BAG zum Verfall von Schadensersatzansprüchen des Arbeitgebers wegen einer vertraglichen Ausschlussfrist

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 19.06.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht2|3955 Aufrufe

Das BAG hat die Schadensersatzklage einer Autohändlerin gegen einen ihrer Arbeitnehmer abgewiesen, da der Anspruch nicht innerhalb der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist von drei Monaten geltend gemacht worden war.

Die Klägerin betreibt ein Autohaus, in dem der Beklagte bis zum 29.2.2016 als Verkäufer beschäftigt war. In ihrem Arbeitsvertrag hatten die Parteien vereinbart, dass - mit Ausnahme von Provisionsansprüchen - alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit verfallen, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn sie nicht vorher gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden.

Am Freitag, den 19.9.2014, erschien ein Kunde im Autohaus zur Abholung eines Fahrzeugs (Audi A 1, Kaufpreis rund 30.000 Euro), das er im Mai 2014 bestellt hatte. Es sollte über ein Darlehen der Audi Bank finanziert werden. Ein Darlehen wurde allerdings nicht gewährt, weil mit dem Kunden bereits ein Vertrag zur Finanzierung eines anderen PKW abgeschlossen worden war. Der Kunde drängte auf die sofortige Überlassung des Audis, den er für das Wochenende benötige und leistete eine Anzahlung von rund 9.000 Euro in bar. Der Beklagte überließ ihm das Fahrzeug bis zum darauffolgenden Montag. Der Kunde brachte das Fahrzeug nicht zurück. Auf eine Strafanzeige der Klägerin wurde er mit internationalem Haftbefehl zur Fahndung ausgeschrieben und in Italien vorübergehend festgenommen. Dort wurde auch das Fahrzeug beschlagnahmt, später aber wieder an ihn herausgegeben. Die Klägerin unternahm zahlreiche erfolglose Versuche, den PKW wiederzuerlangen. Schließlich erhob sie am 20.8.2015 Klage gegen den Kunden auf Herausgabe und Schadensersatz. Erstmals mit Schreiben vom 20.11.2015 verlangte sie vom Beklagten ein Schuldanerkenntnis, da er durch die Herausgabe des PKW seine Vertragspflichten verletzt habe. Nachdem das LG Freiburg/Br. der Klägerin mitgeteilt hatte, dass die Klage gegen den Kunden unter der angegebenen Adresse nicht zugestellt werden könne, erhob sie am 29.12.2015 Klage gegen den Beklagten.

Diese blieb in allen drei Instanzen ohne Erfolg.

Wie schon die Vorinstanzen hat auch der 8. Senat des BAG etwaige Ansprüche der Klägerin für verfallen gehalten. Er konnte daher offen lassen, ob der Beklagte durch die Herausgabe des Fahrzeugs an den Kunden seine Vertragspflichten verletzt hat. Die Ausschlussfrist begann, so das BAG, spätestens zu dem Zeitpunkt zu laufen, als sich die Klägerin entschlossen hatte, Klage gegen den Kunden zu erheben, mithin jedenfalls vor dem 20.8.2015. Selbst wenn man unterstellt, dass das Schreiben der Klägerin vom 20.11.2015 zur Geltendmachung ausreicht (woran man zweifeln kann, weil sie darin vom Beklagten - nur - die Abgabe eines Schuldanerkenntnisses verlangt hat), war zu diesem Zeitpunkt die dreimonatige Ausschlussfrist jedenfalls bereits verstrichen. Etwas anderes folgt, wie der 8. Senat in seiner Pressemitteilung weiter erläutert, weder aus § 254 Abs. 2 BGB noch aus § 241 Abs. 2 BGB. Danach war aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls keine vorrangige gerichtliche Inanspruchnahme des Kunden durch die Klägerin geboten. Es war dieser nicht ohne weiteres möglich, den Kunden mit rechtlichem und vor allem wirtschaftlichem Erfolg in Anspruch zu nehmen. Als die Klägerin sich entschloss, Klage gegen den Kunden zu erheben, war erkennbar, dass eine solche Klage keine realistische Aussicht bot, von dem Kunden überhaupt irgendeine Leistung zu erlangen.

BAG, Urt. vom 7.6.2018 - 8 AZR 96/17, Pressemitteilung hier

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2 Kommentare

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Wo liegt die grundsätzliche Besonderheit dieses Falles, dass er es bis zum Bundesarbeitsgericht geschafft hat? Ausschlussfrist ist Ausschlussfrist!

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Zumal sich die ganzen AGB-rechtlichen Probleme bei der Anwendung zu Lasten des Arbeitgebers nicht stellen...

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