Für eine generelle Maskenpflicht am Arbeitsplatz

von Martin Biebl, veröffentlicht am 24.01.2021
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtCorona3|5444 Aufrufe

Die gesetzlich verordnete Homeoffice-Pflicht wäre ein Fehler gewesen. Es ist gut, dass sich auch aus der nun vorgelegten Verordnung keine generelle Verpflichtung ergibt. Wenn die Wirtschaft weiterlaufen soll, dann muss Arbeit im Büro weiterhin erlaubt sein. Dennoch gibt es für Arbeitgeber keinen Freibrief zum "Weiter so". Die bestehenden Schutzkonzepte müssen immer wieder überarbeitet und zur Einhaltung der neuen Standards teilweise deutlich verschärft werden.

Und weiterhin gilt natürlich: Auch wenn es keine gesetzliche Pflicht zur Anordnung von Homeoffice gibt, sollten Arbeitgeber immer wieder kritisch hinterfragen, ob nicht doch mehr Arbeit von zu Hause erbracht werden kann. Sicher gibt es auch bei klassischen Bürotätigkeiten Aufgaben, die man sinnvoll nur im Büro erledigen kann. Die Erfahrung aus dem ersten Lockdown zeigt aber, dass es auch aktuell durchaus noch zahlreiche Tätigkeiten geben müsste, die von zu Hause erledigt werden können. Schließlich waren im ersten Lockdown deutlich mehr Menschen im Homeoffice und haben dort ihre Arbeit erledigt. Das Virus hat nichts von seiner Gefährlichkeit verloren, neue Mutationen sind ansteckender, womöglich tödlicher. Da überrascht es schon, dass momentan weniger als 20 % der Arbeitnehmer im Hoemoffice tätig sind. Nicht alles, was im Büro nur bequemer erledigt werden kann, stellt einen betriebsbedingten Grund für die Anwesenheit im Büro im Sinne der neuen Verordnung dar. Arbeitgeber sollten sich sehr kritisch hinterfragen und Arbeitnehmer proaktiv auf das Homeoffice hinweisen. Arbeitnehmer sollten ihre Arbeitgeber mit der Forderung nach Homeoffice konfrontieren, wenn Arbeitgeber einfach untätig bleiben. Und wo Homeoffice aus überzeugenden (!) Gründen nicht möglich ist, müssen noch strengere Schutzmaßnahmen in den Büros her. Die Doppel- oder Mehrfachbelegung von Büros muss soweit wie möglich vermieden werden. Lüftungskonzepte müssen erarbeitet werden und die Arbeitnehmer müssen an deren Einhaltung erinnert werden. (Medizinische) Masken müssen ja bereits jetzt auf Verkehrsflächen (Eingangsbereich, Treppenhaus, Küchen, Toiletten usw.) getragen werden. Die Maskenpflicht besteht zudem immer dann, wenn die Abstandsregeln und Vorgaben zu den räumlichen Verhältnissen nicht eingehalten werden können.

Aber reicht das? Könnten Arbeitgeber nicht noch mehr tun? Wieso gibt es – unabhängig von der Größe eines Raums – keine Maskenpflicht, sobald sich mehrere Personen in einem Raum aufhalten? Was nützt es, sich zwanzigmal am Tag die Hände zu waschen, in die Armbeuge zu husten und die Corona-App zu nutzen, wenn man acht Stunden mit einem oder mehreren Kollegen im (Großraum-)Büro sitzt? Auch wenn es gemessen an der Verordnung "groß genug? wäre? In einem 20 Quadratmeter großen Büro, in dem zwei Personen gemeinsam tätig werden, stehen die Tische in den meisten Fällen noch immer eng aneinander und durch eine gut gemeinte Plexyglasschreibe getrennt. Aerosole interessieren sich in geschlossenen und (vor allem in beheizten) Räumen aber eher nicht für Trennwände und Abstände, wohl auch nicht, wenn die Räumlichkeiten eine Mindestfläche von 10 Quadratmetern für jede im Raum befindliche Person vorsehen. Die Aerosole steigen mit der Atemluft auf, werden vom Luftstrom im Raum umher bewegt und bewegen sich fröhlich zum Kollegen, obwohl der in einem Abstand von mindestens 1,5 Meter hinter der Plexyglasscheibe sitzt. Abstand, Trennwand und die Einhaltung der Hygieneregeln nützen also eventuell gar nichts, wenn ein Infizierter mit einem Nicht-Infizierten den ganzen Tag in einem Raum sitzt. Dieses Risiko muss möglichst ausgeschlossen, jedenfalls aber minimiert werden. Da hilft das Tragen einer medizinischen Maske, am besten einer FFP2-Maske.

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers dürfte die Anordnung einer allgemeinen Maskenpflicht im Betrieb abdecken, wenn mehrere Personen in einem Raum arbeiten. Natürlich unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte eins Betriebsrats. Einen unzulässigen Eingriff in die Rechtsposition des Arbeitnehmers sehe ich ohne medizinische Gegenindikation nicht. Man sollte aber zum Ausgleich für das Tragen der Maske über längere und häufigere Pausen nachdenken, um die Maske an der frischen Luft absetzen zu können. Acht Stunden mit Maske sind ohne jeden Zweifel anstrengend. Deshalb wird sich auch der Arbeitnehmer, der bisher v.a. aus Bequemlichkeit noch ins Büro gefahren ist, nochmal kritisch überlegen, ob seine Tätigkeit nicht doch auch von zu Hause erbracht werden kann. Es wäre ein netter Nebeneffekt, wenn auch dadurch die Bürobelegung sinken würde.

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3 Kommentare

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"Deshalb wird sich auch der Arbeitnehmer, der bisher v.a. aus Bequemlichkeit noch ins Büro gefahren ist"

Öh... Wer fährt denn "aus Bequemlichkeit" ins Büro?

Naheliegende Gründe dürften wohl eher "gefühlte Notwendigkeit", Erwartungshaltung des Arbeitgebers oder mangelnde technische Ausstattung sein.

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"... am besten mit FFP2-Maske"? Da habe ich meine Zweifel.

FFP2 Masken müssen nach  DGUV Regel 112–190 "Benutzung von Atemschutzgeräten" nach maximal 75 Minuten für mindestens 30 Minuten abgelegt werden. Man wird also bei 8h mindestens 3h Pausen machen müssen, in denen nicht gearbeitet werden kann. Das kann man natürlich organisatorisch bei 1- und 2-Schichtbetrieben durch zusätzliche Pausenanordnung abbilden, führt aber zu 2,5 Stunden längerer Anwesenheit am Arbeitsort und sicher nicht zur Begeisterung der Arbeitnehmer.

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