Kann der Arbeitgeber kraft Direktionsrechts Dienstreisen ins Ausland anordnen?

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 23.10.2017
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|4499 Aufrufe

Die Frage, ob der Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts (§ 106 GewO) Dienstreisen ins Ausland anordnen kann, hatte das LAG Baden-Württemberg zu entscheiden.

Der Kläger ist seit 1980 bei der Beklagten als Projekt- und Konstruktionsingenieur in der Abteilung Elektrik/Elektronik des Produktgruppenbereichs Werkzeugmaschinen im Werk W. beschäftigt. Eine Regelung zu Dienstreisen enthält der Vertrag nicht ausdrücklich, allerdings eine Bestimmung zur Erstattung von Reisekosten. In der Vergangenheit wurde der Kläger nur vereinzelt zu Reisen ins europäische, zumeist deutschsprachige Ausland entsandt. Erstmals im April 2016 wurde er auf eine dreitägige Dienstreise nach China geschickt. Weitere Reisen nach Asien kündigte die Beklagte bereits an. Der Kläger empfand die Umstände der Reise als schikanös (Lage und Qualität des Hotels, Anbindung an die Innenstadt etc.) und begehrt die Feststellung, dass er zu Reisen ins Ausland, hilfsweise jedenfalls zu solchen im Fernen und Mittleren Osten, nicht verpflichtet sei.

Seine Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg. Das LAG Baden-Württemberg begründet die Zurückweisung der Berufung u.a. wie folgt:

Angesichts der seit Jahren verstärkt zu beobachtenden Entwicklungen im Wirtschaftsleben, die eine erhöhte Flexibilität erfordern und die von verstärkter internationaler Ausrichtung geprägt sind, werden jedoch auch ein Großteil der übrigen Mitarbeiter zu gelegentlichen Auslandsdienstreisen verpflichtet sein (...). Dies gilt aufgrund des Wandels der Berufsbilder auch dann, wenn ein Arbeitnehmer vor vielleicht zehn Jahren oder länger noch nicht mit solchen Dienstreisen hat rechnen müssen ... Vorliegend schuldet der Kläger ausweislich seines Arbeitsvertrags Tätigkeiten eines Projekt- und Konstruktionsingenieurs. Auch wenn der Kläger - wie von ihm behauptet - in der Vergangenheit bislang nur als Konstruktionsingenieur eingesetzt worden sein sollte, führte dies nicht dazu, dass die Beklagte auf die Möglichkeit eines Einsatzes auch als Projektingenieur verzichtet hätte oder sich die Tätigkeit des Klägers auf die eines alleinigen Konstruktionsingenieurs konkretisiert hätte. Hierzu fehlt es zumindest an einem Umstandsmoment, der einen entsprechenden Vertrauenstatbestand beim Kläger hätte begründen können. Die Beklagte entwickelt und konstruiert Maschinen, die mittlerweile in die ganze Welt, also, anders als vielleicht noch in den Achtzigerjahren zu Beginn des Arbeitsverhältnisses des Klägers, auch in Länder des Mittleren und Fernen Ostens geliefert werden. Dass es bei Problemen mit insbesondere auch vom Kläger konstruierten Maschinen oder bei Umbauten oder Umzügen dieser Maschinen einer qualifizierten Betreuung bedarf, ist nachvollziehbar. Dass einem Projektingenieur, aber auch einem bloßen Konstruktionsingenieur eine solche Betreuungsaufgabe gelegentlich zufallen kann, liegt zumindest in der heutigen Zeit durchaus in der Natur des Berufsbildes.

Das LAG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen.

LAG Baden-Württemberg, Urt. vom 6.9.2017 - 4 Sa 3/17, BeckRS 2017, 125231

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