Kein Annahmeverzug des Arbeitgebers bei Nichtermöglichung einer Wiedereingliederung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 16.04.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|4685 Aufrufe

Zur Begründung des Annahmeverzugs muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung so anbieten, wie sie zu bewirken ist. Dem genügt das Angebot einer Tätigkeit in einem Wiedereingliederungsverhältnis nicht. Dieses ist nicht Teil des Arbeitsverhältnisses, sondern stellt neben diesem ein Vertragsverhältnis eigener Art (sui generis) dar. Anders als das Arbeitsverhältnis ist das Wiedereingliederungsverhältnis nicht durch den Austausch von Leistung und Gegenleistung gekennzeichnet, sondern durch den Rehabilitationszweck.

Das hat das BAG entschieden.

Der Kläger ist bei dem beklagten Land als Lehrer beschäftigt. Nach längerer Erkrankung bot er aufgrund ärztlicher Empfehlung eine Wiedereingliederung für die Zeit vom 26.6. bis 3.7.2009 im Umfang von drei Stunden täglich an. Das Land führte die Wiedereingliederung nicht durch (vermutlich deshalb, weil der angegebene Zeitraum unmittelbar vor den Sommerferien lag und man den Kläger dann während der Ferien wieder voll hätte vergüten müssen, während er so auf den Bezug von Sozialleistungen angewiesen war).

Die auf Annahmeverzugslohn, hilfsweise Schadensersatz gerichtete Klage blieb beim BAG ohne Erfolg.

Der Arbeitnehmer muss die Arbeitsleistung so anbieten, wie sie zu bewirken ist (...). Dem genügt das Angebot einer Tätigkeit in einem Wiedereingliederungsverhältnis iSv § 74 SGB V nicht. Dieses ist nicht Teil des Arbeitsverhältnisses, sondern stellt neben diesem ein Vertragsverhältnis eigener Art (sui generis) dar. Anders als das Arbeitsverhältnis ist das Wiedereingliederungsverhältnis nicht durch den Austausch von Leistung und Gegenleistung gekennzeichnet, sondern durch den Rehabilitationszweck. Die Tätigkeit des Arbeitnehmers ist auf die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit und nicht auf die Erfüllung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung gerichtet. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind, weil die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers andauert, während des Wiedereingliederungsverhältnisses weiterhin von den Hauptleistungspflichten des Arbeitsverhältnisses gem. § 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB befreit. Der Arbeitnehmer erbringt nicht die geschuldete Arbeitsleistung. Es besteht deshalb kein Anspruch auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung (...).

BAG, Urt. vom 6.12.2017 - 5 AZR 815/16, NZA 2018, 439

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