§ 23 Abs. 1a StVO: "Ist doch egal, weshalb das Handy gehalten wird!"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 10.08.2018
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht3|9235 Aufrufe

Das OLG Oldenburg usste sich mal wieder mit einem Handyverstoß befassen. Der Betroffene hatte das Handy während der Fahrt in der Hand gehalten und auf`s Display geschaut. Dem OLG Oldenburg reichte das:

Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Betroffene während des Führens eines PKW ein Mobiltelefon in der rechten Hand gehalten habe.

 
Weiter hat es ausgeführt, daraus, dass der Betroffene „mehrere Sekunden auf das Display schaute, ergibt sich auch, dass er das Mobiltelefon verwendet hat“.
 
Der Betroffene meint, damit sei eine Nutzung nicht belegt.
 
Auf die Frage, weshalb er das Gerät in der Hand gehalten hat, kommt es jedoch nicht an:
 
Durch die Neufassung des § 23 Abs. 1a StVO sollte die Regelungslücke geschlossen werden für Fälle, in denen das Gerät in der Hand gehalten wird, obwohl dies nicht erforderlich war (Begründung des Entwurfes der Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit S. 26, abgedruckt unter BR Drucksache 556/17).
 
Die Neufassung geht deshalb normtechnisch einen anderen Weg: Der neue Absatz 1a enthält statt des bisherigen Verbotes nunmehr ein Gebot, wann eine Gerätenutzung zulässig ist (Eggert in Freymann/Wellner, juris PK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 23 StVO, 1. Überarbeitung RN 26). Zulässig ist eine Nutzung danach nur dann, wenn das Gerät weder aufgenommen, noch gehalten wird.
 
Da der Betroffene das Smartphone aber gehalten hat, hat er bereits gegen § 23 Abs. 1a StVO n.F. verstoßen (vgl. Fromm, MMR 2018, 68 (69)).

 
OLG Oldenburg Beschl. v. 25.7.2018 – 2 Ss (OWi) 201/18, BeckRS 2018, 16296

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3 Kommentare

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Auf auf, marsch marsch in den Legalismus!
<blockquote>Der Legalismus in Reinform wurde nur von der Qin-Dynastie verwirklicht. Die Verachtung von Gelehrsamkeit führte zu den Bücherverbrennungen dieser Zeit. Die Bestrafungen – Hinrichtungen und schwerste Sklavenarbeit – waren nicht nur für diejenigen bestimmt, die gegen Gesetze verstießen, sondern auch für ihre nächsten Verwandten. Zusammen mit der Qin-Dynastie ging auch dieser reine Legalismus unter, <b>wenngleich seine Ideen weiterlebten und weiterhin Einfluss ausübten.</b></blockquote>

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"Auf die Frage, weshalb er das Gerät in der Hand gehalten hat, kommt es jedoch nicht an:"

Das ist, mit Verlaub, Unsinn.

Es ist alles erlaubt, was nicht verboten ist. Wenn also die Vorschrift erlaubt, ein elektronisches Gerät nur unter bestimmten Umständen zu benutzen, kann man daraus schließen, dass die Benutzung unter anderen Umständen verboten ist. Das Halten des Geräts kommt in der Vorschrift aber nur im Zusammenhang mit der Benutzung  vor. Es steht ausdrücklich in der Vorschrift drin, dass das Halten der Benutzung dienen muss ("hierfür"!).

Das Gericht überschreitet hier den eindeutigen Wortlaut zu Lasten des Beschuldigten. Das halte ich für ziemlich eindeutig rechtswidrig.

Vielleicht hätte ich akzeptiert, wenn das Gericht meinen würde, dass das auf das Gerät schauen die Benutzung indiziert oder so etwas in der Art, aber dass es nicht darauf ankommen sollte, ist nicht mit den Gesetz vereinbar.

Abschließend erlaube ich mir mal, etwas weitergehend aus dem Entwurf zu zitieren:

"Unter Berücksichtigung der Empfehlungen des 55. Deutschen Verkehrsgerichtstages wird klargestellt, dass es für das Verbot der Gerätenutzung nicht nur darauf ankommt, ob das Gerät für die Benutzung grundsätzlich in der Hand gehalten werden muss, sondern ob es tatsächlich in der Hand gehalten wird. Hiermit soll eine Regelungslücke geschlossen werden für Fälle, in denen das Gerät in der Hand gehalten wird, obwohl dies nicht erforderlich wäre" (Hervorhebung von mir).

Offensichtlich war es doch nicht die Absicht des Gesetzgebers auf die Feststellung der Nutzung zu verzichten...

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Noch eine Ergänzung, die ich vergessen hatte:

Die Regelungslücke, die im Entwurf erwähnt wird, ist nicht das Halten ohne Benutzen, sondern das Halten beim Benutzen, obwohl es zum Benutzen nicht gehalten werden müsste. Früher hieß es nämlich "wenn hierfür das Mobiltelefon [...] gehalten werden muss" (Hervorhebung von mir).

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