Mörder kassiert Erbschaft von seinem Tatopfer – Einziehung im Strafverfahren möglich?

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 02.05.2020
Rechtsgebiete: StrafrechtMaterielles Strafrecht50|14566 Aufrufe

Der Täter ermordet sein Opfer (im konkreten Fall seine Mutter). Er erbt hierdurch mit einem Hausgrundstück, einem Kraftfahrzeug und mehreren Bankguthaben verschiedene Vermögenswerte. 

Die interessante Frage: Kann der Vermögenszufluss in Form der Erbschaft nach den §§ 73 ff. StGB eingezogen werden? 

Entscheidung des Landgerichts: Das Landgericht, das den vermindert schuldfähigen Angeklagten wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren verurteilt hat, bejahte diese Frage und ordnete die Einziehung des Nachlasses der Getöteten an.

Entscheidung des BGH: Der 5. Strafsenat des BGH folgte dem nicht, sondern hob das Urteil auf die Revision des Angeklagten mit folgender Begründung auf und ließ den Ausspruch über die Einziehung entfallen (BGH, Beschl. v. 23.1.2020, 5 StR 518/19 = BeckRS 2020, 6956): 

„Die Einziehungsentscheidung hat keinen Bestand.

Zwar hat das Landgericht zutreffend angenommen, dass der Angeklagte den Nachlass durch die abgeurteilte rechtswidrige Tat erlangt hat (§ 73 Abs. 1 StGB). Denn der Vermögenszufluss in Form der Erbschaft (§ 1922 BGB) geht ursächlich auf die Tötung der Erblasserin durch den Angeklagten zurück. Eine Einziehung nach den §§ 73 ff. StGB ist aber ausgeschlossen, wenn - wie hier - der Anwendungsbereich der Vorschriften über die strafrechtliche Vermögenabschöpfung nicht eröffnet ist (vgl. zur Einziehung des Geldwäscheobjekts BGH, Beschluss vom 27. März 2019 - 2 StR 561/18, NJW 2019, 2182, 2183).

a) Der Abschöpfung deliktisch erlangten Vermögens liegt der sämtliche Rechtsgebiete übergreifende Gedanke zugrunde, eine nicht mit der Rechtsordnung übereinstimmende Vermögenslage zu berichtigen (vgl. BT-Drucks 18/9525, S. 58, 66; BVerfGE 110, 1, Rn. 20; BGH, Urteil vom 15. Mai 2018 - 1 StR 651/17, NStZ-RR 2018, 241). Soll die durch die rechtswidrige Tat entstandene Störung der Vermögenslage nach der Rechtsordnung erkennbar mit anderen Mitteln als der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung beseitigt oder gar hingenommen werden, hat die Einziehung nach §§ 73 ff. StGB daher ausnahmsweise zu unterbleiben, sofern diese rechtliche Wertung dadurch unterlaufen würde.

b) Danach ist die Einziehung des Nachlasses gemäß § 73 Abs. 1 StGB nicht zulässig, weil die Rechtslage betreffend die Erbschaft im Falle einer Tötung des Erblassers durch dessen Erben vorrangig und abschließend in § 2339 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2340 ff. BGB geregelt ist.

Wesentliches Kennzeichen dieser Vorschriften ist es, dass die Folgen der Erbunwürdigkeit nicht unmittelbar kraft Gesetzes eintreten. Vielmehr ist es den Anfechtungsberechtigten überlassen, im Wege einer Gestaltungsklage (§ 2342 BGB) über die Rechte am Nachlass zu bestimmen. Entscheiden sich die Berechtigten gegen die Geltendmachung der Erbunwürdigkeit, widerspricht der Verbleib des Nachlasses beim Täter mithin nicht den Wertungen der Rechtsordnung. Verursacht der Erbe den Tod des Erblassers lediglich fahrlässig, betrachtet das Gesetz ihn von vornherein nicht als erbunwürdig. Diese gesetzliche Wertung würde durch die Anwendung des § 73 StGB unterlaufen, da die Einziehung des Nachlasses auch in diesem Fall zwingend anzuordnen wäre.

Die strafrechtliche Einziehung des Nachlasses unterscheidet sich auch in ihrer Wirkung grundsätzlich von der Erbunwürdigkeitserklärung. Die Einziehung des Nachlasses ändert nichts an der Stellung des Täters als Erben. Hingegen bestimmt § 2344 Abs. 1 BGB, dass im Fall der Erbunwürdigkeitserklärung der Anfall der Erbschaft auf den Erben als nicht erfolgt gilt. Die Zulassung der Einziehung des Nachlasses nach § 73 Abs. 1 StGB liefe im Ergebnis darauf hinaus, dass eine grundlegende Regelung des Erbrechts für eine Konstellation wie die hier vorliegende außer Kraft gesetzt würde. Außerdem würde die Einziehung des Nachlasses von der Rechtsordnung nicht gewollte Folgen bewirken. So würde der Einziehungsadressat als Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten haften (§ 1967 Abs. 1 BGB), ohne allerdings den Nachlass zu erhalten. Zudem würde der Nachlass bei einer Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB - anders als von § 2344 Abs. 2 BGB bestimmt - nicht dem Nächstberufenen zugutekommen, da die Vorschriften über die Opferentschädigung nur die Rückübertragung auf den Verletzten oder dessen Rechtsnachfolger erfassen (§ 459h Abs. 1 StPO). Rechtsnachfolger des Erblassers bleibt im Falle der strafrechtlichen Einziehung aber gerade der Einziehungsadressat.

Angesichts dessen sind die Regelungen über die Erbunwürdigkeit gegenüber §§ 73 ff. StGB als abschließend zu betrachten, zumal auch in rechtssystematischer Hinsicht Bedenken gegen die Einziehung eines Nachlasses bestehen, weil der Staat sich auf diesem Wege solcher Vermögensgegenstände bemächtigen würde, die den Nachlassgläubigern zur Befriedigung ihrer Ansprüche zugewiesen sind (vgl. § 1990 Abs. 1 BGB; Soergel/Stein, BGB, 13. Aufl., § 1990 Rn. 1, 9; Erman/Horn, BGB, 15. Aufl., § 1990 Rn. 11; MüKo-BGB/Küpper, 8. Aufl., § 1990 Rn. 7).“

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50 Kommentare

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Die Aussage des BGH, dass wenn sich die Berechtigten gegen die Geltendmachung der Erbunwürdigkeit entscheiden, der Verbleib des Nachlasses beim Täter nicht den Wertungen der Rechtsordnung widerspricht, ist für mich nicht akzeptabel. Da hat der BGH wohl den das gesamte Rechtsleben beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben vergessen. (Formulierung nach Palandt, § 242, Rn.1) Dies sagt ein Rechtsanwalt dessen spektakulärster Prozessfall in drei Jahrzehnten eine Erbunwürdigkeitsklage gegen einen Ehemann war der seine Ehefrau getötet hatte und der dann als schon für erbunwürdig Erklärter die von mir vertretenen Erben der Ehefrau auch noch auf Zahlung von Zugewinnausgleich verklagt hat. (LG Nürnberg-Fürth, FamRZ 2012,1940 sowie Wedel, FuR 2019,374)

Die Vorinstanz LG Lübeck hatte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 73 Abs.1 zutreffend bejaht. Der BGH setzt sich einfach über den eindeutigen Wortlaut hinweg und versucht verzweifelt eine Ausnahme zu konstruieren. Damit setzt er sich auch in Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers: In der Gesetzesbegründung (BT-Drs 18/9525, S.45) heißt es: Der Staat hat alles rechtsstaatlich Mögliche zu unternehmen um die Nutzniessung von Verbrechensgewinnen zu unterbinden.

Ich habe großes Verständnis für den BGH. Zivilrechtliche Ansprüche sollte man dem Zivilrecht und den Zivilgerichten überlassen. Die neuen Einziehungsvorschriften widersprechen diesem Grundsatz und mogeln sich am Zivilrecht vorbei. Denkt man die Entscheidung zu Ende, spricht sie generell gegen die Einziehung überhaupt.

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Wo etwas zu verbleiben hat oder wer etwas herauszugeben hat, ist Obligationen-, also Zivilrecht. Ich habe kein Verständnis für den totschlagargumentativen "Verbleib des Nachlasses beim Mörder", sondern für die Einhaltung zivil(prozess)rechtlicher Vorschriften.

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Sie schreiben dass Sie großes Verständnis für den BGH haben. Dieser hat aber ja gerade ausgeführt dass der Verbleib des Nachlasses beim Mörder nicht den Wertungen der Rechtsordnung widerspricht ! Ich bin für die Einhaltung der strafrechtlichen Vorschrift des § 73 StGB. Die Entscheidung des BGH ist eine contra legem-Entscheidung.

Dieser hat aber ja gerade ausgeführt dass der Verbleib des Nachlasses beim Mörder nicht den Wertungen der Rechtsordnung widerspricht !

Sie enttäuschen mich! Der BGH sagt doch das genaue Gegenteil, nämlich dass die Einziehung "daher ausnahmsweise zu unterbleiben [hat], sofern diese rechtliche Wertung dadurch unterlaufen würde."

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Der BGH sagt aber auch dass der Verbleib des Nachlasses beim Mörder nicht den Wertungen der Rechtsordnung widerspricht. Warum sollte gerade in so einem krassen Fall die vom Gesetz vorgeschriebene Einziehung "ausnahmsweise" unterbleiben?

Ich glaube, der BGH sorgt sich um folgendes Problem: Wenn der Nachlass eingezogen werden kann, müsse er es auch. Verbleibt denn den anderen, ggf. nachrangigen Erben dann noch etwas?

Beispiel: A tötet seine Ehefrau B. Beide haben ein "Berliner Testament". Der Nachlass würde an A fallen, wird aber eingezogen. Die Kinder gehen leer aus. Das erscheint dem BGH ungerecht.

Vielleicht gibt es dazu eine bessere Lösung, bspw. indem man den Verfall nur anordnet, wenn es keine Nacherben gibt oder diese tatsächlich nicht anfechten. Aber ob das im Rahmen der ggw. Gesetze möglich ist oder deren Änderung voraussetzt, kann jedenfalls ich nicht sagen.

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Die Kinder können dann ja auch auf Erbunwürdigkeit des Mörders hinarbeiten und dann geht der Mörder auch leer aus.

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zu Leser: Natürlich hat der BGH Beweggründe dafür dass er sich über den klaren Wortlaut des § 73 hinwegsetzt. Da ist aber dann, wie sie schon andeuten, der Gesetzgeber gefragt und nicht der BGH mit einer Entscheidung contra legem.

Er kann sich über einen klaren Wortlaut hinwegsetzen, weil die juristische Methodik das erlaubt.

Wie möchten Sie es denn lösen, dass beim  Mörder das Erbe eingezogen wird und die an seine Stelle tretenden Erben leer ausgehen? Nach Treu und Glauben die uU rechtskräftige Einziehungsentscheidung aufheben? Die Ermittlung der etwaigen nachrückenden Erben im Strafverfahren und ihre Beiladung als Einziehungsbeteiligte snalog irgendwie und sowieso?

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Die Kinder sind z.B. noch Babys, da brauchen die gesetzliche Vertreter, Prozesskosten fallen auch an.

Das alles und andere Eventualitäten auch noch in ein Gesetz zu gießen, davor wird sich ein Gesetzgeber vermutlich hüten.

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kann er nicht ! contra legem-Entscheidungen gegen Wortlaut und Willen des Gesetzgebers sind nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (z.B. BVerfG NJW 2018,2542) unzulässig. (vgl. dazu z.B. auch Wedel, JurBüro 2013,177, AuR 2014,31, ZMR 2020,281) 

Bgh zitiert doch den Willen des Gesetzgebers? Und dass der Gesetzgeber dem nachrückenden nichtmordenden  Erben den Erbteil entziehen wollte, ist wohl eher nicht anzunehmen?

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Manches verstehe ich bisher nicht. Wie weit wirkt die "Einziehung"? Auch dann wenn nach dem BGH hochgefeierten BGB , "übergreifenden Gedanken" und rechtlicher Wertung der Täter erbunwürdig ist? Mit schlichtem Gemüt und Lesen - ohne Kommentar - kommt es mir doch so vor:

a) Wenn im Moment des Zugriffs des Staates der Täter das Vermögen faktisch hat, mag eingezogen werden, was er hat.

b) Wirkung eines erfolgreichen Erbunwürdigkeitsverfahrens ist nach § 2344 I BGB: (1) Ist ein Erbe für erbunwürdig erklärt, so gilt der Anfall an ihn als nicht erfolgt.

c) von Anfang an - das dürfte stets vor der Einziehung sein.

d) Dann hat der Staat eben ins Nichts gegriffen. § 75 StGB scheint mir das so zu formulieren: (1) Wird die Einziehung eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn der Gegenstand

1.
dem von der Anordnung Betroffenen zu dieser Zeit gehört oder zusteht ...."
was "gilt"? Eben rückwirkend, "von Anfang an". Es zeigt sich, dass "zu dieser Zeit" kraft kaiserlich-BGB-licher rückwirkender Fiktion NIX vom Nachlass gehört hat.
 
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zu Leser 11:12 Uhr 05-04: Erbunwürdigkeit überwindet auch Berliner Testament. Übrigens: den Nachlass der getöteten Ehefrau bekommen die Kinder ggf. angesichts Wegfalls des Mörders. Dessen Eigenvermögen kann der Staat nicht nach § 73 StGB einziehen. 
 
Der BGH spricht so hübsch von "unterlaufen". Wohl ihm selbst ist unterlaufen mangelnde Prüfung der Rechtslage. 
Gast 15:49 Uhr hat ja Recht: "Die Kinder sind z.B. noch Babys, da brauchen die gesetzliche Vertreter, Prozesskosten fallen auch an." Tja, such ist Rechts-life. Aber den Gesetzgeber brauchen wir dafür nicht - der Kaiser hat schon vernünftig geregelt.

Befassen Sie sich doch mal mit der Ermordung der Erbtante im Fall Benedikt T., dem sog. Parkhausmord.

Da gab es auch Erbmauscheleien.

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b) Wirkung eines erfolgreichen Erbunwürdigkeitsverfahrens ist nach § 2344 I BGB: (1) Ist ein Erbe für erbunwürdig erklärt, so gilt der Anfall an ihn als nicht erfolgt.

c) von Anfang an - das dürfte stets vor der Einziehung sein.

Die Erklärung der Erbunwürdigkeit ist zeitlich doch nicht mit einer Einziehung in Ihrer Reihenfolge verbunden.

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Zu Cleverle 05-06   13:29 Uhr: bei Tötungsdelikt ist der Erbfall mit dem Tode eingetreten. Dem wird die Einziehung § 73 StGB nachfolgen. Ist die Erbunwürdigkeit mit der Folge des § 2344 BB bereits zuvor rechtskräftig ausgesprochen, so wird der Staat gar nicht versuchen, irgendetwas einzuziehen. Nur wenn bis zum Einziehunsakt die Wirkung des § 2344 BGB noch nicht ausgesprochen ist, scheint der Mörder zunächst Erbe zu sein. Dann mag und sollte entgegen dieser BGH-Entscheidung der Staat durchaus einziehen nach § 73 StGB. Den "wahren" Erben bleiben die durch BGH wertend zugesprochenen Vorteile, sobald die Wirkung des § 2344 BGB eintritt, nämlich  fiktiv rückwirkend.  Das müsste eigentlich sowohl bei Alleinerbschaft wie auch Miterbschaft "passen".

Aus der Geschichte sind auch Mörder bekannt, die nach Entlassung aus der Haft exklusive Presseverträge abschliessen und so die Mordtat noch nachträglich zu Geld machen, auch durch Buchveröffentlichungen oder ähnliches, auch noch während der Haft.

In Hessen gab es so einen ähnlichen Fall, sogar mit einer angedachten Stiftung für Mordopfer, was zum Glück verhindert werden konnte.

Die Rechtsordnung geriete dadurch m.E. in Unordnung, aber das wäre dann ein anderes Kapitel.

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zu Beobachter 05-07   01:05 Uhr: Ob das im Sinne von § 73 StGB Vorteile sind, die aus der Tat erlangt sind? Oder durch spätere Vermarktung? Aber interessante Erwägung!

 

 

 

Denken Sie an die fiktive Schlagzeile einer Zeitung mit 4 Buchstaben im Titel:

"Christian Klar packt aus, so war es wirklich. Seine Tagebücher wurden endlich gefunden, die RAF-Geschichte muss neu geschrieben werden."

Das wäre wie ein neuer Stern am Pressehimmel ......

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Wenn wir schon bei "Einziehung" sind und heute 5.5.2020 Karlsruhe hören und lesen - kann man eigentlich 5/3 x B 11 einziehen, die jemand_#'*/In bezieht, obwohl permanent pflichtwidrig , verfassungswidrig , nichts gegen Vermögensverballerung unternommen wird, § 266 StGB? 

"Fingierter Erbrechtsstreit mit dem Ziel einer Wiederaufnahme in der Strafsache"

Darum geht es als Parallele zum Mord zu Lasten der Ehefrau.

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Ich finde per google einiges über einen Wiederaufnahmeantrag. Zusammenhang mit der hier thematisierten Einziehung nach § 73 StGB sehe ich dort  nicht.

Hielten Sie eine Einziehung für völlig abwegig, wenn der rechtskräftig verurteilte Mörder ein ausbezahlter Erbe geworden wäre, also auf einem seiner Konten eine Summe aus dem Nachlass der Erbtante gehabt hätte?

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Zu Cleverle 05-06 12:53 Uhr: Was meinen Sie mit "ausbezahlt", "auf einem seiner Konten" ? Vermächtnis? Dann § 2345 BGB. Oder bei Teilung in Erbengemeinschaft? Dann hätte der wahre Miterbe, der an seine Stelle tritt, wegen § 2344 BGB Herausgabeanspruch, ggf. gegen den Staat.

Mit "ausbezahlt" meinte ich nur eine tatsächliche Überweisung, aber wie Sie wissen, verkleinern manche Erblasser auch schon zu Lebzeiten den späteren Nachlass durch Schenkungen wegen möglicher Pflichtteilsansprüche mit der bekannten 10-Jahresfrist. Wieweit da dann noch etwas bei einer Erbunwürdigkeit zurückzuholen wäre, das müssen andere beurteilen, die sich damit besser auskennen. Das Berliner Testament ließe sich ja auch m.W. durch einen Testamentvollstrecker mit Vor- und Nacherben so verbessern, dass eine Pflichtteilsforderung noch weniger attraktiv wird.

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An Erbverträge könnte man auch noch denken bei einer Einziehung im Fall einer Ermordung des Erblassers. Der BGH jedoch scheint Einziehungen ja ablehnend zu bewerten in solchen Fällen.

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Zu Cleverle 05-07    22:02 Uhr: Weder nach BGH noch nach Rechtslage kommt es auf den erbrechtlichen Grund des Anfalls an: Testament, Erbvertrag, gesetzliche Erbfolge - das ist für § 73 StGB egal.

Zu Cleverle 05-07   21:55Uhr: Ein Blick ins Gesetz hilft bisweilen: § 530 Abs 2 BGB. Dies zu Schenkungen zu Lebzeiten, die im übrigen nicht § 73 StGB unterfallen dürften.

Der Erbe entscheidet über die Schenkung nach diesem §, es gäbe aber auch die Möglichkeit einer fingierten (behaupteten) Schenkung durch den Täter.

Ob da denn ebenfalls eine Einziehung nicht möglich wäre, erscheint mir noch nicht abschließend geklärt.

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Zu Gast 05-08    11:44 - in welchem "Zusammenhang" § 937 BGB? Wer soll wann was ersessen haben? Der Erblasser, der Mörder, der nach erfolgreicher Anfechtung Erbe?

Das mit dem Ersitzen entspringt folgender Überlegung: Die Erbtante war auch noch eine Kunstsammlerin, in ihrer Wohnung hingen nachweisbar mehrere sehr wertvolle Originale der klassischen Moderne. Beim Mörder wird in der Wohnung an der Wand eines dieser Bilder mit einem Marktwert von einer halben Million Euro aufgefunden. Da dieser aber das BGB kennt, behauptet er, die Erbtante habe ihm dieses Bild nicht vor 12 Jahren geschenkt, eine Schenkung kann ja gemäß BGB § 530 Abs 2 widerrrufen werden, sondern habe ihm dieses Bild damals nur zur Verfügung gestellt, um eine kahle Wand in seiner Wohnung etwas aufzuhübschen. Und da die Erbtante das Bild ja nie zurückverlangt habe, wäre es nun von ihm ersessen worden gemäß BGB § 937.

Notfalls hat der Mörder auch noch a) ein paar Papiere als Belege dafür vorhanden, oder b) die auch noch so gut gefälscht, dass diese Legende nicht zu widerlegen ist.

Kann der Mörder der Erbtante damit durchdringen, das Bild behalten bzw. vor einem Entzug retten und sich in´s Fäustchen lachen?

Da dürfte jetzt echtes Expertenwissen gefragt sein.

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Zu Cleverle 05-09   12:14: Nach Ihrer Schlderunghatte der Mann das Bild erde ur leihweise, d.h. nicht zu "eigen" bekommen. Von Seiten der Tante hat sich daran nichts geändert. Hätte er sich einmal dazu entschlossen, es als "eigen" anzusehen, so wäre er  nicht nach §937 II BGB dabei im guten Glauben gewesen. Was anderes sollen die ggf. gefälschten Papiere denn besagen?

Ich schrieb  ja "zur Verfügung gestellt", das heißt nicht zwingend "leihweise" ! Als Gegenleistung hatte die Erbtante im fiktiven Fall kleinere Haushütereien und ähnliches, wie Botendienste und Autowäschen, erhalten, ursprünglich war diese Bild auch von der Erbtante als nicht so wertvoll erachtet worden nach der Darstellung des Mörders, die nicht zu widerlegen war, wie das ja auch nicht unüblich ist bei Bildern und anderen Kunstgegenständen.

Und die gefälschten Papiere belegen zum Beispiel einige diese Dienstleistungen, oder betreffen einen Brief der Tante zu der Angelegenheit, in dem sie dieses Bild als nicht sehr wertvoll bezeichnete.

Damit war der gute Glaube glaubhaft dargestellt worden, er habe das Bild daher als eigen und erworben ansehen können.

Ein paar Semester Jura können doch große Ganoven machen, nicht jeder davon muß auch gleich Magnus heißen.

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Bleiben wir mal bei der gedachten Konstellation Erbtante, 2 Brüder als Neffen sind gesetzliche Erben, einer ist der Mörder der Erbtante und erbunwürdig, kann daher kein Erbe sein, Einzug fällt daher auch weg nach BGH. Dieser Mörder hat aber nun fiktiv einen Vermögensteil der gemordeten Erbtante sich durch Betrug angeeignet. Dann liegt doch meiner unfachmännischen Einschätzung nach kein Hinderungsgrund für einen Einzug gemäß § 73 StGB vor. Aber vor jedem Expertenwissen ziehe ich immer meinen Hut.

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Gast   05-08   14:11: § 73 StGB knüpft ja nicht nur an Mord als Vortat an. Freilich sollte der Erbe dann auch ggf. seine Ansprüche durchsetzen könne, § 823 II BGB, 263 StGB

 

In dem Fall scheint ja eine gewisse brüderliche Kumpanei vorhanden gewesen zu sein, nichts an den Staat fallen zu lassen, prozessieren um Ansprüche kostet ja auch immer Geld, das an den Staat und an Anwälte geht.

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Strafverfahren durch Betrugsanzeigen eines Bruders in Gang setzen beansprucht auch staatliche Ressourcen, den Lohn quasi als Aufwandsentschädigung dafür streicht der Staat ohne einen Entzug nicht ein. 

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Nun, Cleverle 05-08  11:38 Uhr im Prinzip halte ich ja diese BGH-Entscheidung für falsch. Nach § 73 StGB kann und muss der Staat erst einmal "zuschlagen". Wenn der Evlasser noch geschenkt hat, dann § 530 II BGB für den Erben. Wenn die Schenkung nur fingiert war  §§ 823 II BGB iVm Strafrechtsnorm , ggf. 263 StGB.

Es gab eine Einziehung des Erbteils. Andere Angehörige klagten dann vor Zivilkammer auf Erbunwürdigkeit mit offenbar zwei Zielen: 1. Erbe erhalten 2. Wiederaufnahmegrund schaffen (neue Gutachten, Zeugenaussagen u.a.). Man hat dann wohl nach vermeintlichem Erreichen von Ziel 2 ein Anerkenntnis oder VU kreiert, hat wohl im Ergebnis für Ziel 2 nichts gebracht.

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Da kenne ich eines, da wollte der Staat dann noch unbezahlte Gerichtskosten für ein VU eintreiben mit Gerichtsvollzieher und wollte dafür die Erben oder ein Testament ermitteln per Hausdurchsuchung zur Nachlassfestellung und Nachlasssicherung.

Aber für einen privaten Erbfall später machte der Staat so einen Aufwand doch nicht, wenn private Gläubiger an ihr Geld wollen.

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Neben einer Geldsumme gäbe es unter Umständen auch andere Vorteile für den Mörder aus dem Nachlass der Erbtante, die gemäß § 73 StGB dem Einzug unterliegen könnten.

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