Und die Justiz feiert weiterhin Corona-Parties?

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 19.03.2020
Rechtsgebiete: StrafrechtStrafverfahrensrechtCorona78|24344 Aufrufe

Wir alle sind aufgefordert, in dieser Situation soziale Kontakte zu meiden und nur noch für die allernötigsten Besorgungen außer Haus zu gehen. Mitarbeiter werden in Home-Office geschickt, alle Büroarbeiten sollen, wenn irgend möglich, digital erledigt werden. Die Universitäten und Schulen sind ohnehin längst geschlossen, der Unterricht soll ins Netz verlegt werden, Besprechungen und Teamsitzungen werden telefonisch oder per Skype abgewickelt.

Doch einige Menschen sind offenbar so gedankenlos und dreist, dass sie weiterhin trotz aller Aufforderungen, ihr Recht wahrnehmen sich zu versammeln und etwa in Parks gemeinsam zu feiern oder vor den leeren Stadien zu Hunderten zu treffen, um ihre Choreos aufzuführen und Pyros abzubrennen; Höhepunkt der Unvernunft: Man lädt zu "Corona-Parties" ein.  Politik und Behörden sind auch deshalb kurz davor, Ausgangssperren anzuordnen, wie sie in den Nachbarländern zum Teil schon gelten, weil die Aufforderungen zu freiwilliger Zurückhaltung offenbar bei manchen nicht fruchten.

Und die Justiz – zumindest einige Richter? Als seien Gerichtssäle, in denen sich für einige Stunden Personen aus ganz unterschiedlichen sozialen und geografischen Kreisen begegnen, von vornherein immun gegen Infektionsübertragung, gehen einige Richter – offenbar unbeeindruckt von den Nachrichten – vor, als sei alles „normal“: Statt auch die mündlichen Verhandlungen auf die nötigsten Fälle zu reduzieren, wird teilweise weiterhin ungerührt zu Terminen geladen, zu denen dann u.a. Verteidiger bundesweit anreisen sollen, wie mir aus dem Bekanntenkreis in dieser Woche berichtet wird.

Hier schreibt Martin Huff zur (bisher schläfrigen) Reaktion der Justiz. :

Nur die Justiz führt bisher ihren Geschäftsbetrieb fast normal weiter. Erst mit dem heutigen Montag gibt es die ersten Äußerungen dazu, wie es weiter gehen soll. Doch die Justiz und auch die Richterschaft sollten sich sehr schnell überlegen, ob die Corona-Krise nicht ganz andere Maßnahmen erfordert.

Huff gibt in dem Artikel durchaus Hinweise, wie man es organisieren könnte, ohne auf die Bearbeitung und Entscheidung dringender Sachen zu verzichten. Aber zu befürchten ist, dass die Justiz länger braucht als derzeit notwendig wäre, um solche Lösungen umzusetzen.

Heute schreibt mir ein Kollege, der selbst zur Risikogruppe gehört und deshalb als Verteidiger um Terminverlegung (in einer Nichthaftsache) bat, der Vorsitzende habe ernsthaft von ihm Glaubhaftmachung seines Risikostatus verlangt.

Bin ich mit meiner Empörung auf dem falschen Dampfer? Ich bitte um Kommentierung.

 

Update: Ich bin von Lesern (siehe unten) auf diesen Münchener Fall hingewiesen worden. Den hatte ich tatsächlich bislang übersehen

Update (24.03.): Inzwischen bekomme ich von überall die Nachricht, dass die Justiz inzwischen alle nicht unbedingt notwendigen Verhandlungen abgesagt und den öffentlichen Betrieb insgesamt stark heruntergefahren habe. Mein obiger Beitrag entspricht also nicht mehr der aktuellen Lage.

Update (09.04.): Bekomme immer noch bzw. wieder Meldungen, dass größere Hauptverhandlungen (gemessen an der Teilnehmerzahl) noch stattfinden, obwohl sie nicht einmal, wie der Loveparade-Prozess, kurz vor der absoluten Verjährung stehen. Zuletzt gemeldet aus Leipzig und Potsdam. Ich kann da nur den Kopf schütteln.

 

 

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78 Kommentare

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Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Müller,

Sie sind nicht auf dem falschen Dampfer. Ihre Empörung ist gerechtfertigt. Zweifeln Sie bitte nicht an Ihrer Vernunft nur, weil andere unvernünftig handeln.

Mit besten Grüßen

Peter Winslow

Es dürfte auf den Einzelfall ankommen, und darüber kann doch jeweils auch ohne Strafanzeigen in Ruhe und unaufgeregt beraten werden.

Rückwirkende Änderungen der StPO vertießen doch auch noch gegen Rechts-Grundsätze.

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Sehr geehrter Gast,

ich weiß nicht, worauf Sie antworten. Ich habe weder eine Strafanzeige befürwortet noch eine StPO-Änderung in den Raum gestellt. Selbst wenn es nötig sein sollte, die StPO zu ändern (insbes. wegen der Unterbrechungsfristen), wäre "Rückwirkung" nicht unbedingt ein Problem.

Henning Ernst Müller
 

(hierher kopiert)

Zu dieser Causa

https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/rechtsanwalt-strafanzeige-richter...

möchte ich dreierlei bemerken:

1) Ich war´s nicht.

2) Die Strafanzeige dürfte an der Nachweisbarkeit des Vorsatzes scheitern.

3) Das eigenmächtige Fernbleiben von der HV hätte ich auf § 34 StGB gestützt und geschaut, was dann passiert. 

Ich melde mich erst jetzt (Ostermontag) dazu: Empörung liegt oder lag auf beiden Seiten vor. Man empört sich einerseits über das Ignorieren der Verordnungen, andererseits über die Verordnungen selbst. Empörung liegt ein Unverständnis des Verhaltens anderer zugrunde. Die "Verweigerer" ignorieren die Gefahr, die von dem Coronavirus ausgeht. Die öffentliche Berichterstattung trägt eine große Mitschuld. Es wurde gebetsmühlenartig aufgefordert, sich an die Regelungen zur Minderung sozialer Kontaktet zu halten. Eine Erläuterung der Gefahr bestand überwiegend im Hinweis auf die (in der Tat) schrecklichen Zustände in Italien etc. Für "Verdränger" und Verschwörungstheoretiker reicht das nicht. Mir persönlich hat die Erläuterung von Prof. Harald Lesch geholfen, die teilweise widersprüchlichen Aussagen zu bewerten. Es bleiben natürlich Ungereimtheiten: In Altenheimen wird weiterhin ohne Mundschutz gearbeitet, Alte Menschen und Menschen mit Vorschädigung gehen in den Supermarkt (ich selbst habe zwei Frauen mit Sauerstoffgerät bei REWE gesehen). Das ist absurd. Diejenigen, die wir geschützt werden sollen, setzen sich der Gefahr aus. Ich war aber nicht empört ;)

Ich schließe mich der Kritik von Prof. Müller an. Insbesondere halte ich es uU für angebracht, in Konstellationen, in denen eine physische Präsenz von einem Richter, einem Vorgesetzten etc. etc. angeordnet wird, sich dem mit Hinweis auf den Rechtfertigender Notstand in aller Form zu widersetzen. Auf LTO wird gerade ein solcher Fall geschildert (bei dem der Kollege aber mE mit seinen Reaktionen übers Ziel hinausgeschossen ist). 

Wenn die Fristen in der StPO § 229 noch in dieser Woche ausliefen, wieso wäre dann "Rückwirkung" kein Problem, wenn erst in 2 Wochen die StPO geändert oder ergänzt werden würde?

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Ja, "wenn" und "wenn". Es gibt Konstellationen, in denen Rückwirkung ein Problem sein könnte, das stimmt. Aus diesem Grunde schrieb ich ja "nicht unbedingt".

Und dass Gesetzesänderungen sehr schnell gehen können, zeigte sich letzte Woche beim Kurzarbeitergeld.

Ich habe den Artikel bei SPON gelesen und zitiere den letzten Absatz:

Das Bundesverfassungsgericht müsste den Eilantrag noch an diesem Donnerstag entscheiden. Am Freitag soll der Prozess nämlich fortgesetzt werden.

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Ich finde es grundsätzlich "nötig", Strafprozesse zuende zu bringen (mit allen möglichen Vorsichtsmaßnahmen, zu denen ja auch Mundschutz gehören kann), bei denen schon >20 HV-Termine stattgefunden haben und nur noch wenige fehlen.

Geringer als das Risiko im Supermarkt, das die Herren Verteidiger nicht nur sich selbst, sondern vor allem auch dem Ladenpersonal zuzumuten bereit sind, ist das Risiko hier allemal.

Oder geht es den Verteidigern gar nicht um das Risiko, sondern nur darum, den schon weit fortgeschrittenen Prozess abzuwürgen (mit der Folge, dass er neu beginnen muss)? Allzu blauäugig sollten wir da nicht sein.

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Der letzte Satz geht augenscheinlich von aus, dass sich Verteidiger mit ihren Mandanten gemein machen. Woher kommt denn diese Erkenntnis?

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Link zum vorherigen Zitat:

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/corona-krise-anwaelte-wollen-vor-bundesverfassungsgericht-einstellung-des-justizbetriebs-erreichen-a-3917773f-809c-445d-a6a8-1f0f23ff5959

Anderes Zitat aus SPON:

Doch wie? Auch er weiß: "Man kann ein Gericht nicht einfach dichtmachen." Prozesse drohen zu platzen, wenn sie nicht fristgerecht fortgesetzt werden. Wird ein Strafprozess für mehr als drei Wochen oder – wenn mehr als zehn Tag verhandelt wurde – für mehr als einen Monat unterbrochen, muss er noch einmal ganz von vorn beginnen. Alle Zeugenbefragungen, die gesamte Beweisaufnahme muss wiederholt werden. Das mag nach elf Verhandlungstagen noch vorstellbar sein; bei Prozessen, die bereits seit Monaten oder Jahren laufen, eher nicht. 

 

Das Bundesjustizministerium hat das Problem erkannt. Es arbeitet an einer Regelung, die Gerichten erlauben soll, eine Hauptverhandlung für maximal drei Monate und zehn Tage zu unterbrechen, wenn sie aufgrund von Infektionsschutzmaßnahmen nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. 

Link: 

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/corona-und-die-justiz-der-richter-ist-am-ende-der-dumme-a-88cd8f12-6ccd-45f5-9070-2fe6dbc1b016

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Rechtsanwalt Adam Ahmed und Rechtsprofessor Andreas Ruch müssten es doch beide wissen, dass das BVerfG an das Subsidiaritätsprinzip gebunden ist und zuerst der normale Rechtsweg ausgeschöpft sein muss vor Anrufung des BVerfG.

Gab es denn dafür nun eine Missbrauchsgebühr für Rechtsanwalt Adam Ahmed und Rechtsprofessor Andreas Ruch?

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Adam Ahmed ist einer der Anwälte, denen es manchmal mehr auf den öffentlichen Auftritt als auf den Erfolg seiner Bemühungen ankommt.

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Andreas Ruch ist der Prof. Dr. Andreas Ruch und tätig an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung in Nordrhein-Westfalen in Köln.

https://www.hspv.nrw.de/organisation/personalverzeichnis/eintrag/dr-andreas-ruch/

Deren "Informationen Alles Wichtige rund um den Coronavirus" finden sich da:

https://www.hspv.nrw.de/services/corona-krise/informationen/#c3798

Zu RA Dr. Adam Ahmed bemühen Sie bitte ebenfalls die Suchmaschinen Ihrer Wahl.

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Es dürfte doch (vielleicht auch allgemein) bekannt sein, dass der Subsidiaritätsgrundsatz Ausnahmen kennt. Jedenfalls kann man das nachlesen in 90 II 2 BVerfGG:

"Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde."

Ich muss zugeben, dass ich mich an keinen einzigen Fall erinnern kann, der darunter subsumiert wurde. Es ist doch aber völlig nachvollziehbar, wenn zu den ganz besonderen und dringenden Problemen in Zusammenhang mit dem Corona-Virus die Vertreter der Bf mit der VB den Anwendungsfall von BVerfG überprüfen lassen.

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Es dürfte doch (vielleicht auch allgemein) bekannt sein, dass der Subsidiaritätsgrundsatz Ausnahmen kennt.

§ 90 Abs. 2 S. 2 BVerfGG setzt voraus, dass der Rechtsweg tatsächlich beschritten ist. Erst dann ist die sog. "Vorabentscheidung" eröffnet (stRspr., vgl.: BVerfGE 11, 244; 22, 354; 56, 68; Zuck, Verfassungsbeschwerde, Rdnr. 770). Auf eine solche Ausnahme hatte sich der Beschwerdeführer, bzw. seine beiden Verfahrensbevollmächtigten, auch gar nicht berufen, geschweige denn, dass er sie dargelegt hätte (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 19. März 2020 - 2 BvR 474/20).

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Danke zunächst einmal für den Hinweis auf die überraschend schnelle Veröffentlichung der BVerfG-Entscheidung. Sie lesen aber mehr in die Entscheidung hinein als ich aus ihr entnehmen kann.

Die VB wendet sich gegen die Verfügung des LG München II. Es handelt sich offensichtlich um eine Ablehnungsverfügung über den Antrag auf Aufhebung des HV-Termins. Ich verstehe deswegen Ihren Einwand nicht, dass der Antrag auf Vorabentscheidung zur Voraussetzung habe, dass der Rechtsweg überhaupt beschritten sei. Dass diese Voraussetzung erfüllt ist, das ist doch unbestreitbar. Daran ist die VB auch nicht gescheitert.

Dass der Bf überhaupt keinen Antrag auf Vorabentscheidung gestellt habe, lässt sich der Entscheidung des BVerfG auch nicht entnehmen. Das BVerfG begründet seine Ablehnung mit der fehlenden Darlegung der VB zur Unzumutbarkeit des Beschwerderechtswegs gegen die Ablehnung des Antrags auf Aufhebung des HV-Termins. Ich denke, wenn überhaupt kein (jedenfalls schlüssiger) Antrag auf Vorabentscheidung gestellt worden wäre, dann wäre die Begründung des BVerfG sehr ungewöhnlich. In der Regel macht sich das BVerfG bei fehlender Rechtswegerschöpfung nicht von Amtswegen Gedanken darüber, ob die Rechtswegerschöpfung überhaupt zumutbar gewesen sei, und stellt zudem noch seine Entscheidung auf fehlende Darlegung ab.

Ob Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Terminaufhebung überhaupt zulässig war bzw. vom Beschwerdegericht für zulässig gehalten worden wäre, das steht ohnehin in den Sternen. Mag die Ablehnung des Antrags durch das LG trotz Corona-Virus auch ermessensfehlerhaft sein. Aber ist sie denn evident ermessensfehlerhaft? Denn das müsste sie ja schon sein, damit die Beschwerde überhaupt zulässig ist. Wie dem auch sei, dies und viel mehr dazu hätte dargelegt werden müssen. Wenn dies auch nicht zureichend erfolgte, dann kann man aber doch nicht gleich zur Andeutungen auf Unfähigkeit der Prozessvertreter greifen und die Frage nach der Missbrauchsgebühr stellen.

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Überzeugender wäre gewesen:  a) scheitert nicht an ZUlässigkeit , weil Instanzenzug unzumutbar, Termin stand ja alsbald an, b) offensichtlich unbegründet, weil nicht einmal Anhaltspunkt für eine konkrete Gefahr  c) Missbrauchsgebühr - Maximum.

Zitat aus dem zuletzt genannten SPON-Artikel:

Vier Fälle aus deutschen Gerichten:

  • Der Prozess um die mutmaßliche Gruppenvergewaltigung mit elf Angeklagten vor dem Landgericht Freiburg pausiert in dieser Woche. Ein Verteidiger ist in Quarantäne, weil er Kontakt zu einer Person hatte, die positiv auf das Coronavirus getestet wurde.

  • An einer anderen Kammer des Landgerichts Freiburg haben die Richterinnen und Richter im Prozess um einen Auftragsmord die Urteilsverkündung um einen Tag vorverlegt - vorsichtshalber, denn niemand weiß, wie sich die gesundheitliche Lage entwickelt.

  • In Berlin wurde die Hauptverhandlung gegen den Neonazi Hendrik Möbus vor dem Amtsgericht Tiergarten ausgesetzt - weil ein Mitangeklagter in der Schweiz lebt. Damit ist der Prozess wegen Volksverhetzung schon zum zweiten Mal geplatzt. Wann er noch einmal von vorn beginnt, ist ungewiss.

  • Die Hauptverhandlung gegen einen 93-jährigen früheren SS-Wachmann vor dem Oberlandesgericht Hamburg wird am Freitag fortgesetzt - weil andernfalls die Höchstfrist für eine Unterbrechung überschritten wäre und auch dieser Prozess platzen würde. Um den Angeklagten bestmöglich vor dem Risiko einer Infektion zu schützen, trifft das Gericht besondere Vorkehrungen. Nur zehn Minuten lang soll verhandelt werden und auch die Journalisten, die in dieser nicht-öffentlichen Verhandlung sonst ausnahmsweise dabei sein dürfen, müssen diesmal draußen bleiben.

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Dass am OLG Hamburg eine besondere Richterin diesen Fall leitet, loest bei mir Unbehagen auf. Wie kann die ehrenwerte Dame, deren Eltern womoeglich noch nicht einmal in der Welt anwesend waren, fachkundig ueber einen langen zurueckliegenden Fall,  ihre pesoenlich-juristische Meinung bilden?  

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Gast 20.3.1:42: Indem die Unbeugsame umgebeugtes Recht zu Mord ohne Tat übernimmt. Für so etwas braucht man keine Fachkunde, sondern Gesinnung.

Dass es Prozesse gibt, die - jedenfalls nach derzeit geltender prozessualer Lage - fortgesetzt werden müssen, um nicht zu platzen: geschenkt. Aber ich sehe auch Richter, die unbedingt mit dem Kopf durch die Pappmacheewand ins Nachbarzimmer des Richterkollegen wollen - und dafür fehlt mir jegliches Verständnis.

Was bin ich froh, dass ich vor einigen Jahren nach 10 Jahren selbständiger Anwaltstätigkeit ins Unternehmen gewechselt bin (und da anwaltlicher Arbeite als in den Jahren vorher; aber das ist ein eigenes Thema); das kommt mir jetzt zu Gute: derzeit 100% Homeoffice und keine externen Besprechungen - das kommt auch meiner Lebensgefährtin zu Gute: sie ist definitiv Risikopatientin nach den RKI-Kriterien, ich "nur" vielleicht; was bin ich froh, dass meine Gesundheit nicht an Richtern hängt, die sich augenscheinlich einen Scheißdreck um die Gesundheit (insbesondere anderer Leute) kümmern.

Lieber Prof. Müller, bezeichnen Sie diese Leute ruhig mit den Worten, die Sie für passend finden!

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Ich habe am Montag der GST mitgeteilt, dass ich aus gesellschaftlicher Verantwortung nicht zu erscheinen gedenke und meine Mandantschaft auch davon abhalte, nachdem es hieß, die Richterin habe am Wochenende die Akte zuhause vorbereitet und sehe nicht ein, dass das umsonst gewesen sei. Ich habe bisher kein Protokoll bekommen, so dass ich noch nicht weiß, ob sie mich mit den Folgen einer Säumnis abgestraft hat.
 

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Ich habe am Montag der GST mitgeteilt, dass ich aus gesellschaftlicher Verantwortung nicht zu erscheinen gedenke ...

Und andere werden aus "gesellschaftlicher Verantwortung" das anders sehen.

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Aus "gesellschaftlicher Verantwortung" gehen Tausende Menschen im Pflege- und Ärztlichen-Dienst weiter an ihre Arbeit mit direktem Kontakt zu Infizierten, und weitere Tausende Menschen sorgen für Nahrung und Lebensnotwendige Güter und deren Verteilung, wenn auch mit etwas weniger Risiko, sich ebenfalls zu infizieren.

Aber einige Rechtsanwälte können das wohl nicht, aber mit hehrem Pathos dröhnen, das können sie offenbar noch.

Besten Gruß

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Das BVerfG muss nun eine weise Eil-Entscheidung am Donnerstag treffen, auch noch mit Blick auf den letzten Fall, wo auch die Verteidiger diese Strategie der Nichtteilnahme noch übernehmen könnten.

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Schlachtzug: Schattenlegenden: Das Konigreich Telerius wird durch den dunklen Zauber des machtigen Lord Cyroth bedroht. Der Schiedsrichter, der unsterbliche Wachter von Telerius, erweckt die alten Krieger zum Leben, die die Dunkelheit aufhalten konnten. Und du bist einer von ihnen. Hier setzen Sie das Talent eines Strategen ein, nehmen an innovativen PvE- und PvP-Schlachten teil, stellen ein Team einzigartiger Helden zusammen und bringen Ihrem Clan den Sieg in einem Teamkampf. Schlie?en Sie sich den Reihen der Telerius-Krieger an - und werden Sie zur Legende!

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In so einem Ausnahmefall darf man uneinsichtigen Richtern nicht allein die Entscheidung überlassen, wie mit bereits angesetzten Gerichtsterminen zu verfahren ist, ob und mit welchen Folgen das Ausbleiben der Beteiligten belegt wird. Hier ist die Justizverwaltung (Direktor oder Präsident des jeweiligen Gerichts) gefragt. Wenn sie die Öffentlichkeit ausschließt und ihr den Zugang zu den Gerichtsräumen verwehrt, einschließlich der Parteien und Verfahrensbeteiligten, dann dürften auch die Möglichkeiten der Richter begrenzt sein.

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Ich verstehe, dass gerade die Strafjustiz von der Pandemie stark beeinträchtigt wird und geradezu zum Erliegen kommen muss. Weshalb aber beim Kammergericht - das mit/nach der Hacker Attacke 2019 immer noch nicht klar kommt - täglich zwei (von bisher 22) Zivilsenaten, ein (von bisher sieben) Familiensenaten und ein (von bisher sieben) Strafsenaten zur Bearbeitung und Entscheidung von Eilsachen für die Rechtssuchenden zur Verfügung steht

https://www.berlin.de/gerichte/presse/pressemitteilungen-der-ordentlichen-gerichtsbarkeit/2020/pressemitteilung.908024.php

ist nicht klar. Ich glaub eher, dass die restlichen Senate die Corona Party feiern, anstatt mal ordentlich im Home Office die Akten wegzuhauen. Derzeit ist die Bearbeitungszeit beim KG katastrophal. Berufungen werden nicht unter zwei Jahren bearbeitet. Die Verfügungen vom KG erhält man teilweise handschriftlich, weil die IT seit September 19 nicht funktioniert. Wenn es so wäre, wie es sein sollte, müsste die Pressemitteilung zumindest einen Hinweis enthalten, dass die übrigen Senate nach Kräften darum bemüht sind, den Hort des Chaos nicht noch größer werden zu lassen. Gerade in den zivilrechtlichen Berufungs- aber auch in strafrechtlichen Beschwerdesachen können die Verfahren auch ohne mündliche Verhandlung vorangetrieben und erledigt werden.

Dass der Präsident Pickel bislang noch nicht zurück getreten ist, ist mal wieder ein Berliner Paradestück der Schnodderigkeit.

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Man könnte in Zivilsachen sehr viel mehr schriftlich entscheiden. In Strafsachen müßte man nur auf eine “gesunde“ Öffentlichkeit achten.

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Und jetzt kommt's: die Ausweitung des Mündlichkeitsprinzips in Berufungszivilsachen wurde auf Insistieren der Anwaltschaft ins Gesetz aufgenommen. Die Gerichte konnten mit der alten 522-Regelung, die grundsätzlich eine schriftliche Entscheidung bei aussichtslosen Berufungen vorsah, wunderbar leben.

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Und jetzt kommt's: die Ausweitung des Mündlichkeitsprinzips in Berufungszivilsachen wurde auf Insistieren der Anwaltschaft ins Gesetz aufgenommen.

Wollen Sie der Anwaltschaft damit im Ernst vorwerfen, dass sie vor Jahren die Verwerfungen der Corona-Krise nicht vorhergesehen hat?

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Es geht darum, dass sich jetzt dieselben Leute über unnötige Termine beklagen, die die Notwendigkeit dieser Termine erst herbeigeführt haben. Das hat mit Corona überhaupt nichts zu tun. Oben in dem Kommentar ist ja von einem angeblichen zweijährigen Bearbeitungsstau die Rede. Der hat mit Corona nichts zu tun.

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Manche Richter, Beamte und Politiker, halten sich und ihre Entscheidungen wohl für unentbehrlich und für gewichtiger als den Infektionsschutz. Manche würden es vielleicht auch als Kränkung empfinden, wenn sie eine zeitlang nicht mehr in ihrer hohen Position trohnen könnten, sondern zuhause bleiben müsste. Sowas ist nicht böse und auch nicht verwerflich oder unnatürlich, sondern zutiefst menschlich. Irrationalität ist menschlich. Emotionalität ist auch menschlich. Selbstliebe und Stolz auch.  

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Ja, "die" Justiz hat sich mit einer schnellen und gut begründeten Reaktion mancherorts vielleicht schwer getan, aber ganz so harsche Kritik ist mE auch nicht richtig. Inzwischen ist jedenfalls in NRW der Betrieb in sämtlichen Gerichten heruntergefahren, wir sind im "Notbetrieb" mit täglich neuen Maßnahmen. Ja, vielleicht wäre eine Reaktion spätestens am Wochenende, nachdem am Freitag die Schließungen von Kindergärten und Schulen verkündet wurden (und die mW in Hamburg auch Sonntagabend schon erfolgte), schöner gewesen als erst am Dienstag. Viele, viele Kollegen haben sich jedoch schwer getan, die Sitzungen herunterzufahren, und das jedenfalls zum Teil nicht aus reiner Sorglosigkeit (auch wenn bei etlichen, auch außerhalb der Justiz stehenden Menschen immer noch kein wirkliches Gefahrenbewusstsein besteht), sondern jedenfalls zT aus Pflichtbewusstsein. Jedenfalls bei uns hieß es noch am Montag, dass wir bloß nicht den Betrieb herunterfahren sollten (denn wie wir den in zwei Monaten aufgelaufenen Rückstand jemals wieder aufholen sollen, wenn wir schon bisher immer gefühlt kurz vor'm "Absaufen" stehen, weiß kein Mensch, der Bürger hat aber einen Justizgewährungsanspruch, und wenn Straftäter nicht mehr in halbwegs vernünftiger Zeit abgeurteilt werden, Sorgerechtsentscheidungen und Betreuer nicht mehr bestellt werden können, nur um einige Problembereiche zu nennen, ist das ein riesiges Problem. Der Rechts-Staat funktioniert nicht ohne Mindestbetrieb. Und auch wenn die Risiken grad im Sitzungssaal, viel mehr aber bei den auf ihre Verhandlung Wartenden, eng an eng sitzend auf schmalen Fluren über teils Stunden (ja, und leider lässt sich diese Wartezeit auch im normalen Betrieb nicht immer vermeiden) bestehen, sind sie vielleicht doch etwas geringer als in Schulen und Kindergärten (aka Virenbrutstätten), weil die Rechtsuchenden in aller Regel auf den Fluren und Sälen ja zumindest nicht raufen oder in sonstigen ganz engen Körperkontakt miteinander treten. Und der Druck, bloß nicht in Erledigungsrückstand zu kommen, ist, glaube ich, in manchen Köpfen (und zwar nicht nur aus egoistischen Motiven) so stark verankert, dass sich das Problembewusstsein erst zT spät durchsetzte. Auch deshalb, weil die Justiz bisher immer weiter gearbeitet hat, auch bei noch so widrigen Umständen. (Und, um ehrlich zu sein, Konsequenzen von Personalnot oder mangelnden sächlichen Ressourcen nicht zuvörderst auf dem Rücken der Anwälte und deren Mandanten austragend, auch wenn die sich gerne sehr oft als schlecht behandelt ansehen, sondern zunächst auf dem Rücken der eigenen Bediensteten). Inzwischen hat ein Umdenken stattgefunden, auch wenn im Einzelnen sicherlich noch Optimierungsmöglichkeiten vorhanden sind. Jetzt sind wir gehalten, nur noch dringende Termine zu sitzen (also insbesondere Haftsachen, nach Ansicht diverser Verteidiger auch Führerscheinsachen). 2 Wochen gar keine Termine, danach auch nur die unumgänglichen bis Ende April. Publikum reduziert, wobei sehr unterschiedlich bei den Einlasskontrollen vorgegangen wird. Auch die Vorführungen laufen sehr unterschiedlich (geprägt von dem Bemühen, bloß nicht den ganzen Knast anzustecken). Im Moment nur große Säle mit ausreichend Platz, möglichst wenig Zeugen. Möglichst viel schriftlich (aber alles geht halt im Strafbefehlsverfahren nicht, insbesondere keine Freuheitsstrafen ohne Bewährung). Inwiefern jedenfalls für die Wachtmeister Mundschutz, Handschuhe oder sonstige Schutzkleidung sinnvoll wäre (zumal sie bestimmungsgemäß zum Aktentransport in jeden Raum müssen), wird noch ausdiskutiert, wobei man auch den Kliniken nicht die Ausrüstung wegnehmen kann und will. Die Bediensteten sollen möglichst zu unterschiedlichen Zeiten arbeiten, damit sich möglichst wenige gleichzeitig begegnen. Der Aktenberg soll gleichwohl abgearbeitet werden, wobei es auch da mit der elektronischen Akte leider nur für wenige Gerichte deutlich einfacher mit dem Homeoffice ist, die anderen müssen noch mit Papier arbeiten. Möglichst wenig Kontaktpersonen im Gericht bei bestätigten Corona-Fällen... der Betrieb muss, so der O-Ton jedenfalls unserer Verwaltung, in jedem Fall zumindest eingeschränkt weiterlaufen. 
- Das ist eine für alle Beteilgten neue Situation, und man wird in schätzungsweise zwei Wochen wissen, ob all diese Maßnahmen übertrieben oder nicht ausreichend waren. Ich kann nur schon jetzt daran appellieren, in der Zeit danach nicht sofort wieder bei den zu erwartenden Zeitverzögerungen auf die Faulheit der Richter zu schimpfen. Die weitaus meisten von uns tun ihr Bestes. (Und für die IT-Ausstattung und die hierfür zur Verfügung stehenden Gelder und Menschen ist übrigens in den seltensten Fällen allein ein Gericht zuständig, sondern zumeist zumindest ein Ministerium involviert...)

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Ich werde auch weiterhin bei meiner Praxis bleiben, meine Texte zu tippen und nicht zu sprechen. Das hat nämlich ua die Auswirkung, dass ich mich kurzfasse, weil ich jeden einzelnen Buchstaben selber tippen muss. 

Die LTO-Presseschau:

BVerfG zu Unterbrechung von Strafprozessen: Das Bundesverfassungsgericht wies den Eilantrag zweier Münchner Juristen, kurz bevorstehende Strafprozesse auszusetzen, ab. Die Kläger hätten sich zunächst auf niedrigerer Ebene rechtlich zur Wehr setzen müssen, entschied das Bundesverfassungsgericht laut lto.de und spiegel.de (Julia Jüttner) noch am selben Abend. Für den beteiligten Rechtsanwalt Adam Ahmed sei das Bundesverfassungsgericht seiner Verantwortung "in dieser schweren Krise" nicht gerecht geworden.

Einen Überblick über die (uneinheitliche) Handhabung verschiedener Gerichte sowie die Pläne des Bundesjustizministeriums, schon nächste Woche eine Gesetzesänderung zur Unterbrechung von Strafprozessen als Infektionsschutzmaßnahme vorzustellen, geben lto.de, spiegel.de (Julia Jüttner), die FAZ (Matthias Wyssuwa/Marlene Grunert) sowie die Welt (Hannelore Crolly/Kristian Frigelj).

....könnte es sein, dasss das Kernproblem darin liegt, dass man den Richtern die Kompetenz zu Unrecht zubilligt darüber zu urteilen, was iSd § 169 GVG "Öffentlichkeit" ist und damit lediglich auf seinen heiligen Saal blickt?

In dem EGGVG und EGZPO findet sich nämlich keine Regelung darüber, wie Urteile zustande kommen, wenn die Öffentlichkeit wegen einer Seuche in ihren REchten beschränkt ist, weiter noch, die Gerichtsbarkeit ist (vermutlich aus gutem Grund) aus dem § 36 IFSG ausgeschlossen, aber das könnte sich als Fehler herausstellen.

Bei einer Ausgangssperre wird ja den Bürgern nur gegen Begründung ein Passierschein gewährt, und wenn ein Prozess in Berlin vor dem LG Mitte stattfindet, dann müsste ja zur Wahrung des Öffentlichkeitsgrundsatzes der Richter befugt sein, sämtlichen interessierten Bürgern einen Passierschein auszustelllen und damit die Ausgangssperre informal aushebeln können.

Hier leigt ein klarer Fehler in der Gesetzgebung vor, den die Kollegen vor Ort erkannt haben, und das BVerfG auch sieht. Behebn kann das aber nur die Legislative durche ine Änderung im EGGVG und IFSG!

Alle an einem Prozess interessierte Bürger konnten schon bisher nicht immer zur sog. "Öffentlichkeit" in einer HV werden, weil erstens manche Säle zu klein sind und nur wenige Enlass finden, zweitens auch schon mal überraschend ein Ortstermin weiter weg angeschlagen wird am ürsprünglich für die HV vorgesehenen Saal, drittens manche Richter eine Meditation mit geschlossenen Augen für Schlaf halten und dann den einzigen Zuschauer des Saals verweisen, oder Richter keinerlei schriftliche Notizen zulassen beim ebenfalls einzigen Zuschauer, der dann auch die Verhandlung vor ihrem Ende verlässt.

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Die Praxis ist - inzwischen (nachdenken muss man halt erst einmal) wohl überall, dass alle nicht eiligen Termine in Zivilsachen oder Familiensachen verlegt werden. In Strafsachen werden ebenfalls etliche Termine aufgehoben, woran selbstverständlich nicht nur Rechtsanwälte, sondern auch Staatsanwälte interessiert sind, die ja auch nicht krank werden möchten.

Nur eins ist klar: Dafür, dass der Laden auch jetzt aufrechterhalten wird, wird der Justiz mit Gewißheit keiner danken (was vermutlich auch kaum ein Justizangehöriger erwartet). Aber nach Entschärfung der Corona-Krise wird der Justiz sicher vorgeworfen, sie sei zu langsam.

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