Fallstricke des elektronischen Rechtsverkehrs - beA und die Urlaubsvertretung

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 22.07.2019
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht1|2851 Aufrufe

Auch in der jetzt anstehenden Urlaubszeit geht der Rechtsverkehr weiter. Dabei zeigt sich, dass die Umstellung auf den elektronischen Rechtsverkehr für alle Beteiligten in der Anpassungsphase in zu Problemen führen kann, wie z. B. bei der (Urlaubs-)Vertretung eines Rechtsanwalts. Das Arbeitsgericht Lübeck (Verfügung vom 19. Juni 2019 – 6 Ca 679/19 ) hat in diesem Zusammenhang einen Hinweis publiziert, der auf einen möglichen Fehler aufmerksam macht:

Der Beklagtenvertreter bereitete, auf die vom Gericht gesetzte Schriftsatzfrist hin, einen Schriftsatz vor. Dieser endete aufgrund der Abwesenheit des Rechtsanwalts mit: „… (in seiner Abwesenheit unterzeichnet von B, Rechtsanwältin)“. Der Schriftsatz wurde sodann über den beA-Zugang des vertretenen Rechtsanwalts mittels dessen PIN– also nicht über eine Mitarbeiter-Karte – ohne qualifizierte Signatur von der vertretenden Rechtsanwältin an das Gericht übersandt.

Eine zulässige elektronische Übermittlung von Schriftsätzen kann gemäß § 46 c Absatz 3 Arbeitsgerichtsgesetz (entspricht § 130 a Absatz 3 Zivilprozessordnung) im Arbeitsgerichts- und Zivilprozess über eine qualifizierte Signatur oder über einen sicheren Übermittlungsweg (unter anderem beA für Rechtsanwälte mit deren beA-Karte) und einfacher Signatur (bloße Namenswiedergabe) erfolgen. Im Fall vor dem Arbeitsgericht krankte die Übersendung schon daran, dass keine Identität zwischen dem Übersender (beA-Account des Vertretenen) und der einfach Signierenden (Vertreterin) bestand. Gravierender ist allerdings die Weitergabe der persönlichen beA-Karte des Rechtsanwalts samt PIN an eine andere Person. Für die Unzulässigkeit dieser Vorgehensweise und damit einhergehend für die Unwirksamkeit des gerichtlichen Eingangs eines auf diese Weise elektronisch übermittelten Schriftsatzes sprechen nach Auffassung des Arbeitsgerichts Lübeck Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung – Sicherstellung der Identität des Einreichenden -, die Gesetzesentwurfsbegründung und die Pflichten des Rechtsanwalts aus der Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer. Danach darf das Recht, nicht qualifiziert elektronisch signierte Dokumente überbeA zu versenden, nicht auf Dritte übertragen werden. Überdies ist die dem Zertifikat zugehörige PIN geheim zu halten.

Die über den einzelnen Schriftsatz hinausgehende Konsequenz eines solchen Vorgehens ist nach Auffassung des Arbeitsgerichts Lübeck erheblich: Zumindest bis zur Änderung der PIN ist der betroffene Rechtsanwalt wegen Kompromittierung seiner Karte nicht in der Lage, über seinen beA-Zugang auf sicherem Übermittlungsweg wirksam Schriftsätze einzureichen.

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1 Kommentar

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Die "Sicherheit" führt zu erheblichen Problemen. Ich werde wohl nie begreifen, warum man nicht einfach die normale Email zugelassen hat. Die ist nicht mehr oder weniger als der normale Schriftsatz auch der Fälschung zugänglich. Aber in Deutschland muss man halt alles "besser" machen.

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