Kein Schokoherz - kein Betriebsübergang

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 17.10.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|3877 Aufrufe

Fluggäste der früheren Air Berlin erinnern sich noch gut an das große rote Schokoladenherz, das man nach jedem Flug beim Aussteigen erhielt. Dieses Alleinstellungsmerkmal hat bislang keine andere deutsche Airline nachgeahmt, auch Eurowings nicht, die nach der Air Berlin-Pleite vor einem Jahr eine Vielzahl der Flugrouten fortführt. Es steht zwar nicht anzunehmen, dass das Air Berlin-Schokoherz im Kanon der für einen Betriebsübergang maßgeblichen Umstände (Art des betroffenen Betriebes, Übergang der materiellen Aktiva, Wert dieser Aktiva, Übernahme von Arbeitnehmern, Übernahme der Kundschaft, Ähnlichkeit der Tätigkeiten vor und nach der Übernahme, Dauer der Unterbrechung der Geschäftstätigkeit) eine wesentliche Rolle spielt. Wenn aber doch, dann ist sein Fehlen bei Eurowings ein klares Indiz gegen einen Betriebsübergang.

Das LAG Düsseldorf hat heute in einem (in doppelter Hinsicht) "Pilotverfahren" über die Berufung eines Flugkapitäns der ehemaligen Air Berlin verhandelt, der sich gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses wehrt und meint, dass dieses im Wege des Betriebsübergangs unverändert auf Erwerber übergegangen sei. Insgesamt sind allein beim LAG Düsseldorf fast 300 solcher Verfahren anhängig.

Der Kläger war seit 1996 bei Air Berlin bzw. deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Am 1.11.2017 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Unternehmens eröffnet, vier Wochen später kündigte der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis mit der dreimonatigen Insolvenz-Kündigungsfrist (§ 113 Satz 2 InsO) betriebsbedingt zum 28.2.2018. Mit seiner Klage macht der Kläger die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung geltend. Zu seiner Überzeugung hat keine Betriebsstilllegung stattgefunden. Jedenfalls erhebliche Teile des Betriebes seien auf Erwerber übergegangen. Unter anderem hätten Eurowings und die Lufthansa genauso wie EasyJet Flugzeuge, Langstrecken, Start- und Landerechte bzw. andere Vermögenswerte von Air Berlin übernommen. Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage erstinstanzlich abgewiesen.

Die Berufung blieb beim LAG Düsseldorf ohne Erfolg. Die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts hat die Kündigung in formeller und materieller Hinsicht aufgrund einer Betriebsstilllegung für wirksam erachtet. Ob es zu einem Teilbetriebsübergang insbesondere im Bereich „Wet-Lease" an den Stationen Stuttgart, Köln und Hamburg gekommen ist, konnte das Gericht offen lassen. Da der Kläger diesem Bereich nicht zugeordnet war und sein Einsatzort nach dem Arbeitsvertrag sich auf den normalen Flugbetrieb und den Einsatzort Düsseldorf bezog, war er zur Überzeugung des Gerichts mit den dort eingesetzten Piloten nicht vergleichbar.

Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

LAG Düsseldorf, Urt. vom 17.10.2018 - 1 Sa 337/18, Pressemitteilung hier

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