Schulwahl – nach BVerfG entscheidet VGH Hessen erneut

von Sibylle Schwarz, veröffentlicht am 10.09.2019
Rechtsgebiete: Bildungsrecht3|10568 Aufrufe

+++ aktualisiert Januar 2021 +++ Eine Verfassungsbeschwerde aus März 2019 (BVerfG, Beschluss vom 12. März 2019 – 1 BvR 2721/16) betraf verwaltungsgerichtliche Entscheidungen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes über die Aufnahme in eine bestimmte weiterführende Schule ab Klasse 5 (Schulwahl). Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH Hessen) aus 2016 wurde aufgehoben und die Sache an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen,

der mit Beschluss vom 29. August 2019 entschieden hat (7 B 2371/16). Dieser Beschluss wurde abermals durch eine (nunmehr 2.) Verfassungsbeschwerde aus Mai 2020 aufgeboben. 

Fortsetzung des Blog Beitrags Schulwahl: Kommen bessere Rechtsschutzmöglichkeiten zur Schulplatzvergabe? und Aktualisierung

 

Aktualisierung am 20. Januar 2021

 

Worum wird über Jahre gestritten?

Es geht um verwaltungsgerichtliche Entscheidungen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes über die Aufnahme in eine bestimmte weiterführende Schule ab Klasse 5. Schulwahl.

Die gewünschte Schule, ein Gymnasium in Frankfurt, lehnte die Aufnahme einer Schülerin = der Antragstellerin mit Bescheid vom 31. Mai 2016 ab. Und zwar die Aufnahme in eine 5. Klasse eines Gymnasiums nach den Sommerferien 2016 (Schuljahr 2016/2017).

 

Übersicht Verfahrensgang 2016 bis 2020

Hiergegen wurde Widerspruch bei Schule/Schulamt erhoben, sodann parallel um Eilrechtsschutz beim Verwaltungsgericht Frankfurt nachgesucht, nach dessen Ablehnung Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof als 2. Instanz erhoben und nach erneuter Ablehnung schließlich das Bundesverfassungsgericht angerufen.

 

Runde 1 – Jahr 2019

Die Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 12. März 2019 (1 BvR 2721/16) hob den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichthofs vom 29. September 2016 (7 B 2371/16) auf und wies die Sache an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurück. Damit wird der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Oktober 2016 (7 B 2576/16.R) gegenstandslos.

Daraufhin entschied der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 29. August 2019 (7 B 2371/16).

 

Runde 2 – Jahr 2020

Zum zweiten Male wurde das Bundesverfassungsgericht in der Sache angerufen.

Den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs aus August 2019 hob die weitere (nunmehr zweite) Verfassungsbeschwerde aus Mai 2020 auch auf, Beschluss des Bundesverfassungsreichts vom 6. Mai 2020 (1 BvR 2757/19).

Die Sache lag erneut beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof.

 

Auf Nachfrage in der Pressestelle des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs im Januar 2021 teilte diese mit:

Die gewünschte Schule hat der Antragstellerin den gewünschten Platz angeboten. Aus beim Gericht nicht näher bekannten Umständen hat die Antragstellerin allerdings das Angebot der Schule nicht angenommen.

Die Beteiligten gaben übereinstimmende Erledigungserklärungen ab. Das Beschwerdeverfahren wurde durch Beschluss vom 07. September 2020 - 8 B 1692/20 - vom Senat eingestellt.

 

Runde 1 – Jahr 2019

Bundesverfassungsgericht März 2019

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde 1 BvR 2721/16 der Minderjährigen W…, gesetzlich vertreten durch die Eltern …, hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts am 12. März 2019 einstimmig beschlossen:

„1. Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichthofs vom 29. September 2016- 7 B 2371/16 - verletzt die Beschwerdeführerin zu 1) in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben und die Sache an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Damit wird der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Oktober 2016 - 7 B 2576/16.R - gegenstandslos.“

 

Hessische Verwaltungsgerichtshof August 2019 erneut

(Achtung! Dieser Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs wurde vom Bundesverfassungsgericht Mai 2020  aufgehoben)

Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs wurde vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben und die Sache an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Nun hat eben dieser wegen Schulrechts, genauer Aufnahme in eine bestimmte Schule eines weiterführenden Bildungsgangs am 29. August 2019 beschlossen:

„Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 23. August 2016 1 L 2128/16.F wird zurückgewiesen.“

 

Gründe

Als Gründe führt der Hessische Verwaltungsgerichtshof an:

„Soweit die Antragstellerin die Aufnahme in die 5. Klasse der Wunschschule begehrt, ist, worauf die Antragstellerin selbst sinngemäß hinweist, Erledigung eingetreten. Dies war bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. März 2019 - 1 BvR 2721/16 - der Fall, da die Antragstellerin zu dieser Zeit bereits die 7.Klasse besuchte.

 

Soweit die Antragstellerin nunmehr die Aufnahme in die 8. Klasse begehrt, fehlt es an einem Anordnungsgrund schon deshalb, weil offensichtlich kein vorheriger Antrag der Antragstellerin beim Antragsgegner auf Aufnahme in die 8. Klasse gestellt worden ist, über den dieser vor Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes hätte entscheiden können und nunmehr alle Plätze der Französischklasse der Wunschschule in der 8. Klasse (Jahrgangsstufe) besetzt sind, ohne dass insoweit Verfahrensfehler ersichtlich sind.

… ist im Schuljahr 2019/2020 in der Jahrgangsstufe 8 diese Aufnahmekapazität erschöpft. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese Angaben unzutreffend sind.“

 

Die Antragstellerin begehrte die Aufnahme in die 5. Jahrgangsstufe im Schuljahr 2016/2017. Im jetzt laufenden Schuljahr 2019/2020 besucht die Antragstellerin (mittlerweile) die 8. Jahrgangsstufe. Sie begehrt weiterhin die Aufnahme in eine bestimmte Schule, nunmehr aber in eine 8. Klasse.

 

War da nicht noch was?

Das Bundesverfassungsgericht hatte bemängelt, dass

„Es fehlt aber wiederum an einer Erörterung der von der Beschwerdeführerin zu 1) zentral aufgeworfenen Frage, ob und gegebenenfalls welche Konsequenzen für die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs aus dem Umstand zu ziehen sind, dass nach der dargelegten geänderten Verwaltungspraxis bis zum Untergang des Teilhabeanspruchs durch eine kapazitätserschöpfende Vergabe der Schulplätze keine Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes gegen fehlerhafte Auswahlentscheidungen.“

 

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschied dahingehend:

„Für die Aufnahme der Antragstellerin bliebe somit nur dann Raum, wenn der Antragsgegner bei seiner Ermessensentscheidung gehalten wäre, die Antragstellerin trotz erschöpfter Kapazität in die Schule aufzunehmen. …

Der Untergang des Teilhaberechts eines in einem Auswahlverfahren nicht zum Zuge gekommenen Bewerbers um Aufnahme in eine bestimmte Schule, der mit erfolgter Vergabe der Plätze an die ausgewählten Bewerber und damit verbundener Kapazitätserschöpfung eintritt, greift jedenfalls dann ein, wenn keine Anhaltspunkte für Mängel der der Platzvergabe (hier: für die 8. Klasse) zu Grunde liegenden Auswahlentscheidung vorliegen. …

Einer Erweiterung der rechtlich festgelegten Aufnahmekapazität einer Schule bis zur Grenze deren Funktionsfähigkeit selbst in jedem Fall einer auf einer fehlerhaften Auswahlentscheidung beruhenden Ablehnung der Aufnahme eines Schülers – was hier nicht vorliegt – steht im Grundsatz entgegen, dass in den verordnungsrechtlich festgelegten Schülerhöchstzahlen pädagogische Erfahrungswerte zum Ausdruck kommen, bis zu welcher Klassenstärke eine erfolgreiche Erziehungs- und Bildungsarbeit gewährleistet ist. Die Zulassung einer überkapazitären Aufnahme in jedem Fall, in dem der Ablehnung der Aufnahme eines Schülers eine defizitäre Auswahlentscheidung zu Grunde liegt, ginge folglich mit einer nicht zu rechtfertigenden Beeinträchtigung der Bildungsansprüche der aufgenommenen Schüler einher

(vgl. Beschlüsse des Senats vom 25. Oktober 2013 - 7 B 1889/13 -, juris, Rdnr. 27 und vom 16. November 2015 - 7 B 1594/15 -, juris, Rdnr. 30; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - 2 ME 569/08 -, NVwZ-RR 2009, 372).

Lediglich im Ausnahmefall kommt in Betracht, dass die Erschöpfung der normativ vorgegebenen Aufnahmekapazität der Schule, zu der ein Schüler unter Berufung auf ein sein Teilhaberecht verletzendes Auswahlverfahren Zugang begehrt, nicht zum Untergang des Teilhaberechts (Anspruch auf ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung) führt.“

 

Bezogen auf den Fall sieht der Hessische Verwaltungsgerichtshof:

„… Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Antragsgegner bei der Auswahlentscheidung über die Platzvergabe für die 8. Klasse fehlerhaft gehandelt hat. …

… Ein entsprechender Ausnahmefall ist bereits deshalb nicht gegeben, da nicht ersichtlich ist, dass das Auswahlverfahren – jedenfalls bezogen auf die Vergabe der Plätze für die Jahrgangsstufe 8 - fehlerhaft gewesen sein könnte. Zudem ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin gegenüber der Schulbehörde überhaupt beantragt hätte, in die 8. Klasse ihrer Wunschschule aufgenommen zu werden.“

(Achtung! Dieser Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs wurde vom Bundesverfassungsgericht Mai 2020  aufgehoben)

 

Mein Fazit 2019

Schnell wird ersichtlich, dass der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung im August 2019 auf seine Entscheidungen aus 2013 und 2015 verweist (Beschlüsse des Senats vom 25. Oktober 2013 - 7 B 1889/13 - und vom 16. November 2015 - 7 B 1594/15 –).

 

Insgesamt macht es sich der Hessische Verwaltungsgerichtshof zu einfach.

Liegen keine Anhaltspunkte für Mängel der der Platzvergabe zu Grunde liegenden Auswahlentscheidung vor, ist das Teilhaberecht eines in einem Auswahlverfahren nicht zum Zuge gekommenen Bewerbers um Aufnahme in eine bestimmte Schule untergegangen. Eine von der Antragstellerin begehrte Aufnahme in die 8. Jahrgangsstufe im jetzt aktuellen Schuljahr 2019/2020 sei doch gar nicht beantragt worden, daher sei auch nicht ersichtlich, dass das Auswahlverfahren dazu fehlerhaft gewesen sein könnte.

 

Liegen hingegen Anhaltspunkte für Mängel der der Platzvergabe zu Grunde liegenden Auswahlentscheidung vor, soll die Zulassung einer überkapazitären Aufnahme in jedem Fall nicht erfolgen, denn eine überkapazitäre Aufnahme eines Schülers aufgrund defizitärer Auswahlentscheidung ginge folglich mit einer nicht zu rechtfertigenden Beeinträchtigung der Bildungsansprüche der aufgenommenen Schüler einher. Als Begründung sieht der Hessische Verwaltungsgerichtshof, dass „In den verordnungsrechtlich festgelegten Schülerhöchstzahlen pädagogische Erfahrungswerte zum Ausdruck kommen, bis zu welcher Klassenstärke eine erfolgreiche Erziehungs- und Bildungsarbeit gewährleistet ist.“

Letztlich scheidet auch „Wiederherstellung einer Aufnahmekapazität der Schule durch Rücknahme der erfolgten Vergabe eines Platzes an einen anderen Bewerber im Hinblick auf dessen Vertrauensschutz als rechtlich zulässige Handlungsoption regelmäßig aus.“

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass es einen Ausnahmefall geben solle. Bloß – kaum ein Fall wird als Ausnahmefall gewertet.

 

Runde 2 – Jahr 2020

Bundesverfassungsgericht Mai 2020

„… 6. Im daraufhin beim Verwaltungsgerichtshof fortgesetzten Beschwerdeverfahren beantragte die Beschwerdeführerin zuletzt, dem Land aufzugeben, sie vorläufig in der fortgesetzten 5. Klasse aus dem Schuljahr 2016/17, aktuell zum Schuljahr 2019/20 in die 8. Jahrgangsstufe/Klasse, aufzunehmen. Der Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde abermals zurück. Er begründete seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:

Soweit die Beschwerdeführerin die Aufnahme in die 5. Klasse begehre, sei – worauf sie selbst sinngemäß hinweise – Erledigung eingetreten. …

III.

1. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG durch den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs über die Zurückweisung der Beschwerde rügt. Die insoweit für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind bereits geklärt. Ausgehend hiervon ist die zulässige Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). …

a) Das Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantiert jedem den Rechtsweg, der geltend macht, durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten verletzt zu sein. Damit wird sowohl der Zugang zu den Gerichten als auch die Wirksamkeit des Rechtsschutzes gewährleistet. Der Bürger hat einen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle in allen ihm von der Prozessordnung zur Verfügung gestellten Instanzen, wobei es keinen Unterschied macht, ob es sich um Eingriffe in geschützte Rechtspositionen oder die Versagung gesetzlich eingeräumter Leistungsansprüche handelt (vgl. BVerfGE 113, 273 <310>; 129, 1 <20>; stRspr). …

b) Gemessen hieran verstößt der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs über die Zurückweisung der Beschwerde gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Annahme einer Erledigung des Rechtsschutzziels der Beschwerdeführerin den Zugang zu Gericht bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Art und Weise erschwert. …“

 

Hessischer Verwaltungsgerichtshof September 2020

Das Beschwerdeverfahren wurde durch Beschluss vom 07. September 2020 - 8 B 1692/20 - eingestellt, nachdem die Beteiligten übereinstimmende Erledigungserklärungen abgaben.

 

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3 Kommentare

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Das Rechtsschutzsystem bezüglich schulrechtlicher Entscheidungen bedarf - nicht nur in Hessen - schon lange einer umfassenden Reform. Nicht nur das Problem der prozessualen oder rein tatsächlichen Erledigung oder Überholung muss gelöst werden. Auch wenn dabei der Umfang der Rechte von Schülern und Eltern gar nicht erweitert wird, wäre es schon ein erster aber wichtiger Schritt, wenn die vorhandenen Rechte effektiv durchgesetzt werden könnten. Ich denke an folgende durch Rechtsnorm einzuführende Maßnahmen:

- Vorgabe eines frühzeitigen Entscheidungstermins in der Schule bei Statusentscheidungen (Schulaufnahme, Versetzung etc.),

- Pflicht zur Erreichbarkeit der Entscheidungsträger während der Sommerferien,

- ein enges Fristenregime für die Entscheidungen über Antrag, Widerspruch und einstweiliges Rechtsschutzbegehren, unterstützt durch

- eine gesetzliche Anordnung, dass der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz als positiv beschieden gilt, wenn über ihn nicht innerhalb kurzer Frist (z.B. vier Wochen) entschieden wurde, sowie

- ein effektives Sanktionensystem mit automatisch fälligen hohen Ordnungsgeldern bei Nichtumsetzung und eine Art Strafschadensersatz bei verzögerter Umsetzung.

Da schon die bisherigen, eher homöopatischen Verbesserungen im schulrechtlichen Rechtsschutz Jahrzehnte gebraucht haben, wird man auf ein derartiges Rechtsschutzonzept aber wohl nach länger warten müssen.

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Was ich nicht ganz verstehe: Das Bundesverfassungsgericht rügte ja, dass die späte Mitteilung über den Schulplatz in Frankfurt den Betroffenen nicht alle nötigen Rechte einräume, da es nicht mehr möglich ist, gegen die Entscheidungen vorzugehen. Dies widerspreche jedoch den Vorgaben des Paragrafen 103 Grundgesetz, wonach jeder Bürger Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht habe.

Wurde diese Rüge nun also vom VGH ebenfalls grundsätzlich abgewiesen, weil diese Frage im konkreten Fall nicht relevant ist? Verstehe ich das richtig so? Denn auch dieses Jahr wird man erst wieder kurz vor dem Schuljahresende informiert.

Danke und Grüße, P.

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"späte Mitteilung über den Schulplatz in Frankfurt den Betroffenen nicht alle nötigen Rechte einräume, da es nicht mehr möglich ist, gegen die Entscheidungen vorzugehen. Dies widerspreche jedoch den Vorgaben des Paragrafen 103 Grundgesetz..."

Nein.

Wenn die Bescheide der Schulen bei den Familien angekommen sind, somit die Verwaltungsakte Schulaufnahme bekannt gemacht worden sind, dann darf den Kindern der durch Verwaltungsakt Schulaufnahme zugesagte Schulplatz nachträglich nicht mehr "genommen" werden. Nach Bekanntgabe der Verwaltungsakte Schulaufnahmen sind die Rechtsschutzmöglichkeiten desjenigen, bei dem die Wunschschule die Aufnahme nicht erklärt hat, geringer. Eine Folge des Umstands: "zugesagter Schulplatz darf nicht weggenommen werden". Dies hat der hessische VGH in Kassel erneut bestätigt. Und zwar als sich die VGH-Richter aufgrund der Entscheidung des BVerfG erneut mit dem Fall beschäftigen mussten.

Eine weitere Folge des Umstands "zugesagter Schulplatz darf nicht weggenommen werden" ist die Frage, ob bei "Fehlern" die Kapazität der Schule "überhöht" werden muss. Dies sieht der VGH Kassel nur im Ausnahmefall gegeben.

Einer Erweiterung der rechtlich festgelegten Aufnahmekapazität einer Schule bis zur
Grenze deren Funktionsfähigkeit selbst in jedem Fall einer auf einer fehlerhaften
Auswahlentscheidung beruhenden Ablehnung der Aufnahme eines Schülers – was hier
nicht vorliegt – steht im Grundsatz entgegen, dass in den verordnungsrechtlich
festgelegten Schülerhöchstzahlen pädagogische Erfahrungswerte zum Ausdruck
kommen, bis zu welcher Klassenstärke eine erfolgreiche Erziehungs und
Bildungsarbeit gewährleistet ist. Die Zulassung einer überkapazitären Aufnahme in
jedem Fall, in dem der Ablehnung der Aufnahme eines Schülers eine defizitäre
Auswahlentscheidung zu Grunde liegt, ginge folglich mit einer nicht zu rechtfertigenden
Beeinträchtigung der Bildungsansprüche der aufgenommenen Schüler einher ...

Lediglich im Ausnahmefall kommt in Betracht, dass die Erschöpfung der normativ
vorgegebenen Aufnahmekapazität der Schule, zu der ein Schüler unter Berufung auf
ein sein Teilhaberecht verletzendes Auswahlverfahren Zugang begehrt, nicht zum
Untergang des Teilhaberechts (Anspruch auf ermessensfehlerfreie
Auswahlentscheidung) führt. ...aaO

 

Zudem muss berücksichtigt werden, dass bei der Schulplatzvergabe - anders als bei der Vergabe von Studienplätzen - jede Schülerin / jeder Schüler tatsächlich einen Schulplatz erhält - möglicherweise aber an einer nicht gewünschten Schule.

 

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