Nicht ins FAER eintragungsfähige Vorbelastungen: Verwertbarkeit zu Lasten des Betroffenen!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 18.04.2019
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|2196 Aufrufe

Darüber hatte ich mir tatsächlich bislang noch keine Gedanken gemacht: Kann man eigentlich Vorahndungen schärfend ahnden, wenn sie nur deshalb nicht im FAER auftauchen, weil sie unter der eintragungsfähigen Grenze liegen? Klar, meint das OLG Hamm. Und ich denke auch, dass das richtig ist. Meist wird dies ein Problem der Feststellung sein - eine Behörde weiß ja ohne Registererfassung eigentlich nichts von Ahndungen anderer Behörden. Große Behörden dagegen werden oftmals mehr Erkenntnisse über die in ihrem Bezirk wohnenden Betroffenen haben:

 

  

Ergänzend zur Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft ist anzumerken, dass die Verwertung der rechtskräftigen verkehrsrechtlichen Vorahndung des Betroffenen (Geldbuße von 55 Euro wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit) keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.  Das Amtsgericht hat diese Vorahndung neben anderen Umständen mit herangezogen, um von der Verhängung eines Fahrverbots nicht abzusehen. Auch wenn es sich insoweit um eine nicht in das Fahreignungsregister eintragungspflichtige Verurteilung handelt (§ 28 Abs. 3 Nr. 3 lit. a, bb StVG), hindert dies nicht die Verwertung dieser Bußgeldentscheidung im vorliegenden Verfahren zu Lasten des Betroffenen. Auch Bußgeldentscheidungen, die wegen Nichtüberschreitung der Eintragungsgrenze nicht in das Fahreignungsregister einzutragen sind, dürfen grundsätzlich zu Lasten des Betroffenen berücksichtigt werden (BayObLG NJW 1973, 1761, 1762; OLG Düsseldorf, Urt. v. 05.11.1985 – 2 Ss (OWi) 275/85 – 101/85 III). Anders als bei eintragungsfähigen Vorahndungen, für welche § 29 Abs. 7 StVG nach deren Löschung ein Verwertungsverbot vorsieht, besteht ein solches für nicht eintragungspflichtige Vorahndungen nicht. Es stellt auch keinen Wertungswiderspruch dar, Vorahndungen, die so gering ausgefallen sind, dass sie nicht eintragungsfähig sind, zu Lasten des Betroffenen zu verwerten, während dies bei eintragungsfähigen Vorahndungen nach einem bestimmten  Zeitablauf nicht mehr zulässig ist. Das Verwertungsverbot beruht auf der Überlegung, dass nach einem gewissen Zeitablauf eine Vorahndung dem Betroffenen nicht mehr vorgehalten werden soll, weil er sich bei unverlängertem Ablauf der Tilgungsfrist im Sinne der Verkehrssicherheit bewährt hat (Dauer in: Hentschel/u.a., Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 29 StVG Rdn. 20). Diese Überlegung greift hingegen bei einer Vorahndung, jedenfalls wenn sie noch nicht länger zurückliegt als die kürzeste Tilgungsfrist nach § 29 Abs. 1 StVG, nicht. Dass die hier fragliche Vorahndung noch nicht länger zurückliegt, kann der Senat dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, welche keine konkreten Daten mitteilen, angesichts von Formulierungen wie, dass diese Vorverurteilung, welche von dem erkennenden Gericht vorgenommen worden war, „zwischenzeitlich“ in der Rechtsbeschwerdeinstanz bestätigt worden sei, was eindeutig auf eine erst kürzliche Entscheidung  - noch während des laufenden Verfahrens – hindeutet, noch entnehmen.  Es kann daher dahinstehen, ob insoweit ein Verwertungsverbot analog § 29 Abs. 7 StVG nach entsprechendem Zeitablauf bestünde (so BayObLG a.a.O. m. abl. Anmerkung Ganslmayer NJW 1973, 1761). Dafür könnte allerdings sprechen, dass ansonsten tatsächlich ein Wertungswiderspruch entstünde.

 

OLG Hamm, Beschl. v. 28.2.2019 - 4 RBs 49/19

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