Keine Fahrerlaubnisentziehung wegen "COVID 19-Notstandes"?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 08.08.2020
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1858 Aufrufe

Der Kläger musste eine verwaltungsrechtliche Fahrerlaubnisentziehung über sich ergehen lassen. Neben anderen Punkten wandte er einen "COVID 19-Notstand" ein. Erfolglos:

 

 

Somit liegen hier die Voraussetzungen für die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens auf der Grundlage des § 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 2 Sätze 1 und 2 FeV und Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV vor. Aufgrund der Verweigerung der Vorlage des geforderten Gutachtens durfte der Antragsgegner gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen.

 Die Regelung des § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV sieht sodann die Entziehung der Fahrerlaubnis bei Vorliegen der Voraussetzungen zwingend vor. Raum für Ermessens- bzw. Billigkeitserwägungen, in deren Rahmen die beruflichen Erfordernisse und sonstige Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte berücksichtigt werden könnten, besteht nicht. Keine Berücksichtigung im Rahmen dieses Verfahrens kann somit der Umstand finden, dass der Antragsteller vorträgt, als Familienvater und vor dem Hintergrund (im Übrigen weder näher substantiierter, geschweige denn glaubhaft gemachter) gesundheitlicher Probleme seiner Ehefrau zwingend darauf angewiesen zu sein, in Zeiten des „Covid19-Notstandes“ bei Bedarf (wohl: mit dem Kfz) Einkäufe tätigen oder ggf. Arzneimittel besorgen zu können. Insofern gilt nichts anderes als für Antragsteller, die möglicherweise beruflich auf den Führerschein angewiesen sind und deren berufliche Existenz ohne diesen gefährdet ist. Derartige Gefahren sind ebenso wie wirtschaftliche oder andere Schwierigkeiten im Rahmen einer Fahrerlaubnisentziehung grundsätzlich ohne rechtliche Bedeutung, da die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs den wirtschaftlichen, beruflichen oder privaten Interessen des Einzelnen vorgeht. Im Interesse der Gefahrenabwehr hat der Betroffene auch die absehbaren Nachteile in Kauf zu nehmen, die insoweit entstehen. Entgegen dem Vortrag des Antragstellers steht der mit Bescheid vom 01.04.2020 ausgesprochenen Fahrerlaubnisentziehung auch nicht der bisherige Zeitablauf entgegen, zumal die Entziehung (nebst Sofortvollzugsanordnung) hier letztlich daran anknüpft, dass der Antragsteller mit Schriftsatz vom 11.03.2020 erklärt hat, an der Begutachtung seiner Fahreignung nicht teilnehmen zu wollen.

VG Saarlouis Beschl. v. 9.7.2020 – 5 L 454/20, BeckRS 2020, 16185 

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