Kein Abiball wegen Corona - Anzahlung zurück!

von Prof. Dr. Thomas Riehm, veröffentlicht am 27.10.2020
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtBildungsrechtCorona|6413 Aufrufe

Immer mehr Corona-Fälle erreichen die Zivilgerichte. Waren es anfangs überwiegend Fälle aus dem Bereich der Gewerberaummiete (s. dazu hier und hier), so werden nun auch Entscheidungen aus anderen Branchen bekannt. Mit Urteil vom 25.9.2020 (3 O 261/20, BeckRS 2020, 27363) hat das LG Paderborn über die Klage eines Abitur-Jahrgangs gegen eine Veranstaltung-Agentur auf Rückzahlung von 10.000 € Anzahlung entschieden, die der Jahrgang für die Ausrichtung des Abiballs 2020 erbracht hatte. Der Abiball hätte am 20.6.2020 stattfinden sollen und ist letztlich der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen. Die Agentur hatte noch Ausweichtermine am 18.7.2020 oder im November angeboten, an welchen allerdings eine Veranstaltung des Abiballs im vorgesehenen Umfang (d.h. mit den Eltern) ebenfalls an der Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen gescheitert wäre.

Der Vertrag der Parteien enthielt folgende Klausel zu höherer Gewalt:

§ 8 Rechtsfolgen bei Ausfall der Veranstaltung auf Grund höherer Gewalt

(1) Findet die Veranstaltung aufgrund höherer Gewalt von Anfang an nicht statt, so ist von keiner Partei Leistung zu erbringen. Teilleistungen sind entsprechend der von den Parteien vorgenommenen Bewertung zu vergüten, Vorauszahlungen sind zu erstatten.

(2) […]

(3) Beide Parteien bemühen sich, soweit möglich einen neuen Veranstaltungstermin zu finden.

Das Landgericht hat dem klagenden Jahrgang auf der Grundlage dieser Klausel recht gegeben und die beklagte Veranstaltung-Agentur zur Rückzahlung der Anzahlung verurteilt. dabei hat es – wohl erstmals für ein deutsches Gericht – die Corona-Pandemie ausdrücklich als ein Ereignis höherer Gewalt anerkannt.

Die sogenannte Gutscheinlösung nach Art. 240 § 5 I EGBGB sei nicht anwendbar, weil Vertragsgegenstand nicht Eintrittskarten oder Nutzungsberechtigungen im Sinne dieser Vorschrift gewesen seien.

Einen Gegenanspruch der Veranstaltung-Agentur wegen einer Verletzung von Mitwirkungspflichten lehnt das Landgericht ab: die Corona-Pandemie und ihre Folgen waren selbst verständlich nicht von den Klägern verschuldet worden. Nach Auslegung des Vertrages kommt das Gericht zudem zu dem Ergebnis, dass ein Ausweichtermin für die Veranstaltung in der Form, in der sie Vertragsgegenstand geworden war, unmöglich zu finden war, da § 13 Va der Corona-Schutzverordnung des Landes NRW Veranstaltungen entsprechender Größenordnung unter Einschluss der Eltern der Schülerinnen und Schüler zu keinem Zeitpunkt innerhalb eines vertretbaren Zeitfensters nach dem eigentlichen Anlass der Feier (Abitur) zugelassen hätte. Damit war entweder Unmöglichkeit eingetreten, weil es sich um ein absolutes Fixgeschäft gehandelt habe, oder zumindest ein Rücktrittsgrund nach § 323 I, II Nr. 2 BGB, wenn es sich um ein relatives Fixgeschäft gehandelt hätte.

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