OLG Brandenburg: Urteilsgründe bei standardisiertem Geschwindigkeitsmessverfahren ohne Besonderheiten

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 14.11.2019
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|2665 Aufrufe

Viele Entscheidungen im Blog betreffen Einze-/Sonderfragen. Da freut man sich schon richtig, wenn es mal Entscheidungen gibt, die den einfachen "Normalfall" in den Fokus bringen:

 

 

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. Juni 2019 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

 Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Frankfurt (Oder) zurückverwiesen.

 Gründe: 

 I.

 Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen mit Urteil vom 21. Juni 2019 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 26 km/h unter Berücksichtigung von Vorverstößen eine Geldbuße von 130 Euro sowie wegen beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat verhängt.

 Nach den Feststellungen soll der Betroffene am … 2018 mit dem Pkw mit amtlichem Kennzeichen … die …-Straße in … in Richtung …-Straße befahren und die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 26 km/h überschritten haben. In den Urteilsgründen heißt es hierzu: „Das Fahrzeug des Betroffenen wurde mit einer Geschwindigkeit von 56 km/h gemessen.“

 Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt wie erkannt.

 II.

 Die zulässige Rechtsbeschwerde hat mit der erhobenen Sachrüge Erfolg. Die Feststellungen des angefochtenen Urteils zur Geschwindigkeitsübertretung sind lückenhaft, weil die Höhe der berücksichtigten Messtoleranz nicht mitgeteilt wird.

 Das Amtsgericht hat zur Feststellung der von dem Betroffenen gefahrenen Geschwindigkeit lediglich ausgeführt, dass sein Fahrzeug „mit einer Geschwindigkeit von 56 km/h“ gemessen wird. Dies ist unzureichend, denn den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, ob und in welchem Umfang das Tatgericht bei der Bestimmung der festgestellten Geschwindigkeit einen Toleranzabzug berücksichtigt hat.

 Grundsätzlich genügt ein Urteil bzw. ein Beschluss in Bußgeldsachen den Anforderungen der §§ 79 Abs. 3 OWiG, 267 StPO, wenn im Falle einer Geschwindigkeitsübertretung, bei der der Tatnachweis mittels eines standardisierten Messverfahrens erfolgt, das verwendete Verfahren und das nach Abzug der Messtoleranz gewonnene Messergebnis mitgeteilt wird (BGH NStZ 1993, 592 = BGHSt 39, 291; OLG Köln NZV 2000, 97; OLG Hamm, Beschluss vom 15. August 2006, Az.: 2 Ss OWi 455/06; Beschluss vom 1. Februar 2008, Az.: 3 Ss OWi 22/07; Beschluss vom 15. Februar 2011, Az.: 3 RBs 30/11, alle zitiert nach juris; OLG Koblenz NZV 2010, 212). Hier fehlt es daran, dass im Urteil nicht angegeben ist, welche Messtoleranz das Amtsgericht zugrunde gelegt hat. Damit ist der Senat gehindert zu überprüfen, ob das Amtsgericht die Geschwindigkeit des Betroffenen zutreffend festgestellt hat.

 Dies wäre lediglich dann nicht zu beanstanden, wenn der Betroffene uneingeschränkt und glaubhaft eingesteht, die vorgeworfene Geschwindigkeit mindestens gefahren zu sein (BGH a.a.O.). Dies war hier ausweislich der Urteilsgründe jedoch nicht der Fall.

OLG Brandenburg Beschl. v. 30.9.2019 – (2 B) 53 Ss-OWi 587/19 (218/19), BeckRS 2019, 24711

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