2017 - 4 Ws 90/17

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