IHK muss auch in eigenen Angelegenheiten genau sein

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 12.01.2019

Wer zahlt schon gerne Pflichtbeiträge? - Einigen Unternehmen waren die Beiträge zur Industrie- und Handelskammer ein derart großes Ärgernis, dass sie bis zum Bundesverfassungsgericht zogen - allerdings ohne Erfolg. Denn die Pflichtmitgliedschaft und damit verbunden die Pflicht zur Zahlung von Beiträgen ist verfassungskonform (https://community.beck.de/2017/08/21/ihk-pflichtbeitraege-kein-erfolg-fuer-verfassungsbeschwerden).

Für teilweise rechtswidrig erachtete das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen aber Beitragsbescheide der Industrie- und Handelskammern Lüneburg-Wolfsburg für 2011, 2014, 2015 und 2016 sowie der IHK Braunschweig für 2016 (OVG Niedersachsen, Urteile vom 17.09.2018 - 8 LB 128/17 [BVerwG 10 C 8.18], 8 LB 129/17 [BVerwG 10 C 9.18], 8 LB 130/17 [BVerwG 10 C 7.18]). Nach Ansicht der Richter/innen in Lüneburg verstießen die zugrunde liegenden Wirtschaftssatzungen gegen haushaltsrechtliche Vorschriften. Damit sei die darauf aufbauende Beitragserhebung rechtswidrig. Hauptkritikpunkt war der Verstoß gegen den sog. Grundsatz der Schätzgenauigkeit. Im Haushalt müssen zu erwartende Einnahmen und Ausgaben möglichst realitätsnah geschätzt werden. Die beklagten Kammern hatten Ausgleichsrücklagen gebildet, um Schwankungen auszugleichen. Die dazu angewandten Schätzungsmethoden seien aber ungeeignet bzw. in sich widersprüchlich gewesen. Zweiter wesentlicher Kritik: Die Eröffnungsbilanz sei ohne ausreichenden sachlichen Grund geändert worden.

Den Entscheidungen des OVG Niedersachsen ist schon aus grundsätzlichen Erwägungen heraus zuzustimmen. Die Pflicht zur Zahlung eines Zwangsbeitrags korrespondiert mit dem Anspruch, 'nicht über Gebühr zur Kasse gebeten' zu werden.

Nachdem gegen alle drei Urteile Revision eingelegt wurde, muss jetzt das Bundesverwaltungsgericht entscheiden.

Darüber hinausgehend stellt sich aber die Frage, warum dem für die Rechtsaufsicht über die IHK Lüneburg-Wolfsburg bzw. IHK Braunschweig zuständigen Niedersächsischen Wirtschaftsministerium  die rechtswidrigen Wirtschäftspläne und damit Beitragssatzungen nicht aufgefallen sind? Denn die IHKs in Niedersachsen unterliegen der Aufsicht durch das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung (§ 6 Abs. 1 Nds AG IHKG i.V.m. § 10 IHKG). Die Bildung von Ausgleichsrücklagen bzw. Änderung der Eröffnungsbilanz sind nach hier vertretener Einschätzung Sachverhalte, die bei der Genehmigung der entsprechenden Beschlüsse der Vollversammlung (§ 11 Abs. 2 IHKG) auffallen müssen. Im Rahmen der Aufsicht hätte das Ministerium auf rechtskonforme Satzungen drängen müssen, dadurch wäre ein Rechtsstreit zu vermeiden gewesen.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

10 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG ist die Vereinigungsfreiheit für die Zwangsmitgliedschaft in IHKs nicht einschlägig (BVerfG, B. v. 12.7.2017 - 1 BvR 2222/12). Einschlägig sei vielmehr Art. 2 Abs. 1 GG. Da war die Staatsrechtslehre wohl bisher jahrzehntelang anderer Ansicht (vgl. BVerfG, a. a. O., Rdnr. 78), incl. Altvater Konrad Hesse (Grundzüge des Verfassungsrechts, 20. Aufl. 1999, Rdnr. 414).

0

Assistenz International

STARTERCENTER NRW

oll- und Außenwirtschaftsrecht,

Außenhandelsdokumente, Seminare/

Veranstaltungen

 

Dokumentenservice: Carnets,

Ursprungszeugnisse, Bescheinigungen

Datenbankrecherchen, Vermittlung von

Geschäftskontakten, Messen, Auslandshandelskammern (AHKs)

Marktberatung - Schwerpunkt Brasilien/

Mercosur, Veranstaltungen

Marktberatung - Schwerpunkt Europa/Asien,

Zoll- und Außenwirtschaftsrecht, Beratung

ausländischer Investoren

 

Wie gut, dass der Gemüsehändler oder Apotheker stets und täglich weiß, wo er die Carnets für seinen Schwerpunkt Brasilien/Mercosur/Asien beschafft.

 

 

Die Sorge um den Gemüsehändler, den Apotheker in allen Ehren. Aber: Allein aus dem Namen der Industrie- und Handelskammer Lüneburg- W o l f s b u r g  folgert der Verf., dass ein nicht unbedeutender deutscher Automobilhersteller ein nicht unbedeutender Beitragszahler für die IHK ist. Verständlicherweise empfindet ein kleiner Gewerbetreibender die IHK eher als Belastung, nicht nur wegen der Beitragspflicht, sondern vielleicht auch, weil das Gutachten der örtlichen IHK ihm die "Wunsch-Firma" verweigert hat. Aber (a) ein kleiner Gewerbetreibender zahlt auch deutlich niedrigere Beiträge und (b) wird er hoffentlich bald so groß, dass er deutlich mehr Dienstleistungen in Anspruch nimmt.

Bei einer exportorientierten Wirtschaft wie der deutschen sind gerade die Export-bezogenen Dienstleistungen wichtig. Nach einer Untersuchung einer Bundestags-Enquetekommission besteht gerade bei KMUs das größte Wachstumspotential für den Export und gleichzeitig der größte Bedarf an Informationen.

Gerade den Hinweis auf das Spezialgebiet "Brasilien/Mercosur/Asien" empfindet der Betriebswirt als vorteilhaft. Es deutet darauf hin, dass durch die Spezialisierung einzelner IHKs Kosteneinsparungen erzielt werden können.

@Prof. Dr. Koss

Sie stellen die Frage, warum dem für die Rechtsaufsicht über die IHK Lüneburg-Wolfsburg bzw. IHK Braunschweig zuständigen Niedersächsischen Wirtschaftsministerium die rechtswidrigen Wirtschäftspläne und damit Beitragssatzungen nicht aufgefallen sind. Ich wundere mich nicht. Es wird wohl öfter mal nicht so genau hingesehen, wie gerade Beispiele aus Niedersachsen zeigen.

So griff der Niedersächsische Landesrechnungshof die Aufwendungen für „ehrenamtliche“ Präsidenten der Ärztekammer auf (Aufsicht vermutlich durch das Gesundheitsminsterium. Da wurden „Entschädigungen für den Zeitaufwand“ gezahlt, die selbst Beamte der höheren Laufbahn neidisch machen würden:

Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2015 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung

http://www.lrh.niedersachsen.de/download/97100/Jahresbericht_2015.pdf

Jahresbericht 2017 des Niedersächsischen Landesrechnungshofs

http://www.lrh.niedersachsen.de/download/118958/Jahresbericht_2017.pdf

Wenn sie die in dem Punkt interessanten Jahresberichte nicht durchsuchen mögen, können Sie gerne auf Presseberichte zurückgreifen:

Geldverschwendung bei der Ärztekammer? http://www.haz.de/Nachrichten/Politik/Niedersachsen/Niedersachsen-Landesrechnungshof-kritisiert-Geldverschwendung-bei-der-Aerztekammer

Rechnungshof: Kritik an Bezügen der Ärztekammer-Präsidentin

https://www.abendblatt.de/region/niedersachsen/article208887797/Landesrechnungshof-kritisiert-Finanzgebaren-der-Aerztekammer.html

Ähnliche Funde machte der LRH Sachsen-Anhalt, wo die Probleme aber auch nach der Aufdeckung nicht abgestellt wurden (hier einfach nur Presseberichte):

Vergütung der Ärztekammer Warum darf sie 113.000 für ein Ehrenamt erhalten?

https://www.mz-web.de/mitteldeutschland/verguetung-der-aerztekammer-warum-darf-sie-113-000-fuer-ein-ehrenamt-erhalten--24950766

Trotz Kritik vom Rechnungshof Ärztekammer zahlt weiter hohe Summen für Ehrenämter

https://www.mz-web.de/sachsen-anhalt/trotz-kritik-vom-rechnungshof-aerztekammer-zahlt-weiter-hohe-summen-fuer-ehrenaemter-31592864

Wenn dann die hohe zeitliche Belastung ins Feld geführt wird, frage ich mich allerdings, was das mit „Ehrenamt“, wie ich der normale Bürger es versteht, noch zu tun hat.

Hin und wieder scheinen die Finanzämter auch mal zuzuschlagen, nämlich mit Umsatzsteuer, weil sie eine „Entschädigung für den Zeitaufwand“ bei der ehrenamtliche Tätigkeit nicht mehr annehmen mögen:

Kammerpräsidenten droht Umsatzsteuerpflicht

https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/politik/ehrenamt-kammerpraesidenten-droht-umsatzsteuerpflicht/

Dieser Fall ist nur deshalb so bekannt, weil sich der betroffene „Ehrenamtler“ öffentlich über die festgesetzte Umsatzsteuer beklagte. Aber man kann in der Satzung der Apothekerkammer im Internet nachlesen, dass seine Entschädigung über der höchstmöglichen Entlohnung eines angestellten Apothekers laut TV liegt. Ich nenne das voll berufliche Betätigung. Aber die Aufsichtsbehörde hat 2016 – nach Aufdeckung der vom Finanzamt vorgenommenen steuerlichen Beurteilung durch den Kammerpräsidenten selbst – auch noch den Einschub des Satzes in die Satzung durchgewunken, dass alle Vorstandmitglieder ehrenamtlich tätig seien.

Offenbar ist der Interessengegensatz zwischen  Kammer und Aufsichtsbehörde in einigen Fällen nicht besonders groß, so dass nur Dritte (z.B. der LRH) offen sagen, was wirklich ist. Das ist nachvollziehbar, weil die „Ehrenamtler“ oft hochwertige Arbeit leisten, die die Aufsichtsbehörden sonst selbst erledigen müssten, aber überhaupt nicht könnten. Und zugleich haben die Kammerangehörigen selten Jura / BWL studiert und machen dann halt Fehler, die gerne verziehen oder sogar gedeckt werden.

0

Nehme ich mal 'nen anderen Browser:

@Prof. Dr. Koss

Sie stellen die Frage, warum dem für die Rechtsaufsicht über die IHK Lüneburg-Wolfsburg bzw. IHK Braunschweig zuständigen Niedersächsischen Wirtschaftsministerium die rechtswidrigen Wirtschäftspläne und damit Beitragssatzungen nicht aufgefallen sind. Ich wundere mich nicht. Es wird wohl öfter mal nicht so genau hingesehen, wie gerade Beispiele aus Niedersachsen zeigen.

So griff der Niedersächsische Landesrechnungshof die Aufwendungen für „ehrenamtliche“ Präsidenten der Ärztekammer auf (Aufsicht vermutlich durch das Gesundheitsminsterium. Da wurden „Entschädigungen für den Zeitaufwand“ gezahlt, die selbst Beamte der höheren Laufbahn neidisch machen würden:

Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2015 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung

http://www.lrh.niedersachsen.de/download/97100/Jahresbericht_2015.pdf

Jahresbericht 2017 des Niedersächsischen Landesrechnungshofs

http://www.lrh.niedersachsen.de/download/118958/Jahresbericht_2017.pdf

Wenn sie die in dem Punkt interessanten Jahresberichte nicht durchsuchen mögen, können Sie gerne auf Presseberichte zurückgreifen:

Geldverschwendung bei der Ärztekammer? http://www.haz.de/Nachrichten/Politik/Niedersachsen/Niedersachsen-Landesrechnungshof-kritisiert-Geldverschwendung-bei-der-Aerztekammer

Rechnungshof: Kritik an Bezügen der Ärztekammer-Präsidentin

https://www.abendblatt.de/region/niedersachsen/article208887797/Landesrechnungshof-kritisiert-Finanzgebaren-der-Aerztekammer.html

Ähnliche Funde machte der LRH Sachsen-Anhalt, wo die Probleme aber auch nach der Aufdeckung nicht abgestellt wurden (hier einfach nur Presseberichte):

Vergütung der Ärztekammer Warum darf sie 113.000 für ein Ehrenamt erhalten?

https://www.mz-web.de/mitteldeutschland/verguetung-der-aerztekammer-warum-darf-sie-113-000-fuer-ein-ehrenamt-erhalten--24950766

Trotz Kritik vom Rechnungshof Ärztekammer zahlt weiter hohe Summen für Ehrenämter

https://www.mz-web.de/sachsen-anhalt/trotz-kritik-vom-rechnungshof-aerztekammer-zahlt-weiter-hohe-summen-fuer-ehrenaemter-31592864

Wenn dann die hohe zeitliche Belastung ins Feld geführt wird, frage ich mich allerdings, was das mit „Ehrenamt“, wie ich der normale Bürger es versteht, noch zu tun hat.

Hin und wieder scheinen die Finanzämter auch mal zuzuschlagen, nämlich mit Umsatzsteuer, weil sie eine „Entschädigung für den Zeitaufwand“ bei der ehrenamtliche Tätigkeit nicht mehr annehmen mögen:

Kammerpräsidenten droht Umsatzsteuerpflicht

https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/politik/ehrenamt-kammerpraesidenten-droht-umsatzsteuerpflicht/

Dieser Fall ist nur deshalb so bekannt, weil sich der betroffene „Ehrenamtler“ öffentlich über die festgesetzte Umsatzsteuer beklagte. Aber man kann in der Satzung der Apothekerkammer im Internet nachlesen, dass seine Entschädigung über der höchstmöglichen Entlohnung eines angestellten Apothekers laut TV liegt. Ich nenne das voll berufliche Betätigung. Aber die Aufsichtsbehörde hat 2016 – nach Aufdeckung der vom Finanzamt vorgenommenen steuerlichen Beurteilung durch den Kammerpräsidenten selbst – auch noch den Einschub des Satzes in die Satzung durchgewunken, dass alle Vorstandmitglieder ehrenamtlich tätig seien.

Offenbar ist der Interessengegensatz zwischen  Kammer und Aufsichtsbehörde in einigen Fällen nicht besonders groß, so dass nur Dritte offen sagen, was wirklich ist. Das ist nachvollziehbar, weil die „Ehrenamtler“ oft hochwertige Arbeit leisten, die die Aufsichtsbehörden sonst selbst erledigen müssten, aber überhaupt nicht könnten. Und zugleich haben die Kammerangehörigen selten Jura / BWL studiert und machen dann halt Fehler, die gerne verziehen oder sogar gedeckt werden.

0

@Prof. Dr. Koss

Sie stellen die Frage, warum dem für die Rechtsaufsicht über die IHK Lüneburg-Wolfsburg bzw. IHK Braunschweig zuständigen Niedersächsischen Wirtschaftsministerium die rechtswidrigen Wirtschäftspläne und damit Beitragssatzungen nicht aufgefallen sind. Ich wundere mich nicht. Es wird wohl öfter mal nicht so genau hingesehen, wie gerade Beispiele aus Niedersachsen zeigen.

So griff der Niedersächsische Landesrechnungshof die Aufwendungen für „ehrenamtliche“ Präsidenten der Ärztekammer auf (Aufsicht vermutlich durch das Gesundheitsminsterium). Da wurden „Entschädigungen für den Zeitaufwand“ gezahlt, die selbst Beamte der höheren Laufbahn neidisch machen würden, was offenbar nicht ganz dem derzeitigen Verständnis eines Ehrenamts entspricht:

Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2015 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung

http://www.lrh.niedersachsen.de/download/97100/Jahresbericht_2015.pdf

Jahresbericht 2017 des Niedersächsischen Landesrechnungshofs

http://www.lrh.niedersachsen.de/download/118958/Jahresbericht_2017.pdf

Wenn sie die in dem Punkt interessanten Jahresberichte nicht durchsuchen mögen, können Sie gerne auf Presseberichte zurückgreifen:

Geldverschwendung bei der Ärztekammer? http://www.haz.de/Nachrichten/Politik/Niedersachsen/Niedersachsen-Landesrechnungshof-kritisiert-Geldverschwendung-bei-der-Aerztekammer

Rechnungshof: Kritik an Bezügen der Ärztekammer-Präsidentin

https://www.abendblatt.de/region/niedersachsen/article208887797/Landesrechnungshof-kritisiert-Finanzgebaren-der-Aerztekammer.html

Ähnliche Funde machte der LRH Sachsen-Anhalt, wo die Probleme sogar auch nach der Aufdeckung nicht abgestellt worden sein sollen (hier einfach nur Presseberichte):

Vergütung der Ärztekammer Warum darf sie 113.000 für ein Ehrenamt erhalten?

https://www.mz-web.de/mitteldeutschland/verguetung-der-aerztekammer-warum-darf-sie-113-000-fuer-ein-ehrenamt-erhalten--24950766

Trotz Kritik vom Rechnungshof Ärztekammer zahlt weiter hohe Summen für Ehrenämter

https://www.mz-web.de/sachsen-anhalt/trotz-kritik-vom-rechnungshof-aerztekammer-zahlt-weiter-hohe-summen-fuer-ehrenaemter-31592864

Wenn dann die hohe zeitliche Belastung ins Feld geführt wird, frage ich mich erst Recht, was das mit dem Begriff „Ehrenamt“, wie ich der normale Bürger es versteht, noch zu tun hat.

Hin und wieder scheinen die Finanzämter auch mal zuzuschlagen, nämlich mit Umsatzsteuer, weil sie eine „Entschädigung für den Zeitaufwand“ bei der ehrenamtliche Tätigkeit nicht mehr annehmen mögen:

Kammerpräsidenten droht Umsatzsteuerpflicht

https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/politik/ehrenamt-kammerpraesidenten-droht-umsatzsteuerpflicht/

Dieser Fall ist deshalb bekannt geworden, weil sich der betroffene „Ehrenamtler“ über die festgesetzte Umsatzsteuer beklagte und der Fall so ins Internet geriet. Aber man kann in der Satzung der Apothekerkammer im Internet auch nachlesen, dass seine Entschädigung über der höchstmöglichen Entlohnung eines angestellten Apothekers laut TV liegt. Da darf man berufliche Betätigung in Vollzeit unterstellen. Aber die Aufsichtsbehörde hat 2016 auch noch den Einschub des Satzes in die Satzung durchgewunken, dass alle Vorstandmitglieder ehrenamtlich tätig seien, obwohl das ja erkennbar nicht stimmt.

Offenbar ist der Interessengegensatz zwischen  Kammer und Aufsichtsbehörde in einigen Fällen nicht besonders groß, so dass nur Dritte (LRH) offen sagen, was wirklich ist. Das ist nachvollziehbar, weil die „Ehrenamtler“ oft hochwertige Arbeit leisten, die die Aufsichtsbehörden sonst selbst erledigen müssten, aber überhaupt nicht könnten. Und zugleich haben die Kammerangehörigen selten Jura / BWL studiert und machen dann halt Fehler, die gerne verziehen werden.

Wie es mit der Umsatzsteuerpflicht der Ärztekammerpräsidenten steht, ist nicht bekannt.

@Dr. Bokelmann: vielen Dank für Ihre umfangreichen Hinweise auf Paralellfälle:

  • Bei der Frage der Rechtsaufsicht ist meine Einschätzung eher die der fehlenden Ressourcen, denn der mangelnden Interessensgegensätzen. Wenn ich das Organigramm des Niedersächsischen Wirtschaftsministeriums richtig interpretiere, ist die zuständige Abteilung eher schmal ausgestattet. Die Rechnungshöfe tun sich insofern leichter, weil sie sich auf einzelne Bereiche konzentrieren können und nicht fortlaufend mit evtl. zu geringen Ressourcen zu kämpfen haben.
    'Ressourcen' umfasst aber auch Ausbildung und Schulung der Rechtsaufsicht. So habe ich darauf hingewiesen, dass die Rücklagen hätten auffallen müssen. Das setzt aber voraus, dass ich mich mit Rechnungswesen auskenne, ggfs. externen Sachverstand heranziehe. Als ich mir für den Blogeintrag die Jahresabschlüsse der betroffenen IHKs angesehen habe, sind mir in jedem mehrere Punkte 'ins Auge gesprungen' sind, d.h. wären mir die Jahresabschlüsse im Rahmen einer Jahresabschlussprüfung vorgelegt worden, hätte ich auf eine Änderung gedrängt, hätte ggfs. den Bestätigungsvermerk eingeschränkt.
  • Die Vergütung der ehrenamtlich tätigen Gremienmitglieder sind zwar nicht Thema des Beitrags, aber ich habe auch da eine Meinung: ich bin für einen 'ordentlichen' Zeit- und Auslagenersatz. Denn ich halte die Selbstverwaltung für eine gute Sache. Ein Beispiel aus meiner eigenen Tätigkeit (und damit besteht die Besorgnis der Befangenheit): ich bin Mitglied im Arbeitskreis zur Rechnungslegung von Non-Profit-Unternehmen beim Institut der Wirtschaftsprüfer e.V. Wir entwickeln dort zum Beispiel Verlautbarungen für die Rechnungslegung und Prüfung von Vereinen und Stiftungen. Natürlich könnte das auch der Gesetzgeber machen - er tut es aber nicht. Ich halte es aber wichtig. Weil der zeitliche Aufwand für diese ehrenamtliche Tätigkeit durch ein Weniger an Freizeit aufgefangen werden kann, geht es ohne gesonderte Aufwandsentschädigung. Wenn ich mir aber vorstelle, ich müsste meine berufliche Tätigkeit um ein Drittel oder mehr meiner Arbeitszeit ohne Ausgleich reduzieren, dann würde ich doch mehr Zeit in der Kanzlei verbringen.
    Ich möchte sehe dann zwei Alternativen:
    (a) es gibt nur mehr hauptamtliche Hauptgeschäftsführer. Selbst wenn diese vorher im Beruf tätig waren, ihnen fehlt irgendwann einmal der Bezug zur Praxis. Ich kenne bei den Kammern viele fähige und engagierte (Haupt-)Geschäftsführer - sie sind auf das aktuelle Know-How und die Erfahrung der aktiven Berufsträger angewiesen.
    (b) wir gewähren nurmehr Spesen- und Auslagenersatz, keinen Ersatz für Zeitversäumnis. Dann werden wir nur mehr Gremienmitglieder haben, die es sich leisten können, sei es, weil sie nicht mehr aktiv tätig sind, sei es, weil sie es in der berufspraktischen Tätigkeit nicht geschafft haben.
    Daher mein Petitum: wer sich in Kammern ehrenamtlich engagiert, soll soviel Ersatz bekommen, dass er kein schlechtes Gewissen bei seiner beruflichen Tätigkeit haben muss.
  • Umsatzsteuerpflicht von Gremienmitgliedern: hier habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Aber ich schreibe mit beim Kommentar zum "Gesamten Gemeinnützigkeitsrecht" (hrsg. von Winheller/Geibel/Jachmann-Michel, Nomos-Verlag). Wenn sich in der aktuellen Auflage dazu nichts findet, werde ich anregen, diese Frage in der nächsten Auflage aufzunehmen.

Mit dieser umfassenden Antwort betrachte ich die Themenkomplexe außerhalb der Besprechungsurteile (z.B. Sinnhaftigkeit von Kammern, Einzelfälle, Vergütung von Gremienmitgliedern) als abgehandelt. Ich bitte daher nur mehr um Diskussionsbeiträge zu den Urteilen. Darüberhinaus gehende Kommentare werde ich daher sperren.

@Herr Professor Koss, hätten Sie ggf. dort etwas zu der dort geäußerten Frage (Absetzbarkeit der Raumkosten bei Home-Office und Wohnbüro etc.) beizutragen, vgl. a. heute in NJW-aktuell 4/19, S. 28?

0

Kommentar hinzufügen