BSG zum Arbeitsunfall im Home-Office

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 10.12.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|23281 Aufrufe

Zum wiederholten Male hatte sich das BSG mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Unfall im häuslichen Bereich einen Arbeitsunfall (§ 8 Abs. 1 SGB VII) darstellen kann, wenn der Versicherte ein Home-Office unterhält. Nachdem ein erstes Urteil 2016 noch eine recht restriktive Linie erkennen ließ (BSG 5.7.2016 - B 2 U 5/15 R, NJW 2017, 508), ist der 2. Senat zuletzt deutlich großzügiger gewesen (BSG 31.7.2018 - B 2 U 9/16 R, NJW 2018, 1207). Daran knüpfen zwei aktuelle Urteile an, die bislang nur als Pressemitteilung veröffentlicht sind:

Im Fall B 2 U 8/17 R war der Kläger geschäftsführender Gesellschafter eines kleinen Versicherungsmakler-Büros. Die Geschäftsräume des Maklerbüros befinden sich im 1. Obergeschoss eines Hauses, in dessen 5. OG der Kläger wohnt. Im Keller desselben Hauses ist neben dem Archiv auch der Server untergebracht. Am Unfalltag führte der Kläger nachts ein Software-Update aus. Um dieses zu überwachen, musste er mehrfach zwischen dem PC in seinem Büro im 1. OG und dem Keller hin- und hergehen. Gegen 1.30 Uhr stürzte er auf der Treppe. Die Berufsgenossenschaft hat eine Entschädigung des Unfalls als Arbeitsunfall abgelehnt. Das BSG hält es dagegen grundsätzlich für möglich, dass es sich um einen versicherten Arbeitsunfall gehandelt hat, obwohl der Kläger sein Wohnhaus nicht verlassen hatte. Allerdings hat es den Rechtsstreit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das LSG Rheinland-Pfalz zurückverwiesen, u.a., weil noch gar nicht geklärt war, ob der Kläger überhaupt gesetzlich unfallversichert war.

Im Fall B 2 U 28/17 R ist die Klägerin als Arbeitnehmerin beschäftigt; ihre Arbeit übt sie überwiegend von einem häuslichen Arbeitsplatz aus aus, der sich im Kellergeschoss ihres Wohnhauses befindet. Am Unfalltag besuchte sie eine Messe und wurde gegen 14.45 Uhr von einer anderen Mitarbeiterin ihres Arbeitgebers telefonisch aufgefordert, um 16.30 Uhr den Geschäftsführer anzurufen. Sie fuhr zurück zu ihrem Haus und wollte von dort aus das Telefonat führen. Gegen 16.10 Uhr stürzte sie auf der in den Keller führenden Treppe. Während ihre Klage erstinstanzlich Erfolg hatte, hat das Bayerische LSG sie abgewiesen. Ihrer Revision wurde vom BSG stattgegeben. Der Weg vom Messegelände zum häuslichen Arbeitsplatz war ein nach § 8 Abs. 1 SGB VII versicherter Betriebsweg, der - anders als ein nach § 8 Abs. 2 SGB VII versicherter Weg - nicht bereits mit dem Durchschreiten der Außenhaustür des Wohnhauses sein Ende gefunden hatte.

BSG, Urt. vom 27.11.2018 - B 2 U 8/17 R
BSG, Urt. vom 27.11.2018 - B 2 U 28/17 R

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