Das Dateneigentum ist tot – es lebe das Dateneigentum

von Prof. Dr. Thomas Hoeren, veröffentlicht am 07.02.2018
Rechtsgebiete: IT-Recht4|9529 Aufrufe

Mit einer gewissen Schadenfreude schaue ich auf die furchtbare Diskussion über das Dateneigentum. Einige wenige hatten vor einigen Jahren begonnen, sich darüber Gedanken zu machen, wie man de lege lata ein eigentumsähnliches Recht etwa an Mobilitätsdaten der Kfz Industrie begründen kann. Dies war auch dringend notwendig, da § 453 BGB Daten als sinnvoller Kaufgegenstand definiert hatte. Wenn Daten derzeit in der Informationsindustrie so viel hin – und her gehandelt werden, muss die Frage erlaubt sein, wie man Daten als Handelsgut einer Person zurechnet.

Dann aber kamen das große Missverständnis und die babylonische Verwirrung. Auf einmal diskutierten wildgewordene Wissenschaftler über die Möglichkeit, de lege ferenda ein allgemeines Dateneigentum zu begründen. Unzählige Doktorarbeiten, Bücher, Aufsätze, Forschungspapiere und nicht zuletzt Kongresse wurden gefüllt mit allen möglichen obskuren Ansätzen. Man konnte noch so sehr von der Sinnlosigkeit eines solchen Unterfangens überzeugt sein, das Thema Dateneigentum war einfach schick und nicht mehr totzukriegen

Dann kam der große Katzenjammer. Im Mai 2017 veröffentlichte die Justizministerkonferenz ein langes Gutachten, aus dem sich klar ergibt, dass ein solches Dateneigentum weder sinnvoll noch ökonomisch wünschenswert ist (https://jm.rlp.de/fileadmin/mjv/Jumiko/Fruehjahrskonferenz_neu/Bericht_d...).

Kleinmütig gab der Arbeitskreis Dateneigentum der GRUR vor einigen Tagen zu, dass sich spätestens nach dieser langen Studie die Frage des Dateneigentums erledigt hat. Und jetzt? Hoffentlich kommen wir auf dem Boden der Tatsachen wieder zurück und diskutieren die alte Frage, wem die Daten zum Beispiel in einem Pkw gehören. Das hätten wir schon früher haben können, ist jetzt aber umso notwendiger, als die Versicherungsbranche und andere die die Geier um das autonome Fahren und die Verkehrsdaten der Kfz Industrie kreisen siehe Spies im unten angegebenen Beitrag im Beck Blog).

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4 Kommentare

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Hoeren hat mal wieder recht. Siehe dazu vorzüglich Steinrötter, Vermeintliche Ausschließlichkeisrechte an binären Codes, in: MMR 2017,731 ff.

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Daran dachte ich beim Lesen des Textes von Hoeren auch. Steinrötter hat sehr schön aufgezeigt, dass die Chancen zur Anerkennung eines sonstigen Datenrechts gemäß § 823 Abs. 1 BGB etwa über den Recht am Datenbestand viel sinnvoller sind als die ganze verkorkste Diskussion über ein neues Dateneigentum. Ob man daneben mit dem Vertragsrecht hinkommt, wage ich zu bezweifeln. Schließlich muss ein Datenrecht auch insolvenzfest sein

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Wer beobachtet eigentlich und veröffentlicht, wenn sich eine ganze wissenschaftliche Zunft verbrennt? Mir ist das schon aufgefallen bei der Diskussion um die Vereinheitlichung des europäischen Privatrechts. Diese wurde irgendwann mal vor kurzem ad acta gelegt und beerdigt, ohne dass die breitere Öffentlichkeit darin einbezogen war. Dabei wurde die Öffentlichkeit mit großen Trommeln auf die Öffnung dieses Geisterzugs hingewiesen. Unzählige Tagungen und Bücher wurden organisiert, EU-Gelder verbrannt, Doktoranden verbraucht. Am Ende ist davon wenig übrig geblieben. Genauso wie jetzt beim Dateneigentum.

Man müsste einmal wissenschaftssoziologisch untersuchen, wie solche Wellen entstehen und wie sie verschwinden. Und Namen nennen.

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