BGH: Zur Haftung des Sanierungsgeschäftsführers in der Eigenverwaltung

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 17.05.2018

Entgegen der Vorinstanzen, die eine Haftung des Sanierungsgeschäftsführers ablehnten (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.09.2017, Az. I-16 U 33/17), hat der BGH mit Urteil vom 26.04.2018 (Az. IX ZR 238/17, BeckRS 2018, 7872) entschieden, dass der Sanierungsgeschäftsführer für Rechtsgeschäfte während der Eigenverwaltung analog §§ 60, 61 InsO haftet. Nach diesen Vorschriften ist der Insolvenzverwalter zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft eine ihm nach der Insolvenzordnung obliegende Pflicht verletzt oder wenn eine Masseverbindlichkeit nicht erfüllt werden kann, die durch seine Rechtshandlung entstanden ist.

Nach Auffassung des Senats können die Vorschriften in der Eigenverwaltung einer juristischen Person analog auf die vertretungsberechtigten Geschäftsleiter angewendet werden. Das Gesetz enthalte in Bezug auf die Haftung der Geschäftsleiter bei Anordnung der Eigenverwaltung eine planwidrige Regelungslücke, weil die Verweisung des § 270 Abs. 1 S. 2 InsO auf §§ 60, 61 InsO die Organe des Insolvenzschuldners nicht unmittelbar erfasse. Diese Gesetzeslücke könne auch nicht durch Rückgriff auf die für Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft geltenden Haftungstatbestände ausgefüllt werden kann. Denn die Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG sei auf das Innenverhältnis zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft beschränkt und eine Außenhaftung komme nur ausnahmsweise in Betracht. Da der Geschäftsführer in der Eigenverwaltung gleich einem Insolvenzverwalter die Verfügungsbefugnis für die Gesellschaft frei von Anordnungen der gesellschaftsrechtlichen Überwachungsorgane ausübt, müsse dieser entsprechend einem Insolvenzverwalter haften.

Ferner begründet der Senat die analoge Anwendung der §§ 60, 61 InsO mit den Regelungen in §§ 274 Abs. 1, 60 Abs. 1 InsO. Diese sehen eine Haftung des Sachwalters in der Eigenverwaltung vor, wenn er seine Aufgabe, die Geschäftsführung zu überwachen, missachtet. Es sei unbillig, bei einer Pflichtverletzung des Geschäftsführers nur den auf eine bloße Überwachung der Geschäftsführung beschränkten Sachwalter haftbar zu machen, aber nicht den Geschäftsführer als Entscheidungsträger der Eigenverwaltung.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen