LAG Düsseldorf: Keine Urlaubsansprüche während der Freistellungsphase einer Altersteilzeit

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 14.01.2019
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|5435 Aufrufe

Vor zwei Monaten ist an dieser Stelle (Blog-Beitrag vom 16.11.2018) über konträre Urteile der Arbeitsgerichte Essen und Aachen zur Frage berichtet worden, ob im Blockmodell der Altersteilzeit in der Freistellungsphase Urlaubsansprüche entstehen. Während das ArbG Essen (8.3.2018 – 1 Ca 2868/17, BeckRS 2018, 11915) der Meinung war, in der Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell entstünden keine (neuen) Urlaubsansprüche, da diese bereits aufgrund der Besonderheit der Verteilung der Arbeitszeiten im Blockmodell der Altersteilzeit während der aktiven Phase erfüllt würden, meinte das ArbG Aachen (22.03.2018 - 2 Ca 706/17, BeckRS 2018, 17879), nicht abdingbare Urlaubsansprüche entstünden auch in der Passivphase.

Jetzt ist die Berufungsentscheidung des LAG Düsseldorf (Urteil vom 13.7.2018 – 6 Sa 272/18, NZA-RR 2018, 648) zur vorinstanzlichen Entscheidung des ArbG Essen veröffentlicht worden. Das LAG bestätigt darin im Ergebnis den Standpunt des ArbG Essen. Die Freistellungsphase, so das LAG, entspreche faktisch einer „Teilzeit Null“, da keinerlei Arbeitsleistung mehr zu erbringen ist. Aus dem für Teilzeitverhältnisse bestehenden Umrechnungsgrundsatz ergäbe sich ein Urlaubsanspruch von „Null“ Tagen. Dieser Berechnung könne nicht entgegen gehalten werden, dass im ruhenden Arbeitsverhältnis Urlaubsansprüche entstehen, obwohl keine Arbeitsleistung erbracht wird. Im ruhenden Arbeitsverhältnis finde die für Teilzeitbeschäftigte geltende Umrechnungsformel lediglich deshalb keine Anwendung, weil „an sich“ eine Arbeitsverpflichtung bestehe, diese lediglich ruhe. Das sei der entscheidende Unterschied zur Altersteilzeit im Blockmodell. Während der Freistellungsphase werde die Arbeitspflicht nicht lediglich suspendiert. Sie bestehe per se nicht mehr. Einem solchen Verständnis stünden keine europarechtlichen Bedenken entgegen. Selbst im Falle einer Kurzarbeit „Null“ halte der EuGH eine Kürzung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub nach Maßgabe der Arbeitszeitverkürzung für unbedenklich (vgl. EuGH NZA 2012, 1273 – Heimann und Toltschin). Kurzarbeiter hätten zwar formell betrachtet einen Vollzeitarbeitsvertrag. Sie seien aber faktisch Teilzeitbeschäftigten vergleichbar, so dass für ihren Anspruch auf Jahresurlaub der Pro-rata-temporis-Grundsatz gelte. Das lasse sich vollumfänglich auf die Freistellungsphase in der Altersteilzeit übertragen.

Hilfsweise stellt das LAG noch auf eine Klausel im Altersteilzeitvertrags ab, in der geregelt war, dass mit der Freistellung alle Urlaubsansprüche als erfüllt gelten. Für den Fall, dass man entgegen der Auffassung der erkennenden Kammer annähme, Urlaubsansprüche würden während der Freistellungsphase entstehen, weil – wie in den Ruhensfällen – „an sich“ eine Arbeitsverpflichtung bestünde, so müsse „an sich“ auch eine Erfüllung derselben möglich sein. Die Klausel sei dann so zu verstehen, dass dem klagenden Arbeitnehmer Urlaub in dem ihm zustehenden Umfang gewährt und er im Übrigen freigestellt wird. Insoweit gälte nichts anderes als in den Fällen, in denen einvernehmlich oder einseitig eine Freistellung unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen erfolgt.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen