BVerfG: Daten für die medizinische Forschung dürfen vorerst ausgewertet werden

von Dr. Michaela Hermes, LL.M., veröffentlicht am 22.05.2020
Rechtsgebiete: Weitere ThemenMedizinrechtDatenschutzrecht|3872 Aufrufe

Die neu in das SGB V eingefügten Vorschriften zur Nutzung von Krankenversicherungsdaten für die medizinische Forschung und die Gesundheitsversorgung bleiben weiter in Kraft. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 19.03.2020 -  BvQ 1/20  entschieden.

Worum geht es?

§ 68a Abs. 5 SGB V bestimmt die Auswertung von Sozialdaten zur Analyse von Innovationsförderungen.

§ 68a Abs. 5 SGB V ermächtigt die gesetzlichen Krankenkassen dazu, Daten der gesetzlich Versicherten in pseudonymisierter oder auch anonymisierter Form auszuwerten. Mit dieser Vorschrift steht den Krankenkassen eine neue datenschutzrechtliche Regelung zur zweckgebundenen Verarbeitung von bereits erhobenen Sozialdaten zur Verfügung. Das sind z.B. Daten über das Alter, Geschlecht, Wohnort.  Dadurch sollen Bedarf  und Auswirkungen von digitalen Innovationen im Gesundheitsbereich ermittelt werden.  

§§ 303a ff SGB V

Die ebenfalls neu in das SGB V eingefügten §§ 303a ff SGB V legen fest, dass die Krankenkassen ihre Abrechnungsdaten zu Forschungszwecken an verschiedene Akteure des Gesundheitsbereichs übermitteln können.  Die Daten müssen dafür ein sogenanntes Datentransparentverfahren durchlaufen. Zunächst werden sie an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen als Datensammelstelle übermittelt. Anschließend gibt der Spitzenverband sie an ein noch einzurichtendes Forschungsdatenzentrumund eine Vertrauensstelle weiter. Wie die Kassendaten aufbereitet werden, bestimmt eine neue Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums:  „Verordnung zur Neufassung der Datentransparenzverordnung und zur Änderung der Datentransparenz-Gebührenverordnung“.  Jens Spahn hat den Verordnungsentwurf gerade vorgelegt.

Der Fall

Der Antragsteller leidet an einer seltenen Erbkrankheit und befürchtet, trotz Pseudo- oder Anonymisierung aus den Datensätzen reidentifiziert werden zu können. Er beantragte die vorläufige Außerkraftsetzung der einschlägigen SGB-V-Bestimmungen.

Das BVerfG sagte, tiefe Eingriffe ins Persönlichkeitsrecht seien zwar möglich, da viele sensible Daten flächendeckend erhoben und verarbeitet werden. Eine vertiefte Prüfung könne aber erst im Hauptsacheverfahren geleistet werden. Die begehrte einstweilige Anordnung hat es nicht erlassen.

Siehe dazu auch den Beitrag über das Digitale-Versorgungs-Gesetz: Spahns Gesetz über Gesundheitsdaten bereitet Kopfschmerzen.

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