Erbschaftsteuer: Abfindung für den Verzicht auf einen Pflichtteilsanspruch - besser erst nach dem Todesfall

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 11.08.2017

Vier Brüder hatten sich bereits zu den Schenkungen der Mutter 2002 geeinigt: Drei sollten etwas über eine Million Euro von der Mutter geschenkt bekommen und dafür dem vierten Bruder jeweils eine Abfindung bezahlen. Der BFH entschied: diese Abfindung war keine Schenkung der Mutter an den vierten Sohn, sondern drei freigebige Zuwendungen an den vierten Bruder (BFH, Urteil v. 15.05.2014 - II R 21/11, BFHE 241, 390, BStBl II 2013, 922). Die Konsequenz: fand nicht die günstigere Steuerklasse I (Mutter-Kind), sondern Steuerklasse II (Geschwister untereinander) Anwendung.

Für den Fall des Todes ihrer Mutter einigten sich die vier Brüder im Voraus: der vierte sollte wieder verzichten, diesmal allerdings seinen Pflichtteil und dafür von den anderen abgefunden werden. Das Finanzgericht hatte zugunsten des vierten Bruders noch die Steuerklasse I angewendet. Dem folgte der BFH jedoch nicht (mehr). Ursprünglich hatte der BFH das Verhältnis künftiger Erblasser - Empfänger zugrunde gelegt. Damit sollte der Verzicht vor und nach dem Erbfall im Ergebnis gleich behandelt werden. Dieses Ziel könne aber in Fällen wie dem entschiedenen Fall nicht erreicht: der Pflichtteilsverzicht werde gegenüber mehreren Personen erklärt und/oder die vorausgegangenen Schenkungen mit Abfindungen machten diese Überlegungen der Münchener Richter hinfällig. Mit Urteil vom 10. Mai 2017 - II R 25/15 änderte der BFH daher seine Rechtsprechung. diese Rechtsprechung. Bei einem vor Eintritt des Erbfalls vereinbarten Pflichtteilsverzicht gegen Abfindung sind daher die erbschaftsteuerrechtlichen Vorschriften anwendbar, die im Verhältnis des Zahlungsempfängers zu den Zahlenden gelten.

Für die entschiedene Konstellation hätte das mit den derzeit geltenden Beträgen geheißen: der vierte Sohn bekommt anstatt des Freibetrags von TEUR 400 in Steuerklasse I nur einen Freibetrag von TEUR 20 je Zahlenden in Steuerklasse. Auch steigt Steuersatz bei einem Erwerb zwischen TEUR 75 und TEUR 300 von 11% (Steuerklasse I) auf 20% (Steuerklasse II).

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