OLG Hamm: Beschlussnichtigkeit wegen treuwidriger Einberufung und Durchführung der Gesellschafterversammlung

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 13.06.2018

Das OLG Hamm hat in seinem Beschluss vom 7. März 2018 (8 U 2/18) die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses mit der Treuwidrigkeit der Einberufung und Durchführung der Versammlung begründet.

Gegenstand der Entscheidung ist die Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG. Einzige Gesellschafterin der GmbH war die KG (Einheitsgesellschaft). Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten betrieben die beiden alleinvertretungsberechtigten GmbH-Geschäftsführer wechselseitig die Abberufung des jeweils anderen. Im angesetzten Versammlungstermin verständigten sich beide darauf, zunächst keine Versammlung durchzuführen, sondern sich einige Tage später zu besprechen. Nachdem ein Geschäftsführer den Versammlungsort verlassen hatte, führte der andere allein unter Verzicht auf alle Form- und Fristvorschriften eine außerordentliche Gesellschafterversammlung durch, die die Bestellung des anderen Geschäftsführers aus wichtigem Grund widerrief.

In seiner Entscheidung bezeichnet der Senat, der im Eilverfahren zu entscheiden hatte, die Beschlussfassung als nichtig wegen Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht. Die personengesellschaftsrechtliche Treuepflicht, die beide Geschäftsführer als KG-Gesellschafter zur Rücksichtnahme auf die Interessen des jeweils anderen verpflichte, schlage hier auf die GmbH-Geschäftsführerstellung durch. Gegen diese Treuepflicht habe der Geschäftsführer verstoßen, indem er zunächst ein Vertrauen darauf hervorrief, keine vollendeten Tatsachen zu schaffen, um dann doch allein über die Abberufung zu beschließen.

Die Treupflichtverletzung sei auch nicht deswegen unbeachtlich, weil sie sich nicht ausgewirkt hätte. Selbst wenn man das Vorliegen eines wichtigen Abberufungsgrundes (und damit eines Stimmverbots für den abberufenen Geschäftsführer) unterstelle, sei der abberufene Geschäftsführer durch die Pflichtverletzung daran gehindert gewesen, an der Versammlung teilzunehmen und dort zu reden, etwa um entlastende Umstände vorzubringen.

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