Untersuchungshaft-Anordnung im europäischen Vergleich – eine schwierige Sache

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 21.06.2019
Rechtsgebiete: StrafrechtKriminologieStrafverfahrensrecht58|7738 Aufrufe

Der österreichische Jura-Blogger Oliver Scheiber  verlinkte heute auf Twitter einen Artikel von Walter Hammerschick vom Wiener IRKS im Journal für Strafrecht (2019, S. 221 ff.), der sich mit der Empirie zur Anordnung der Untersuchungshaft in mehreren europäischen Ländern befasst.

Gegenstand der Twitter-Diskussion über diesen Artikel war die Aussage, wonach die Genehmigungs- bzw. Anordnungsrate der U-Haft nach entsprechendem Antrag der Staatsanwälte in Österreich 85 bis 90 % betrage, in Irland hingegen nur rund 44 %. Die Angaben beruhten auf Schätzungen von Experten, die für die europäische Studie „Untersuchungshaft als Ultima Ratio“ befragt wurden.

Da die Zahl der Untersuchungshäftlinge in Deutschland berechnet auf 100.000 Einwohner mit 14 weit geringer ist als in Österreich (24), aber in etwa so hoch wie in Irland (13), könnte man auf den Gedanken kommen, deutsche und irische Richter seien bei Haftbefehlen genauer und kritischer als österreichische.

Indes, es ist wohl anders. Zunächst muss man einmal darauf hinweisen, dass statistische Daten für diese Frage hins. Deutschland kaum zu ermitteln sind, noch weniger ist dies im europäischen Vergleich möglich. Nach Angaben von Christine Morgenstern in ihrer 2018 erschienenen, sehr empfehlenswerten, Habilitationsschrift „Die Untersuchungshaft“ werden in Deutschland (wiederum geschätzt) unter 10 % der Haftbefehlsanträge von Gerichten abgelehnt (dort S. 499), also noch weniger als (geschätzt) in Österreich. Allerdings ist das gar nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass Gerichte in Österreich wie in Deutschland einfach größtenteils „abnicken“, was die Staatsanwälte ihnen vorlegen, während die irischen Richter kritischer sind.

Vielmehr könnten ganz verschiedene Gründe eine Rolle spielen:

Erstens könnte sich in dieser Zahl widerspiegeln, inwiefern die Staatsanwaltschaften sich schon selbst (quasi die gerichtliche Entscheidung antizipierend) in ihrer Antragstellung mehr oder weniger zurückhalten.

Zweitens kommt es darauf an, welche Haftgründe das jeweilige Gesetz überhaupt vorsieht bzw. welche praktisch werden: So ist aus dem Artikel von Hammerschick zu erfahren, dass in Österreich der Haftgrund „Wiederholungsgefahr“ praktisch weit im Vordergrund steht (90 %!), während dieser in Deutschland nach § 112a StPO nur subsidiär und bei Verdacht der Begehung schwerwiegenderer Straftaten in Betracht kommt. In Irland ist zwar auch Wiederholungsgefahr als Haftgrund vorgesehen, jedoch wird der Präventionsgedanke angesichts der Unschuldsvermutung traditionell von Staatsanwälten und Gerichten nur selten in Ansatz gebracht.

Drittens könnte den Hauptunterschied zwischen Kontinent und Irland das dortige „Bail“-System bilden, welches im Grundsatz für jeden Tatverdächtigen einen Anspruch beinhaltet, unter gewissen Bedingungen bis zum Prozess freizukommen. Bail kann nur aus bestimmten Gründen verneint werden, d.h. das Regel-/Ausnahmeprinzip ist hier umgekehrt wie in den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen, und es setzt zunächst den Antrag voraus, auch wenn das Gericht voraussehbar Bail befürwortet. Das könnte den erstaunlichen Unterschied zwischen Deutschland und Irland in der Genehmigungsquote erklären. Die meisten Angeklagten werden aufgrund gerichtlichem Bail-Beschluss (meist mit Auflagen) bis zum Gerichtstermin auf freien Fuß gesetzt, während in Deutschland nur bei einem geringen Teil eine Haftverschonung (ggf. gegen Sicherheitsleistung) erfolgt. Wobei ich nicht nachvollziehbaren kann, ob die deutsche Haftverschonung in den o.a. Schätzungen der gerichtlichen Anordnungsquote überhaupt berücksichtigt wird. Hinzu kommt, dass in Deutschland und Österreich die U-Haft auch bei Einlegung von Rechtsmitteln weiter besteht, während dies in Irland nicht der Fall ist.

In den zu dieser Frage recherchierten Büchern, Artikeln und Statistiken sind mir noch viel mehr berichtenswerte Unterschiede zur Praxis der U-Haft aufgefallen und auch Ideen dazu, wie die U-Haft tatsächlich in Europa zur "ultima ratio" werden könnte.

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58 Kommentare

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Insbesondere sollte man aufhören, in Deutschland die U-Haft als ein Mittel zur Umgehung des Verbots der Aussageerpressung zu praktizieren.

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Wenigstens Herr Prof. Dr. Müller hat die Bedeutung von Statistiken erkannt für alle Vergleiche, aber gewisse "Gäste" bleiben lieber bei ihren gefühlten Zusammenhängen, ohne Korrelationen und Wahrscheinlichkeiten und Zahlen, wie sie von Statistiken geliefert werden, damit auf dem Niveau von Stammtischgeschwätz.

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gewisse "Gäste" bleiben lieber bei ihren gefühlten Zusammenhängen...

Dann lesen Sie bspw. mal hier: "Obwohl Untersuchungshaft keine Beugehaft zur Erlangung einer Aussage ist und auch nicht dazu benutzt werden darf, das Aussageverhalten des Beschuldigten zu beeinflussen, ist in der Haftpraxis eine solche unzulässige Beugehaftkonstellation zu beobachten" (S. 135 f. m. w. N.). Und das sagt nicht nur diese Dissertation, sondern die Berufserfahrung jeden Strafverteidigers, Richters und Polizeibeamten, wo die U-Haft überall offen als Druckmittel zur Sachaufklärung gilt ("U-Haft schafft Rechtskraft").

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Zum Thema Glaubwürdigkeit einer Statistik folgende Meldung aus diesen heißen Tagen zum Thema "Sonnencremes":

"Trotz aller Warnungen vor Hautkrebs blieb der Verbrauch aber überschaubar. Pro Kopf wurden zwischen Mai 2018 und Ende April 2019 58 Mio. Packungen Cremes verkauft - statistisch gesehen nicht einmal eine Packung pro Verbraucher", vgl. hier...

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Oder dieser schöne Satz auf der Seite 45, gleich am Anfang unter einer Rubrik:

II. Statistische Häufigkeit und Dunkelziffer

Es ist kaum möglich, apokryphe Haftgründe empirisch nachzuweisen. [194]

Mit den Apokryphen haben es auch die Theologen zu tun, neben den Juristen, eine fast perfekte Übereinstimmung bei der Aussagekraft beider Disziplinen hier.

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Dann erläutern Sie doch bitte wie man einen Umstand statistisch nachweist den es von Gesetzes wegen gar nicht geben darf. Der Hinweis auf die "Statistik" dient nach Karl Kraus in erster Linie der Ersetzung des Denkens - lesen Sie doch mal Haftfortdauerentscheidungen der OLG und stellen Sie dabei fest, wie abenteuerlich oftmals beispielsweise "Fluchtgefahr" angenommen wird (Klassiker beispielsweise: "...zwar ist die Erwartung einer erheblichen Freiheitsstrafe für sich genommen nicht geeignet, alleine den Haftgrund der Fluchtgefahr anzunehmen, hier ist aber anzunehmen, dass sich der Beschuldigte aufgrund seines Vermögens und der zu erwartenden Freiheitsstrafe dem Verfahren entziehen wird.")

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Wo es keine statistischen Nachweise gibt, wird nicht das (scharfe) Denken alleiniges Kriterium, was Sie suggerieren, denn dann haben auch Vorurteile, oder gedankliche Trägheiten aus alten Gewohnheiten heraus freie Bahn.

In die Köpfe von Richtern oder Staatsanwälten bei der Motivsuche für die angeordnete U-Haft kann noch niemand genau schauen, aber es könnten doch z. B. aus den statistische Erhebungen für jedes Bundesland (oder jeden Gerichtsbezirk oder jeden Haftrichter) über die Korrelationen der reine Anordnung und der Dauer der U-Haft mit  der später verhängten Strafhaft schon Folgerungen für die Verhältnismäßigkeit gemacht werden.

Aber das werden die Juristen vermutlich überhaupt nicht wollen, daß ihnen mal so auf die Finger gesehen wird.[*]

Oder kennen Sie auch entsprechende (detaillierte) Statistiken über totale Fehlurteile, von der Revision beanstandete Urteile, aufgeschlüsselt nach Bundesländer, Gerichtsbezirken, oder einzelnen Strafkammern oder Einzelrichter?

Da wiederhole ich den Satz von oben [*].

Es ist doch auch bereits längst nachgewiesen, daß z.B. die §§ 63, 64, 66 StGB in den Bundesländern ganz unterschiedlich häufig angewendet werden.

Und darüber gibt es Erhebungen, wie:

[PDF]Entwicklung und Stand der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung

www.uni-konstanz.de/rtf/kis/Heinz2014_Freiheitsentziehende_Massregeln.pdf

Das Schaubild 54 auf der Seite 86 des PDF ist doch frappierend.

Liebe Kommentatoren,

selbstverständlich gibt es Wissen / Erkenntnisse zur Anordnung der Untersuchungshaft auch jenseits der offiziellen Statistik. Apokryphe Haftgründe sind ein Faktum, auch wenn sie selbstverständlich gar nicht statistisch erfasst werden können, sondern nur durch geschickte Befragung der Praktiker oder intensives Aktenstudium oder eben solche retrospektiven Untersuchungen, wie sie zuletzt Detelef Lind (Richter am KG) im "Strafverteidiger" veröffentlicht hat: Lind: »Der Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO in der Praxis: Zur rechtsstaatlichen Überprüfung von Fluchtprognosen«, StV 2019, 118 ff.

In meinem Beitrag ging es erst einmal um den europäischen Vergleich und ich wollte aufzeigen, dass es bei verschiedenen Systemen, verschiedenen gesetzl. Einzelregelungen und versch. Traditionen ziemlich schwierig ist, solche Vergleiche anzustellen. Es gibt im Übrigen auch (von Hammerschick auch erwähnte) Hinweise darauf, dass sich die Rechtspraxis an ihren traditionellen (dann apokryph werdenden) Haftgründen auch dann orientiert, wenn diese im Gesetz nicht (mehr) zugelassen sind. So etwa wird zB die Fluchtgefahr eben viel weiter ausgelegt, wenn "Wiederholungsgefahr" als Haftgrund nicht gesetzlich zugelassen ist.

Am Ende stellt sich die Frage, an welchen Stellschrauben man drehen könnte, um die U-Haft auf das Nötigste (ultima ratio) zurückzuschrauben. Und da lohnt sich schon der Blick auf das Gesamtbild der U-Haft-Anordnungen bzw. U-Gefangenen in Europa. DE und Irland stehen etwas besser da als z.B. Österreich. Das heißt aber nicht, dass in DE alles in Ordnung ist oder der Eindruck der Strafverteidiger falsch wäre, die Gerichte prüften nicht genau genug, ob Haftgründe vorliegen oder die U-Haft diene überwiegend der "Motivierung" des Beschuldigten  zur Aussage.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Apokryphe Haftgründe sind ein Faktum ....

Die vorher genannte "Aussageerpressung" ist eine Straftat, aber deswegen ist mir keine einzige rechtskräftige Verurteilung bekannt wegen Anordnung einer U-Haft.

Kein Gericht kann aber doch auf "apokryphe" Motive oder Haftgründe setzen, ohne verlässliche Hinweise, oder Plausibilitäten, oder Gutachten zu haben.

Wenn apokryphe Motive ein Faktum sein sollen, dann hat es bestimmt auch schon Morde an Partnern aus dem apokryphen Motiv heraus gegeben, dass der Ermordete immer die Zahnpastatube nach dem Zähneputzen offengelassen hat. Rechtskräftige Verurteilungen deswegen sind mir aber auch noch nicht bekannt geworden.

Sorry, aber das ist schon sehr dünn gewesen, von einem "Faktum" da zu sprechen, bei einer reinen Mutmaßung.

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Wie schätzen Sie denn - neben der Verdunkelungsgefahr - die mögliche Zeugenbedrohung durch Tatverdächtige ein, angesichts der ca. 20 Berliner Groß-Clans, die auch gezielt so vorgehen, um den Staat mit seinen Gerichten außen vor zu halten?

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Zu den 20 Berliner Clans usw. auch noch ein paar Links für die Debatte:

https://www.berliner-zeitung.de/berlin/polizei/20-grossfamilien-in-berlin-clans-haben-die-strassen-aufgeteilt-30986292 https://www.ardmediathek.de/ard/player/Y3JpZDovL21kci5kZS9iZWl0cmFnL2Ntcy9jMmU1MTgxYS03MzNmLTQyZjMtYjAzYS02NmQxNDQyMjI4Y2Y/ https://www.ardmediathek.de/ard/player/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLWY3OTMzY2IzLWVmYmUtNDg0MC04ZWQ1LWU0Y2FiNmJmMTZkZA/arabische-grossfamilien-im-visier-der-polizei https://www.zdf.de/dokumentation/37-grad/37-im-schatten-der-clans-100.html https://www.zdf.de/dokumentation/dokumentation-sonstige/die-macht-der-clans-102.html https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2018/08/arabische-clans-kontraste-film-das-erste-sundermeyer.html

Das sind also keine Fiktionen.

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Auf einschlägigen Seiten von Rechtsanwälten wird bei einer U-Haft oft der gutsituierte Mandant vorgestellt, der nach ein paar Tagen U-Haft bald ungewaschen und unrasiert nahezu alles gesteht, nur um da schnell wieder herauszukommen.

Eine "Aussageerpressung" wird damit suggeriert. Mit solchen Klischees aber zu operieren, erinnert mich an eine Seifenoper.

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Bei der Überprüfung, ob und "an welchen Stellschrauben man drehen könnte, um die U-Haft auf das Nötigste (ultima ratio) zurückzuschrauben", dürfte sich ein Blick darauf lohnen, ob und an welchen Stellschrauben die Justizverwaltung dreht und Einfluss auf die Entscheidung des Richters nimmt. Vielleicht werden sich noch einige im Blog aus der Zeit der guten alten Schreibmaschine an die Vordrucke erinnern können, die von der Justizverwaltung in den Geschäftsgang eingeführt und ausschließlich diese benutzt wurden. Soweit ich mich daran erinnern kann, war der Vordruck zum Antrag, zur Anordnung und für die Ausstellung des (roten) Haftbefehls oben zusammen geleimt. Wenn die Kanzlei der Staatsanwaltschaft auf die Verfügung des Staatsanwalts unter der gebräuchlichen Verwendung des Vordrucks den Antrag geschrieben hatte, dann hatte sie zugleich durch geschickte Anordnung der Durchlagstellen die Anordnung des Gerichts und den Haftbefehl mit geschrieben und ausgefüllt. Der Richter brauchte nur zu unterschreiben.

Natürlich kann man einwenden, dem Richter wurde der Antrag mit seiner vorgefertigten Entscheidung urschriftlich mit Akten vorgelegt, d.h. er hatte die Möglichkeit zu überprüfen, was er da unterschreibt. Aber die Vorstellung ist nicht lebensfremd, dass Richter bei dieser "Arbeitserleichterung" dazu neigen, blind zu unterschreiben.

Wenn im digitalen Zeitalter die Schreibmaschinen aus den Kanzleien der Justiz auch verschwunden sind und mit ihnen die Vordrucke - in körperlicher Form. Heute stellt die Justizverwaltung über die Software Vordrucke bereit - in digitaler Form. Wer, wem und was mit ausfüllt ist damit nicht so leicht überprüfbar und von außen erkennbar, wie das früher der Fall war.

Ich hatte schon lange keine Strafakte mit Anordnung der U-Haft in der Hand gehabt, deswegen kann ich nicht sagen, ob der frühere Brauch auch noch heute beibehalten wird, dass der Staatsanwalt mit seinem Antrag die Entscheidung des Richters mit schreibt und dieser sie nur unterschreiben muss. Aber ich kann mir das auch heute durchaus gut vorstellen. Denn die Justizverwaltung ändert nicht so schnell etwas an Modalitäten des Geschäftsgangs, die sich - aus ihrer Sicht - so lange gut bewährt haben.

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 Nachdem eine Dissertation hier per Link eingeführt wurde, die bereits im Titel auf "apokryphe Haftgründe" abstellt, erscheint es mir schon legitim zu sein, die auch hier mal genauer zu beleuchten. Leider sind im Link nicht alle Seiten lesbar, aber im lesbaren Teil wird ausgeführt, Tatbestände der Rechtsbeugung und der Aussageerpressung könnten also verwirklicht worden sein bei den sog. "apokryphen Haftgründen". Da frage ich, wann stellen Rechtsanwälte nun endlich einmal Strafanzeigen und betreiben ein Klageerzwingungsverfahren, das ja auch hier im Blog schon ausgiebigst diskutiert wurde und wird.Doch jetzt kommt eine ganz große Merkwürdigkeit meines Erachtens: Meine Links zu den "Berliner Verhältnisse" haben noch kein erkennbares Echo hier gefunden, dabei müssten doch bei jedem Strafrechtler die Alarmglocken läuten, wenn Zeugen sich nicht mehr trauen, Aussagen zu machen, weil sie sonst um Leib und Leben fürchten müssen. Ist es nur die Furcht von Juristen aus einem Elfenbeinturm hier, so frage ich, dass eine Diskussion darüber Wasser auf solche Mühlen sein könnte, die man nicht so gerne mag?Dann allerdings sehe ich  Befürchtungen vor einem drohenden Justizversagen, mit zunehmender Selbstjustiz und mit dem sog. "Friedensrichter", der alles schnell innerhalb des Clans regelt, als berechtigt an. Auch das Gewaltmonopol verliert dann der Staat immer mehr. Der staatliche Strafanspruch wird doch durch die Strafgerichtsbarkeit verwirklicht.Der europäische Haftbefehl ist schon  ein Flop für deutsche Staatsanwälte geworden, ohne U-Haft kommt m.E. eine weitere Erosion hinzu.

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Sie schreiben: "Leider sind im Link nicht alle Seiten lesbar, aber im lesbaren Teil wird ausgeführt, Tatbestände der Rechtsbeugung und der Aussageerpressung könnten also verwirklicht worden sein bei den sog. "apokryphen Haftgründen". Da frage ich, wann stellen Rechtsanwälte nun endlich einmal Strafanzeigen und betreiben ein Klageerzwingungsverfahren, das ja auch hier im Blog schon ausgiebigst diskutiert wurde und wird." Dem schließe ich mich an. 

Doch jetzt kommt eine ganz große Merkwürdigkeit meines Erachtens: Meine Links zu den "Berliner Verhältnisse" haben noch kein erkennbares Echo hier gefunden, dabei müssten doch bei jedem Strafrechtler die Alarmglocken läuten, wenn Zeugen sich nicht mehr trauen, Aussagen zu machen, weil sie sonst um Leib und Leben fürchten müssen.

Wenn solche Zeugenbeeinflussung vorliegt, ist die Berechtigung eines Haftbefehls wg. Verdunkelungsgefahr in jeder Hinsicht - ganz unapokryph - berechtigt. Was soll das mit den "apokryphen Haftgründen" zu tun haben?

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Bei den "apokryphen Haftgründen" werden diese Gründe lediglich als mögliche Gefahr genannt, damit Verdunkelung faktisch jedoch in Frage gestellt. Aber auch die Verdunkelung ist eine Gefahr.

Was ist also die größere Gefahr dabei, was hat die größere Plausibilität für sich, ein Frage also von quantitativen Zahlengrößen.

Übrigens gehe ich davon aus, dass meine Links auch so noch von Juristen alle durch Kopieren und Direkteingabe in das Fenster des Browser aufgerufen und gelesen werden können.

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Wer doch weiss, dass früher bereits Zeugen erhebliche "Nachteile" von Aussagen in einer HV bei einer Clan-Straftat hatten, der ist bedroht und gewarnt.

Das wirkt i.d.R. bereits genug.

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Sehr geehrter Gast,

ich habe Ihre Links mal vorerst stehen lassen, obwohl ich nicht erkennen kann, wie diese mit meinem Beitrag oder der Diskussion zum Thema zusammenhängen, außer, dass gelegentlich auch Clanmitglieder in U-Haft zu nehmen sind. Eine allgemeine Diskussion zum Thema "Clans" (das im Übrigen schon an anderer Stelle hier im Blog diskutiert wird) ist an dieser Stelle nicht erwünscht. Der Beck-Blog ist auch keine Sammelstelle für "interessante Links, die meiner Ansicht nach auch irgendwie etwas damit zu tun haben". Dafür sind Plattformen wie Twitter und facebook besser geeignet. Zur Frage der Untersuchungshaft und zu den Haftgründen, zum internationalen Vergleich etc. dürfen Sie heir gern diskutieren.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Wenn das Vertrauen von weiten Teilen der Bevölkerung in die Kraft der staatlichen Justiz schwindet, die Kriminalität auch effektiv zu bekämpfen, dann schwindet auch das Vertauen in die Kraft der Demokratie in der weiteren Folge.

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Richter werden das aber kaum explizit so ausdrücken oder auch nur andeuten, denn dann kommt doch gleich ein Antrag auf Befangenheit.

Das Strafrecht hat doch die Individual- und General-Prävention über die Haftstrafe (Strafhaft) implementiert bei jeder schweren Delinquenz.

Diese Prävention über eine Haft dient dann auch noch der Kriminalitätsbekämpfung, das muss doch auch jedem Richter noch klar und auch immer bewusst sein. Die U-Haft soll das Strafverfahren sichern.

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Das Lustige ist ja, dass immer wieder gerne die "apokryphen Haftgründe" behauptet werden, gleichzeitig aber mit Bedauern eingeräumt wird, keinen konkreten selbst erlebten Beispielsfall, geschweige denn belegte sonstige Fälle oder eine irgendwie geartete Dunkelziffer nennen zu können. Von daher sind die apokryphen Haftgründe eine Art Krampus der Strafrechtsliteratur: eine Schreckgestalt, furchterregend grob und rechtsstaatswidrig, nur hat sie bisher niemand gesehen, man muss aber glauben, dass es sie gibt.

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Sie haben wieder einmal schlicht und einfach keine Ahnung, salbadern aber drauf los, was das Zeug hält! Wenn man keine Ahnung hat, sollte man (gelinde gesagt) bescheiden zurückhalten (Dieter Nuhr und Ekel Alfred formulieren diese Fälle bekanntlich etwas aussagekräftiger). Ein anschauliches Beispiel für einen apokryphen Haftgrund vgl. übrigens hier.

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"Sie haben wieder einmal keine Ahnung" ist sehr lustig,da hier diverse Leute als "Gast" posten, mein von Ihnen kommentierter Beitrag ist aber der einzige von mir stammende in diesem thread.

Und der SZ-Artikel soll jetzt was belegen? Weil die SZ etwas von fadenscheinig kritzelt, ist dasalso ein belegter apokrypher Haftgrund?  Dann ist das ja simpel: der vom Großunternehmen bezahlte Litigation-PR_Anwalt steckt der Presse ein paar Unterlagen und weist darauf hin, wie falsch die Haftanordnung ist,und schonist der apokryphe Haftgrund bewiesen.

Brilliant,dann lassen wir doch Zeitungen darüber entscheiden, ob die UHaft zu Recht angordnet ist und nicht die OLGs oder das BVerfG

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Die Unschuldsvermutung muss doch auch für alle Justizangehörige gelten, die wegen sog. "apokrypher Haftgründe" an den öffentlichen Pranger gestellt werden. Oder gilt in einem Rechtsstaat das nicht mehr?

Zeitungsartikel sind da keine echten Beweise, auch wenn sie den Anschein erwecken.

Den Korpsgeist innerhalb der Justiz würde ich aber auch nicht negieren wollen.

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Ich will niemandem zu nahe treten, oder seine Leistungen schmälern. Eine Dissertation ist doch m.W. eine wissenschaftliche Arbeit, die auch noch etwas Neues zu bringen hat in ihrem Fachgebiet, und da sehe ich keine (validen) Zahlen in der verlinkten Dissertation, die sich z.B. aus anonym ausgewerteten Fragebögen, verschickt unter den "Protagonisten", doch leicht ergeben hätten. Und wenn weiter damit operiert wird, kommt auch nichts Neues (und Valides) mehr heraus.

Zum Thema der Beeinflussung der Arbeit von Richtern und Staatsanwälten durch die Presse (Medien allgemein) gibt es solche Auswertungen mit Zahlenangaben, offensichtlich auch ohne daraus gleich eine Dissertation gemacht zu haben.

Siehe hier:

"Untersuchung 2018"

("An dieser Befragung nahmen 415 Richter und 165 Staatsanwälte in Deutschland teil.")

"Untersuchung 2009"

("bei 447 Richtern und 271 Staatsanwälten in Deutschland")

Quelle mit weiteren Einzelhinweisen ist: https://de.wikipedia.org/wiki/Litigation-PR

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Jetzt hat Ihnen Herr Prof. Müller gerade vor einigen Tagen dargelegt, dass Sie schlimm auf dem Holzweg sind und jetzt fangen Sie schon wieder an. Es gibt Wissen / Erkenntnisse zur Anordnung der Untersuchungshaft auch jenseits der offiziellen Statistik. Apokryphe Haftgründe sind ein Faktum, auch wenn sie selbstverständlich gar nicht statistisch erfasst werden können..., vgl. hier.  Wir betreiben hier keine zahlengeile Statistik, sondern eine traditionelle Geisteswissenschaft!

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Diese Dissertation stammt nicht von Herrn Prof. Dr. Müller. Einen Sekundanten bedarf er daher nicht.

Er allerdings hatte sich auf diese Dissertation berufen, die allgemein bekannte und anerkannte Methoden nicht angewendet hatte. Die befragten Staatsanwälte und Richter gaben doch dem Prof. Dr. Kepplinger bereitwillig Auskünfte, also hätten sie vermutlich auch dem Doktoranden ebenso bereitwillig zu ihren Motiven für angeordnetet U-Haft geantwortet, um dem Phantom der sog. "apokryphren" Haftgründe mal auf die Spur zu kommen.

Der Versuch einer Begründung der Existenz dieser "apokryphren" Haftgründe erfolgte mit diesem Zitat:

Apokryphe Haftgründe sind ein Faktum, auch wenn sie selbstverständlich gar nicht statistisch erfasst werden können, sondern nur durch geschickte Befragung der Praktiker oder intensives Aktenstudium oder eben solche retrospektiven Untersuchungen, wie sie zuletzt Detelef Lind (Richter am KG) im "Strafverteidiger" veröffentlicht hat:

Das ist aber ein Widerspruch in sich selbst (contradictio in adiecto), denn selbstverständlich liessen sich diese sog. apokryphen Haftgründe, falls vorhanden, auch statistisch erfassen. Die Methode dafür hat Herr Prof. Dr. Kleppinger ja exemplarisch vorgeführt. Alles andere sind dann aber lediglich leere Behauptungen bzw. reine Mutmaßungen.

Da wir hier ja nicht bei Facebook oder Twitter sind, wie mir von gleicher Stelle auch gesagt wurde, halte ich es auch nicht für eine Ignoranz, auf diesen Widerspruch in sich in aller Deutlichkeit auch hier dann mal hinzuweisen.

Beste Grüße

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Einer der Verfasser der Studien mit quantitativen Auswertungen ist Hans Mathias Kepplinger, ein emeritierter Mainzer Professor übrigens, der sich nicht hinter Ausreden verstecken muss.

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Unabhängig von den apokryphen Haftgründen ist doch auch die niedrigschwellige Annahme der normierten Haftgründe ein ernstes Problem. Das BVerfG hebt mit einiger Regelmäßigkeit Haftfortdauerentscheidungen wegen mangelnder Begründungstiefe auf. Im Beschluss vom 25. Juni 2018 (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/06/rk20180625_2bvr063118.html) beispielsweise liest sich die "Begründung" des OLG so:

Gegen den Angeschuldigten besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Es ist zwar richtig, dass die Straferwartung alleine die Fluchtgefahr nicht zu begründen vermag. Doch ist, je größer die Straferwartung ist, desto weniger Gewicht auf weitere Umstände zu legen. Davon ist vorliegend auszugehen, nachdem der Tatbestand der Geiselnahme mit einer Mindeststrafe von 5 Jahren bedroht ist. Bei dieser besonders hohen Straferwartung ist daher nur noch zu prüfen, ob Umstände vorhanden sind, die die hieraus herzuleitende Fluchtgefahr ausräumen können. Davon ist vorliegend trotz des Betreibens einer Zahnarztpraxis, derzeit noch durch einen Vertreter, des festen Wohnsitzes und der sozialen Bindungen zu den Eltern und zur Freundin in Regensburg jedoch nicht auszugehen. Der Beschwerdeführer kann seinen Beruf auch jederzeit im Ausland ausüben und dürfte auch über ausreichend Geld zur Finanzierung einer Flucht verfügen. Es steht daher zu befürchten, dass sich der Angeschuldigte absetzt, um sich dem weiteren Verfahren zu entziehen, wenn er auf freien Fuß käme.

Des Weiteren liegt gegen den Angeschuldigten auch der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 3 b StPO) vor. Er hat nämlich dem Geschädigten B. T. mit Umbringen gedroht, falls er wieder nach München käme oder zur Polizei gehen würde. Damit besteht die Gefahr, dass die Aufklärung des Sachverhalts ohne Vollzug der Untersuchungshaft erschwert würde.

Der Senat hat den grundsätzlichen Freiheitsanspruch des Beschwerdeführers mit den aufgrund der Strafverfolgung gebotenen Freiheitsbeschränkungen abgewogen. Weniger einschneidende Maßnahmen nach § 116 StPO kommen bei einer Gesamtschau und Würdigung der bereits erwähnten Umstände, insbesondere der Brutalität des Vorgehens bei der Realisierung des Verbrechens, sowie des Vorliegens gleich zweier Haftgründe, nicht in Betracht, da es an der hierfür erforderlichen Vertrauensbasis fehlt. Anders als durch den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft lässt sich der staatliche Strafanspruch nicht sichern.

In Anbetracht der erst seit 18.12.2017 andauernden Untersuchungshaft ist deren Fortdauer auch verhältnismäßig.

Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof teilt dem BVerfG seine Auffassung mit, die Verfassungsbeschwerde könne keinen Erfolg haben. Die - ohnehin unsubstantiierte und damit unzulässige - Verfassungsbeschwerde sei jedenfalls unbegründet. Weder die Annahme von Flucht- noch von Verdunkelungsgefahr erweise sich als willkürlich.

Und das BVerfG hebt - nach mehr als sechs Monaten Untersuchungshaft - die Beschlüsse auf weil die "Erwägungen des Oberlandesgerichts zu den Haftgründen der Flucht- und Verdunkelungsgefahr sowie zur Verhältnismäßigkeit der Haft abstrakt gehalten sind, den Umständen des Einzelfalles nicht angemessen Rechnung tragen, zudem lückenhaft und insgesamt nicht hinreichend nachvollziehbar sind.

Entlastende Umstände? "Gegen eine Flucht sprechende Umstände werden nicht erörtert". Konkrete Feststellungen zu Erfahrungen oder Kontakten des Beschwerdeführers, die ein Leben im Ausland „auf der Flucht“ ermöglichen könnten? "Sind ebensowenig getroffen wie zu seinen nach der Auffassung des Oberlandesgerichts eine solche Flucht ermöglichenden finanziellen Ressourcen." Fazit: Die in der angegriffenen Entscheidung aufgezeigte Möglichkeit einer zahnärztlichen Tätigkeit „im Ausland“ bleibt rein spekulativ.

Auch der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr ist nicht besser begründet: "Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer beabsichtigt hat, die Aufklärung der Tat unlauter zu verhindern oder zu erschweren, hat das Oberlandesgericht in seiner angegriffenen Entscheidung nicht benannt. Darüber hinaus ist nicht dargetan, dass etwaige Verdunkelungshandlungen angesichts des in dem hier maßgeblichen Zeitraum der Untersuchungshaft bereits fortgeschrittenen Ermittlungsstadiums überhaupt noch erfolgversprechend hätten sein können."

Insofern braucht man gar nicht nach apokryphen Haftgründen suchen, wenn schon die Anwendung der normierten Haftgründe so deutlich hinter den Erfordernissen zurückbleibt.

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Insofern braucht man gar nicht nach apokryphen Haftgründen suchen, wenn schon die Anwendung der normierten Haftgründe so deutlich hinter den Erfordernissen zurückbleibt.

Es ist gerade ein Indiz für apokryphe Haftgründe (also die tatsächlichen Motive der Inhaftierung), wenn die Tatsachen nicht ausreichen, um einen gesetzlichen Haftgrund sauber zu begründen. Ich gehe davon aus, dass ein/e Richter-in, wenn es hinreichende Anhaltspunkte entw. für Flucht- oder Verdunklungsgefahr gibt,  diese dann auch im Beschluss benennen kann. Da ich aber nicht davon ausgehe, dass ein Richter jemanden völlig ohne Grund inhaftiert, stecken dahinter meist andere (aber gesetzlich nicht normierte) Motive. Genau das sind eben apokryphe Haftgründe, deren Existenz durchaus auch mal von den Protagonisten eingeräumt wird, wenn man sie anonym befragt.

Im Jugendstrafrecht ist es z. B. verbreitete Praxis, einen jugendlichen Intensivtäter zu inhaftieren, mit der (erzieherisch durchaus manchmal treffenden) intern bleibenden, aber apokryphen Begründung, man müsse diesen aus "der Szene" rausholen, oder auch, bei einem Drogenabhängigen, man müsse ihm Therapieanreiz geben. Das erfordert alles keine besondere Spekulation und ist auch meist nicht bösartig gemeint seitens der Richter-innen.

Wer in Revision geht, wie der Täter Sanel M. im Todesfall von Tuğçe Albayrak, der verbleibt in U-Haft bis zum rechtskräftigen Urteil, ohne die Hilfen der Jugendhaft schon früher zu erhalten.

So sind die gesetzlichen Bestimmungen eben, die Sanels Anwälte aber kannten.

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Bei jugendlichen Intensivtätern ist das mit der Uhaft wegen 72 JGG nicht so einfach. Gibt es belastbare Zahlen zu der "verbreiteten Praxis"?

GIbt es belastbare Zahlen zu den "Protagonisten", die die apokrphen HGaftgründe eingeräumt haben sollen? Umfragen bei Ermittlungs- und Jugendrichtern?

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Ich habe ja gerade schon eine Antwort gegeben und auch hier ist dieser Fehlschluss enthalten.

Wenn die normierten Haftgründe nicht sauber und ausreichend begründet wurden, ist das ein Mangel in der Begründung, aber kein Beweis für die Existenz "apokrypher" Haftgründe.

Eigentlich eine logische Selbstverständlichkeit, wie ja zum Beispiel auch eine mangelhafte Begründung im Urteil eines Gerichts für eine Sicherungsverwahrung in einem Einzelfall noch kein Beweis dafür wäre, dass Sicherungsverwahrung überhaupt nicht in Frage für diesen Einzelfall käme.

Solche Fehler aus dem Bereich der Logik werden leider eben manchmal gemacht.

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Ich muss wohl nicht extra mehr erwähnen, dass bei einer Fragebogenaktion für eine statistische Erfassung die statistischen Kriterienen der Stichprobengröße, der Signifikanz, der Repräsentativität usw. zu beachten sind.

Auch Angaben zur Rücklaufquote gehören dazu, aber es können auch spezielle Fragen eingebaut werden zur Kontrolle der Glaubwürdigkeit von Angaben, sogenannte Kontrollfragen.

Dass ein Experte für Statistik da auch die einschlägigen Tricks kennt, wie mit Statistiken gefälscht werden kann, setze ich voraus, das alleine ist aber zu wenig, um immer noch weiter im Nebel der Mutmaßungen nach den sog. "apokryphen" Haftgründen als Jurist zu stochern.

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Der Fall Johannes Feldmayer von Siemens kann also als belegt gewertet werden für einen bisher mit hoher Wahrscheinlichkeit gesicherten "apokryphen Haftgrund", auch ohne Strafanzeige des Betroffenen.

(Übrigens sind Vorwürfe der Art: "Sie haben wieder einmal schlicht und einfach keine Ahnung, salbadern aber drauf los, was das Zeug hält! Wenn man keine Ahnung hat, sollte man (gelinde gesagt) bescheiden zurückhalten ..." von einem anonymen, unidentifizierbaren "Gast" an einen anderen, auch anonymen "Gast" besonders lustig!)

Aber nun haben wir doch eine prominentes Beispiel, gerade in den "heute-Nachrichten" des ZDF um 19 Uhr gebracht: Der Tatverdächtige Stephan E. im Mordfall Lübcke hat nach 10 Tagen U-Haft ein Geständnis abgelegt im Kasseler Polizeipräsidium, das sich im Grünen Weg befindet. U-Haft hat also offenbar durchaus eine Wirkung, der Verdacht auf eine Aussageerpressung wurde bisher jedenfalls nicht geäussert.

Aber dieses erste Geständnis ist vielleicht nur ein Anfang.

(Das Kasseler Polizeipräsidium kenne ich selber auch von innen und auch den KHK Faber, damals in 2008 stv. Leiter der Mordkommission, den ich hiermit auch herzlich grüsse. Der hatte nach meinem Besuch auch eine Aktennotiz gefertigt mit einem Az. und danach einen Anruf getätigt, und danach wurde es aber richtig lustig. Dies Story erzähle ich hier aber (noch) nicht.)

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Aber nun haben wir doch eine prominentes Beispiel, gerade in den "heute-Nachrichten" des ZDF um 19 Uhr gebracht: Der Tatverdächtige Stephan E. im Mordfall Lübcke hat nach 10 Tagen U-Haft ein Geständnis abgelegt im Kasseler Polizeipräsidium, das sich im Grünen Weg befindet. U-Haft hat also offenbar durchaus eine Wirkung, der Verdacht auf eine Aussageerpressung wurde bisher jedenfalls nicht geäussert.

Was reden Sie nur für einen himmelschreienden Unsinn!

Das Kasseler Polizeipräsidium kenne ich selber auch von innen und auch den KHK Faber, damals in 2008 stv. Leiter der Mordkommission, den ich hiermit auch herzlich grüsse. Der hatte nach meinem Besuch auch eine Aktennotiz gefertigt mit einem Az. und danach einen Anruf getätigt, und danach wurde es aber richtig lustig. Dies Story erzähle ich hier aber (noch) nicht.

Was reden Sie nur für einen himmelschreienden Unsinn!

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Da bei Mord eine Untersuchungshaft auch nach gesetzlicher Regelung Standard ist (§ 112 Abs.3 StPO) und der Tatverdächtige sicherlich nicht aus der Haft entlassen wird, wenn er ein Geständnis abgelegt hat, ist dies kein Beispiel für einen apokryphen Haftgrund.

 

Dieser "himmelschreienden Unsinn" enstpricht aber genau und nachprüfbar der Faktenlage, auch wenn ein anonymer "Gast" das nicht glauben sollte!

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Wenn der "Gast" es verlangt, schicke ich ihm an seine Email-Adresse das genaue Datum und auch die Uhrzeit des Besuchs und das Az. des Aktenvermerks und so weiter .......

Das Ganze wurde eine echte Justizposse.

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Vorab: Die Diskussion würde sich sehr viel besser lesen lassen, wenn die verschiedenen "Gäste" sich wenigstens jeweils mit einem eigenen Pseudonym äußern würden (meinetwegen "Gast1" oder so). Soweit ein Gast meinte, ich äußere mich widersprüchlich, wenn ich behaupte, apokryphe Haftgründe ließen sich nicht statistisch erfassen, andererseits aber empirische Untersuchnugen bestehen, die apokryphe Haftgründe erfassen, muss ich antworten, dass dies auf einem methodischen Fehlverständnis beruht:

1. Die offiziellen Strafverfolgungsstatistiken können zwar die jeweilige Anzahl von Haftbefehlen und (theoretisch) ihre gesetzliche Begründung erfassen, aber eben nicht apokryphe Haftgründe. Dasselbe gilt für die PKS, eine polizeiliche Erfassung der angezeigten Delikte. Was nicht angezeigt oder der Polizei sonst bekannt wird, wird dort nicht statistisch erfasst.

2. Natürlich kann man aber im Dunkelfeld forschen und dort sowohl qualitativ als auch quantitativ ermitteln, ob es für die Praktiker "wahre" Haftgründe jenseits der gesetzlcihen Bestimmungen gibt. Erfolgt eine solche Untersuchung quantitativ, dann werden die Ergebnisse etwa einer Befragung oder Aktenuntersuchung auch "statistisch" ausgewertet. Dasselbe gilt für Untersuchungen im Dunkelfeld der Kriminalität: Hier werden Personen etwa nach ihrer Viktimisierung oder ihrer Straftatbegehung befragt und die Ergebnisse werden statistisch ausgewertet. Das ist aber keine "Statistik" im oben gemeinten Sinn.

3. In der Kriminologie (und auch sonst) ist es aber natürlich ein himmelweiter Unterschied, ob etwas "statistisch" erfasst wird (zB in der PKS oder in der Starfverfolgungsstatistik, der Bewährungshilfestatistik und sonstigen behördlichen Statistiken) oder ob ein Forscher seine erhobenen Daten statistisch auswertet.

4. Dass es es apokryphe Haftgründe gibt, also Praktiker manchmal unabhängig von den gesetzlichen Haftgründen "eigentliche" Motive haben, jemanden in Haft zu nehmen,  ist genau so ein Faktum wie dass es ein Dunkelfeld der Kriminalität gibt. Wie oft und welche Motive das genau sind, ist indes offen und unterliegt auch regionalen und historischen Dynamiken.  Das versucht man mit qualitativer und quantitativer Forschung zu ermitteln.

 

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