LG München I: Zur Haftung des Aufsichtsratsvorsitzenden bei Abschluss eines Vorstandsvertrags ohne Aufsichtsratsbeschluss

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 25.05.2020

Das LG München I hat mit Urteil vom 13. Februar 2020 (5 HK O 2393/19, ZIP 2020, 971) die Haftung eines Aufsichtsratsvorsitzenden abgelehnt, der einen Anstellungsvertrag mit einer tatsächlich nicht bestellten Vorstandskandidatin abgeschlossen hatte.

Vertrag mit leer gelassenem Bestellungsdatum

Die Kandidatin – eine Rechtsanwältin – hatte mit dem Vorstand und dem Aufsichtsratsvorsitzenden zunächst persönliche Gespräche geführt. Im Nachgang erhielt sie zwei vom Aufsichtsratsvorsitzenden für den Aufsichtsrat unterzeichnete Vertragsausfertigungen, die sie gegenzeichnete. In der Vertragspassage, die auf eine parallele Bestellung Bezug nahm, war das Datum des Bestellungsbeschlusses mit einer Leerstelle versehen. Der Aufsichtsrat lehnte die Bestellung letztlich ab.

Kandidatin hätte fehlende Bestellung bemerken müssen

In ihrer Entscheidung verneint die Kammer einen Anspruch der Kandidatin gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden aus § 179 Abs. 1 BGB. Danach haftet ein Vertreter, der ohne Vertretungsmacht einen Vertrag schließt, ggf. selbst auf Erfüllung oder Schadensersatz. Ein Anspruch hieraus, so die Kammer, komme wegen § 179 Abs. 3 BGB nicht in Betracht. Danach ist eine Haftung ausgeschlossen, wenn der andere Vertragsteil den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen musste. Vorliegend, so die Kammer, hätte die Kandidatin die Leerstelle zur Aufsichtsratsbestellung im Vertragstext zum Anlass für Nachfragen nehmen müssen. Sie hätte so erkennen können und müssen, dass der Bestellungsbeschluss gefehlt habe. Als Rechtsanwältin müsse sie sich auch ihr juristisches Sonderwissen über die Abhängigkeit zwischen Anstellungsvertrag und Bestellung zurechnen lassen.

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