BVerfG zur Fristenlösung im Pflichtteilsergänzungsrecht zu Lasten von Ehegatten

von Dr. Claus-Henrik Horn, veröffentlicht am 21.01.2019
Rechtsgebiete: Erbrecht|4426 Aufrufe

Grundsätzlich lösen Schenkungen nur Pflichtteilsergänzungsansprüche aus, wenn sie maximal 10 Jahre vor dem Erbfall gewährt wurden (§ 2325 Abs. 1 BGB). Diese Frist gilt gemäß § 2325 Abs. 3 S. 3 BGB indes nicht bei Zuwendungen an Ehegatten. Das Bundesverfassungsgericht stellte in seinem Beschluss vom 26.11.2018 zwar eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG fest, rechtfertigte diese indes (Az. 1 BvR 1511/14, BeckRS 2018, 34220).

Entgegen von Schenkungen an nicht eheliche Lebensgefährten und Kinder bestehe bei Ehegatten eine „dauerhafte Erwartung der Weiternutzungsmöglichkeit“. Der schenkende Ehegatte kann mithin den Gegenstand weiter nutzen, was dem gleichen Ansatz der vom BGH geschaffenen Genusstheorie entspricht, wonach die Frist bei etwa einem Nießbrauchsvorbehalt gehemmt ist (BGH NJW 1987, 122; Wohnrechtsvorbehalt: BGH ZEV 2016, 445).

So würde der Ehegatte im Rahmen der gegenseitigen Unterhaltsverpflichtung weiterhin an den Nutzungen partizipieren. Auch sehe zumindest die Zugewinngemeinschaft eine wirtschaftliche Verflechtung der Vermögen der Ehegatten vor. So könnte dem schenkenden Ehegatten bei Beendigung der Ehe ein Zugewinnausgleichsanspruch zustehen.

Bezeichnenderweise weist das BVerfG auf die „verfassungsrechtlich geschützte grundsätzlich unentziehbare und bedarfsunabhängige wirtschaftliche Mindestbeteiligung der Kinder des Erblasser an dessen Nachlass“ hin. Insoweit würde § 2325 Abs. 3 S. 3 BGB für einen ausgewogenen Interessenausgleich sorgen.In der heutigen Zeit stellt sich die Frage, ob der Pflichtteilsanspruch von Eltern des Erblassers verfassungsrechtlich noch zu rechtfertigen ist (vgl. Burandt/Rojahn/Horn § 2303 Rn. 9). Die Familienverhältnisse bei Entstehung des Pflichtteilsrechts und damit vor 1900 waren vollkommen anders; ein überlebendes Elternteil war durchaus auf die pflegende bzw. finanzielle Unterstützung eines Kindes angewiesen. Heutzutage ist in Deutschland jeder im Hinblick auf seine Mindestbedürfnisse abgesichert. Ob der Elternpflichtteil heutzutage verfassungsrechtlich zu rechtfertigen ist, muss bezweifelt werden. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hierzu wäre wünschenswert.

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