Mal wieder: Elektronischer Rechtsverkehr

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 03.06.2020
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|2321 Aufrufe

Über die Schwierigkeiten, bestimmende Schriftsätze auf elektronischem Wege korrekt bei Gericht einzureichen, habe ich an dieser Stelle bereits mehrfach berichtet. Das Hessische LAG hat sich nun erneut zur Unzulässigkeit der sog. Containersignatur geäußert und zugleich entschieden, dass die Unwirksamkeit einer elektronischen Einreichung nicht dadurch geheilt wird, dass der Schriftsatz später (nach Fristablauf) klassisch "auf Papier" zu den Akten gereicht wird. Allerdings müsse das Gericht der Partei Vertrauensschutz gewähren, wenn es zuvor den (unzutreffenden) Hinweis erteilt habe, dass es die Containersignatur für wirksam erachte.

1. Wird ein bestimmender Schriftsatz auf elektronischem Weg über das EGVP nach dem 1.1.2018 bei den Gerichten für Arbeitssachen eingereicht und enthält dieser eine sog. Containersignatur, so ist die Prozesshandlung grds. unwirksam (Anschluss an BAG 15.8.2018 - 2 AZN 269/18 - NJW 2018, 2978).
2. Hat das Arbeitsgericht in erster Instanz innerhalb eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs nicht auf die Unzulässigkeit der Klageeinreichung hingewiesen, so ist der Mangel von dem Rechtsmittelgericht als unbeachtlich anzusehen. Dies folgt aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens und der Fürsorgepflicht des Gerichts (Art. 2 Abs. 1, 20 Abs. 3 GG). Eine Heilung nach § 295 ZPO ist nicht möglich.
3. Hat das Arbeitsgericht einen rechtlich unzutreffenden Hinweis erteilt, dass es die Containersignatur i.E. als wirksam ansehe, so ist der Partei jedenfalls auch Vertrauensschutz zu gewähren.

In den Entscheidungsgründen heißt es: "... Das Bundesarbeitsgericht hat sich in der bereits schon erwähnten Entscheidung ausdrücklich gegen die vom OLG Brandenburg (vgl. OLG Brandenburg 6.3.2018 - 13 WF 45/18 - NJW 2018, 1482) vertretene Rechtsauffassung gewandt und es nicht ausreichen lassen, dass ein elektronisches Dokument mit einer Containersignatur bei Gericht auf Papier ausgedruckt wurde (vgl. BAG 15.8.2018 - 2 AZN 269/18 - Rn. 6, NJW 2018, 2978). Die möglicherweise noch immer vom Bundesgerichtshof anderweitig vertretene Ansicht erscheint nicht zutreffend."

Im konkreten Fall stritten die Parteien über die Verpflichtung der Beklagten, Beiträge iHv. rund 37.000 Euro zu den Sozialkassen des Baugewerbes zu entrichten. Der Kläger hatte die Klage elektronisch eingereicht und mit einer sog. Containersignatur versehen. Damit war die Klage nicht in zulässiger Weise erhoben worden. Da das Arbeitsgericht jedoch den (unzutreffenden) Hinweis erteilt hatte, dass es die Klageerhebung als wirksam ansehe, war ausnahmsweise Vertrauensschutz zu gewähren.

Die Revision wurde zugelassen.

Hessisches LAG, Urt. vom 14.2.2020 - 10 Sa 1031/19 SK, BeckRS 2020, 8528

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