BAG korrigiert seine Rechtsprechung: Kein Anspruch auf Erholungsurlaub während Zeiten unbezahlten Sonderurlaubs

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 22.03.2019
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|4046 Aufrufe

Das BAG korrigiert seine Rechtsprechung zum Urlaubsrecht in einem wichtigen Punkt. Zur Erinnerung: Das BAG hatte am 6.5.2014 (9 AZR 678/12, NZA 2014, 959) entschieden, dass bei der Vereinbarung unbezahlten Sonderurlaubs die Suspendierung der wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht das Entstehen gesetzlicher Urlaubsansprüche hindere. Die Entscheidung war weder zwingend unionsrechtlich gefordert, noch konnte sie wertungsmäßig überzeugen. In der Praxis ist sie auf Unverständnis gestoßen. Jobst-Hubertus Bauer brachte dies wie folgt auf den Punkt (ArbRAktuell 2014, 283): „Sonderurlaub wird regelmäßig nur auf Wunsch eines Arbeitnehmers gewährt. Die Arbeitsvertragsparteien (auch Arbeitnehmer!) wollen materiell für die Zeit des Sonderurlaubs einen arbeitsrechtlich `freien´ Zustand erreichen, was durchaus angemessen und logisch ist. Ein kleiner oder mittlerer Arbeitgeber, der sich nicht arbeitsrechtlich versiert beraten lässt, sondern nur auf seinen `gesunden Menschenverstand´ baut, fällt aus allen Wolken, wenn er dann eines Besseren belehrt wird.“

In dem jetzt entschiedenen Fall gewährte die Arbeitgeberin der seit vielen Jahren bei ihr beschäftigten Arbeitnehmerin wunschgemäß in der Zeit vom 1. September 2013 bis zum 31. August 2014 unbezahlten Sonderurlaub, der einvernehmlich bis zum 31. August 2015 verlängert wurde. Nach Beendigung des Sonderurlaubs verlangt die Arbeitnehmerin von der beklagten Arbeitgeberin, ihr den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen für das Jahr 2014 zu gewähren.

Das BAG gab in letzter Instanz der Arbeitgeberin recht. An seiner bisherigen Rechtsprechung (BAG 6.5.2014 - 9 AZR 678/12, NZA 2014, 959) halte der Senat – wie er in der Pressemitteilung ausdrücklich herausstellt nicht fest. Befinde sich ein Arbeitnehmer im Urlaubsjahr ganz oder teilweise im unbezahlten Sonderurlaub, sei bei der Berechnung der Urlaubsdauer zu berücksichtigen, dass die Arbeitsvertragsparteien ihre Hauptleistungspflichten durch die Vereinbarung von Sonderurlaub vorübergehend ausgesetzt haben. Dies führe dazu, dass einem Arbeitnehmer für ein Kalenderjahr, in dem er sich durchgehend im unbezahlten Sonderurlaub befinde, mangels einer Arbeitspflicht kein Anspruch auf Erholungsurlaub zustehe.

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