Erst Test, danach Präsenzunterricht

von Sibylle Schwarz, veröffentlicht am 23.04.2021
Rechtsgebiete: BildungsrechtCorona3|2909 Aufrufe

- „alles ok“ sagten Oberverwaltungsgerichte in einigen Bundesländern in dieser Woche dazu. Und am heutigen Freitag tritt diese Regelung im neuen Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Kraft.

 

Fortsetzung von KITA / SCHULE „Du darfst hier nicht rein“ (veröffentlicht am 25. März 2021 von Sibylle Schwarz)

dort:

  • Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 19. März 2021, 3 B 81/21
  • Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 12. April 2021, 20 NE 21.926

 

hierin Entscheidungen (in zeitlicher Reihenfolge):

  • Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. April 2021, 11 S 48/21
  • Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16. April 2021, 3 R 94/21
  • Oberverwaltungsgericht Niedersachsen (Lüneburg), Beschluss vom 19. April 2021, 13 MN 192/21
  • Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Beschluss vom 20. April 2021, 1 B 180/21
  • Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 21. April 2021, Vf. 26-VII-21
  • Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21. April 2021, 3 R 97/21
  • Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. April 2021, 13 B 559/21.NE
  • (am 3. Mai ergänzt) Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss von Ende April 2021, 3 MB 23/21 und 3 MB 25/21
  • (am 5. Mai ergänzt) Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. April 2021 und 3. Mai 2021, 1 S 1204/21, 1 S 1340/21 

und

Viertes Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 22. April 2021, das das Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. März 2021 (BGBl. I S. 370) geändert worden ist, ändert.

sowie

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 20. April 2021, 1 KM 222/21 zu Testpflicht für Kinder in Kindertageseinrichtungen 

 

 

1. Worum wird gestritten

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. April 2021, 11 S 48/21

Der 9-jährige Antragsteller ist Schüler der 3. Klasse und wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen Verordnungsregelungen, die ihm ab dem 19. April 2021 die Teilnahme am Präsenzunterricht nur nach Vorlage eines Testergebnisses über das Nichtvorliegen einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus ermöglichen.

 

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16. April 2021, 3 R 94/21 (Pressemitteilung)

In einem Normenkontrollverfahren einen Eilantrag eines Schülers und einer Schülerin sowie von deren Eltern (Antragsteller) abgelehnt, der sich gegen den im Landkreis Burgenlandkreis (Antragsgegner) im Rahmen eines Modellprojekts angeordneten Ausschluss von Schülerinnen und Schülern, für die keine Zustimmungserklärung zur Teilnahme an Corona-Schnelltests vorliegt, vom Präsenzunterricht in Schulen richtet.

 

Oberverwaltungsgericht Niedersachsen (Lüneburg), Beschluss vom 19. April 2021, 13 MN 192/21

Die Antragsteller, wohnhaft in einer niedersächsischen Gemeinde, besuchen weiterführende öffentliche Schulen und begehren die vorläufige Außervollzugsetzung der Regelungen einer infektionsschutzrechtlichen Verordnung, wonach ihnen der Zutritt zu einem Schulgelände während des Schulbetriebs verboten ist, wenn sie nicht durch eine ärztliche Bescheinigung oder durch einen bestimmten Test ausschließen, dass bei ihnen eine Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 vorliegt.

 

Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Beschluss vom 20. April 2021, 1 B 180/21

Die Antragsteller besuchen eine Grundschule in Bremen und begehren die einstweilige Außervollzugsetzung der Vierundzwanzigsten Coronaverordnung, soweit nach deren § 17 Abs. 4 und 5 der Zutritt zum Schulgelände – und damit die Teilnahme am Präsenzunterricht – nur unter Vorlage eines Tests auf das Coronavirus SARS-CoV-2 mit negativem Testergebnis zulässig ist und das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ab einem lnzidenzwert von 100 auch in Grundschulen angeordnet wird.

 

Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 21. April 2021, Vf. 26-VII-21

Die Antragsteller wenden sich im Popularklageverfahren gegen § 18 Abs. 1 Satz 3, Abs. 4 und § 19 Abs. 1 der Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (12. BayIfSMV) des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 5. März 2021 … Die Antragsteller sind der Auffassung, die Vorschriften zum Distanz- und Wechsel-unterricht in Schulen gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3 12. BayIfSMV und zum Tagesbe-treuungsangebot für Kinder, Jugendliche und junge Volljährige in § 19 Abs. 1 12. BayIfSMV verletzten die Grundrechte … Für die in § 18 Abs. 4 12. BayIfSMV statuierte Testpflicht stelle § 28 a Abs. 1 Nr. 16 IfSG keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage dar.

 

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21. April 2021, 3 R 97/21 (Pressemitteilung)

Ein Eilantrag in einem Normenkontrollverfahren gegen die verbindlichen Testungen von Schülerinnen und Schüler als Voraussetzung zur Teilnahme am Unterricht in Sachsen-Anhalt auf der Grundlage von § 1 Abs. 3 Satz 3, § 11 Abs. 9 der Elften Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Sachsen-Anhalt vom 25. März 2021 (GVBl. S. 104) in der Fassung …, abgelehnt.

 

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. April 2021, 13 B 559/21.NE (Pressemitteilung)

Die Antragsteller, eine Sechstklässlerin und ein Achtklässler aus Bedburg, hatten unter anderem geltend gemacht, die Testpflicht verletze sie in ihrem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Die korrekte Anwendung der vorgesehenen Antigentests sei zu komplex und die Aussagekraft der Testergebnisse gering. Die Erfassung und Aufbewahrung von Testergebnissen und Nachweisen stellten einen unzulässigen Eingriff in ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Darüber hinaus befürchteten sie eine Stigmatisierung im Falle eines positiven Testergebnisses.

 

 

2. Wie haben die Gerichte entschieden

Der Antrag wird zurückgewiesen (auch Formulierung: abgelehnt oder abgewiesen).

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof fordert die (sechs) Antragsteller zur Abgabe der Erledigterklärung auf, denn das neue IfSG ist in Kraft getreten.

 

 

3. Welche Gründe führen die Gerichte an

(Zitate aus Gerichtsentscheidungen bzw Pressemitteilungen; optische Hervorhebungen durch Bloggerin)

[Berlin-Brandenburg]

… dass notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 S. 1 und 2 IfSG zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 S. 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag insbesondere auch die Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne von § 33 IfSG oder die Erteilung von Auflagen für die Fortführung ihres Betriebs sein können. Schulen gehören zu den Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne von § 33 Nr. 3 IfSG. § 28a Abs. 1 Nr. 16 IfSG ermöglicht es nicht nur, die Schließung von Schulen anzuordnen, sondern auch die Erteilung von Auflagen für die Fortführung ihres Betriebs. Dabei ist der Begriff der Auflage mit Blick auf den gesetzlichen Zweck, ein im Vergleich zur Schließung weniger eingriffsintensives Regelungsinstrumentarium zur Verfügung zu stellen, …

 

[Niedersachsen]

… Der Senat geht davon aus, dass die streitgegenständliche Verordnungsregelung in § 32 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit §§ 28 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG -) vom 20. Juli 2000 ... eine tragfähige Rechtsgrundlage findet …

 

[Bremen]

… Die von den Antragstellern angegriffenen Regelungen Verordnung finden in den § 32 Sätze 1, 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 16 Infektionsschutzgesetz (IfSG) eine hinreichende Rechtsgrundlage. Die Verordnungsermächtigung ist jedenfalls im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht zu beanstanden. …

[Sachsen-Anhalt]

… Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erwiesen sich die angegriffenen Regelungen jedenfalls nicht als offensichtlich rechtswidrig. Sie hielten sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des § 32 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 28a Infektionsschutzgesetz (IfSG). …

 

[Sachsen-Anhalt]

… Ohne diese Maßnahme wäre das Risiko, dass sich durch den Präsenzunterricht in den Schulen die Ausbreitung des Coronavirus verstärkt, wesentlich höher. Dass der Verordnungsgeber seinen Entscheidungen über Schutzmaßnahmen die Erkenntnisse des RKI zugrunde lege, sei rechtlich nicht zu erinnern. …

 

 

[Niedersachsen]

… Auch der von der streitgegenständlichen Verordnungsregelung betroffene Adressatenkreis ist nicht zu beanstanden.

Wird ein Kranker, Krankheitsverdächtiger, Ansteckungsverdächtiger oder Ausscheider festgestellt, begrenzt § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG den Handlungsrahmen der Behörde nicht dahin, dass allein Schutzmaßnahmen gegenüber der festgestellten Person in Betracht kommen. Die Vorschrift ermöglicht Regelungen gegenüber einzelnen wie mehreren Personen. Vorrangige Adressaten sind zwar die in § 28Abs. 1 Satz 1 IfSG benannten Personengruppen. … Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG können aber auch (sonstige) Dritte ("Nichtstörer") Adressat von Maßnahmen sein, beispielsweise um sie vor Ansteckung zu schützen …

… Nach der ausdrücklichen Klarstellung in § 28 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz IfSG können durch eine Schutzmaßnahme auch Personen verpflichtet werden, "bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten". Auf dieser Grundlage dürfen die zuständigen Behörden anordnen, dass Schülerinnen und Schüler sowie das Schulpersonal eine Schule nur dann betreten dürfen, wenn sie einen Test auf das Vorliegen des Corona-Virus SARS-CoV-2 durchgeführt haben und wenn dieser Test ein negatives Ergebnis aufweist, wie es in § 13 Abs. 4 Sätze 1 bis 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung geschehen ist. …

 

 

[Bremen]

… Die von den Antragstellern geforderte freiwillige Testung stellt sich zwar als ein milderes, aber nicht als ein gleich geeignetes Mittel dar. Bei freiwilligen Testungen ist gerade nicht gewährleistet, dass sich alle auf dem Schulgelände befindlichen Personen einem Schnelltest unterzogen haben und dieser ein negatives Testergebnis aufweist.

So ist der Senatsvorlage der Senatorin für Kinder und Bildung vom 31.03.2021 zu entnehmen, dass das vor der Einführung der streitgegenständlichen Regelung bestehende kostenlose Angebot der freiwilligen Schnelltestung in der Schule von etwa einem Drittel der am Schulleben Beteiligten nicht wahrgenommen wurde

 

[Nordrhein-Westfalen]

… Schließlich müssten die Antragsteller ebenso wie alle anderen Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen nicht an den Coronaselbsttests in Schulen teilnehmen. Die Coronabetreuungsverordnung sehe als zumutbare Alternative die Möglichkeit vor, einen Nachweis über eine negative, höchstens 48 Stunden zurückliegende Testung vorzulegen. …

 

[Sachsen-Anhalt]

… Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Teilnahme an den Tests freiwillig sei. Zwar sei Schülerinnen und Schülern, die sich dem (freiwilligen) Selbsttest nicht unterziehen, der Zutritt zum Schulgelände untersagt. Allerdings würden sie nicht vom Unterrichtsangebot ausgeschlossen, sondern könnten - und müssten dies zur Erfüllung der Schulpflicht letztlich auch - am Distanzlernen teilnehmen. ….

 

[Niedersachsen]

… Dieser erforderliche Selbsttest wird den Schülerinnen und Schülern und auch dem Schulpersonal durch die Schule kostenfrei zur Verfügung gestellt. Kann dies nicht geschehen, weil nicht genügend Tests zur Verfügung stehen, entfallen die Nachweispflicht und damit auch das Zutrittsverbot …

Die Belastung für die Schülerinnen und Schüler und auch das Schulpersonal erschöpft sich mithin darin, den von der Schule zur Verfügung gestellten Selbsttest außerhalb der Schule, regelmäßig in der eigenen Wohnung, zwei Mal in der Woche anzuwenden und dessen Ergebnis zu dokumentieren. Sie brauchen sich also nicht einem Test unterziehen, der nur von geschultem Personal vorgenommen werden und mitgrößeren Belastungen verbunden sein kann als der Selbsttest, um das Schulgelände betreten zu dürfen. Hierdurch wird zugleich Befürchtungen der Eltern, ihre Kinder könnten nach einer Testdurchführung in der Schule bei positivem Ergebnis Stigmatisierungen ausgesetzt sein …

 

 

[Nordrhein-Westfalen]

… Die Erfassung und Aufbewahrung von Testergebnissen sei voraussichtlich durch datenschutzrechtliche Vorschriften gedeckt.  …

 

 

4. Was regelt das neue (ergänzte) Infektionsschutzgesetz

§ 28b IfSG -NEU-

(3) ¹ Die Durchführung von Präsenzunterricht an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen ist nur zulässig bei Einhaltung angemessener Schutz- und Hygienekonzepte; die Teilnahme am Präsenzunterricht ist nur zulässig für Schülerinnen und Schüler sowie für Lehrkräfte, die zweimal in der Woche mittels eines anerkannten Tests auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 getestet werden.

² Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 100, so ist die Durchführung von Präsenzunterricht ab dem übernächsten Tag für allgemeinbildende und berufsbildende Schulen, Hochschulen, außerschulische Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ähnliche Einrichtungen nur in Form von Wechselunterricht zulässig.

³ Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 165, so ist ab dem übernächsten Tag für allgemeinbildende und berufsbildende Schulen, Hochschulen, außerschulische Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ähnliche Einrichtungen die Durchführung von Präsenzunterricht untersagt.

⁴ Abschlussklassen und Förderschulen können durch die nach Landesrecht zuständige Behörde von der Untersagung nach Satz 3 ausgenommen werden.

⁵ Die nach Landesrecht zuständigen Stellen können nach von ihnen festgelegten Kriterien eine Notbetreuung einrichten.

⁶ Für das Außerkrafttreten der Untersagung nach Satz 3 gilt Absatz 2 Satz 1 und 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass der relevante Schwellenwert bei 165 liegt.

⁷ Für die Bekanntmachung des Tages, ab dem die Untersagung nach Satz 3 in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt gilt, gilt Absatz 1 Satz 3 und 4 entsprechend.

⁸ Für die Bekanntmachung des Tages des Außerkrafttretens nach Satz 6 gilt Absatz 2 Satz 3 entsprechend.

⁹ Für Einrichtungen nach § 33 Nummer 1 und 2 gelten die Sätze 3 und 5 bis 7 entsprechend.

 

Es liegt ein Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze, Drucksache 19/29287, vor.

Artikel 1

Änderung des Infektionsschutzgesetzes

Das Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. April 2021 (BGBl. I S. 802) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. …

2. § 28b Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

...

 

 

5. Update vom 3. Mai 2021

Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss von Ende April 2021, 3 MB 23/21 und 3 MB 25/21 (Pressemitteilung)

... Sieben Schülerinnen und Schüler aus Grund- und weiterführenden Schulen in Kiel und im Kreis Rendsburg-Eckernförde hatten sich in zwei Eilanträgen im Normenkontrollverfahren gegen die seit dem 18. April 2021 in Schleswig-Holstein geltende Schulen-Coronaverordnung gewendet. Die die Verpflichtung enthält, vor Teilnahme am Präsenzunterricht in Schulen ein negatives Coronavirus-Testergebnis vorweisen zu müssen. ...

Das Infektionsschutzgesetz gebe die Möglichkeit, durch Auflagen eine Gemeinschaftseinrichtung – dazu zählten auch Schulen – fortzuführen. Die Auflage, den Schulbesuch vom Testergebnis abhängig zu machen, sei zulässig und verhältnismäßig. … Den Schülerinnen und Schülern verbleibe nach der Verordnung die Möglichkeit, den Test zu Hause selbst oder mit Hilfe der Eltern durchzuführen. Für Schülerinnen und Schüler ohne negatives Testergebnis sei ein Lernen in Distanz vorgesehen. ...

 

Was unter „ohne negatives Testergebnis sei ein Lernen in Distanz vorgesehen„ zu verstehen ist, lässt sich dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Aachen vom 27. April 2021 , 9 L 241/21 , entnehmen:

… Der Schüler bzw. die Schülerin, die sich nicht testen lässt, verhält sich nicht rechtswidrig. Angesichts dieser Ausgestaltung als bloße Testobliegenheit, die zu einer Zugangsbeschränkung der schulischen Nutzung führt, darf deren Nichterfüllung jedoch nicht in der Weise gleichsam sanktioniert werden, dass den betreffenden Schülerinnen und Schülern keinerlei Lernangebote gemacht werden. Dies würde gegen ihren Bildungsanspruch aus Art. 7 Abs. 1 GG sowie Art. 8 Abs. 1 LVerf NRW verstoßen.

Die Schulleitungen sind vielmehr verpflichtet, ihnen angemessenen Distanzunterricht anzubieten, der dafür sorgt, dass sie an das Unterrichtsgeschehen angebunden und im Klassenverband verwurzelt bleiben. Die konkrete Ausgestaltung liegt im schulorganisatorischen Ermessen der jeweiligen Schulleitung. Dass dieser Distanzunterricht nicht den gleichen Wert haben kann und muss wie der Präsenzunterricht, liegt auf der Hand und folgt bereits aus den pandemiebedingten Einschränkungen, die sich in sachlicher und personeller Hinsicht für den Schulbetrieb und das häusliche Lernen ergeben. Im Übrigen wird es auch an zahlreichen Tagen Distanzunterricht für die gesamte Klasse geben, wenn der Unterricht im Wechselmodell stattfindet.

Vgl. …

Zudem muss dieser Distanzunterricht nicht den gleichen Umfang haben wie der, der nach § 3 Abs. 5 der Zweiten Verordnung zur befristeten Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen gemäß § 52 SchulG vom 2. Oktober 2020 einzelnen Schülerinnen und Schülern aus Gründen des Infektionsschutzes erteilt werden kann. Dies gilt insbesondere bei Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die Antragsteller selbst zumutbar Zugang zum regulären Präsenz-, Wechsel- oder Distanzunterricht der Klasse verschaffen können. Allerdings ist nach Auffassung der Kammer die vorgenannte Regelung nicht so verstehen, dass sie die Erteilung von Distanzunterricht für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die sich nicht testen lassen, gleichsam sperren würde. § 3 Abs. 5 dieser Verordnung ist nachseinem Wortlaut und seiner systematischen Stellung keine Verbotsnorm.

Vgl. a.A. OVG NRW, Beschluss vom 22. April 2021 - 13 B 559/21.NE -, a.a.O., Rn. 109.

Jedenfalls muss Schülerinnen und Schülern, die sich keinen Tests unterziehen, kein individuelles Lernangebot unterbreitet werden, das beispielsweise über die bloße Mitteilung der Lerninhalte und Hausaufgaben hinausgeht. … (Update vom 5. Mai 2021)

 

 

6. Update vom 5. Mai 2021

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. April 2021 und 3. Mai 2021, 1 S 1204/21, 1 S 1340/21 (Pressemitteilung)

Gegen § 14b Abs. 12 CoronaVO wandten sich zwei Kinder im Alter von 8 und 13 Jahren und ihre Mutter (Az. 1 S 1204/21) sowie ein Grundschulkind mit seiner Mutter, die Lehrerin an einem Gymnasium ist (Az. 1 S 1340/21). Sie machten jeweils geltend, die Testpflicht greife rechtswidrig in ihre Rechte ein. …

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit Beschlüssen vom 29. April und 3. Mai zwei Eilanträge gegen die Testpflicht an Schulen abgelehnt. ….

… Die Eignung der Testpflicht werde nicht dadurch infrage gestellt, dass ein Corona-Schnelltest jeweils nur eine Momentaufnahme sei. Die zur Verfügung gestellten Schnelltests seien vom Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte auch zur Eigenanwendung zugelassen und erfüllten klare Anforderungen an Verlässlichkeit und Gebrauchstauglichkeit. Mindestkriterien für die Zulassung sei eine Sensitivität (Erkennung Erkrankter) von 80% und eine Spezifität (Wahrscheinlichkeit eines negativen Tests bei Gesunden) von mindestens 97%. …

… Dessen ungeachtet bestehe für Grundschüler die ausdrückliche Möglichkeit, einen Test zuhause durch die Sorgeberechtigten durchführen zu lassen. …

 

 

-   -   -

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 20. April 2021, 1 KM 222/21 (Pressemitteilung)

Das Oberverwaltungsgericht in Greifswald hat mit Beschluss vom gestrigen Tag einen vorläufigen Rechtsschutzantrag eines Pflegedienstes und dessen Geschäftsführerin gegen die in der Corona-Landesverordnung M-V geregelte Testpflicht für Kinder in Kindertageseinrichtungen abgelehnt. …

Das Gericht hat in seinem Beschluss ausgeführt, dass den Antragstellerinnen die für ein Normenkontrollverfahren erforderliche Antragsbefugnis fehle. Die angegriffene Regelung in der Corona-Landesverordnung M-V greife ihrem Zweck nach nicht unmittelbar in die Rechte der Antragstellerinnen ein, sondern die dort enthaltene Testpflicht wirke sich lediglich mittelbar bzw. faktisch auf deren Rechte aus. Im Kern würden die Antragstellerinnen mit ihrem Vorbringen (fremde) Rechte der zu testenden Kinder, der betreuenden Elternteile und der betreuungsbedürftigen Klienten wahrnehmen. Das genüge für die erforderliche Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO jedoch nicht.

 

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3 Kommentare

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In Bayern gibt es jedenfalls in der gymnasialen Abschlussstufe Pflichtarbeiten, an denen man nur teilnehmen darf, wenn man einen Test beigebracht hat. Da ist nichts mit freiwillig, denn die Prüfungen werden nur im Präsenzweg durchgeführt, der Verweis auf die ach so freiwillige Alternative Distanzunterricht geht dann nicht..

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Danke für die Infos!

Falls noch jemand eine schnellen Check zur Corona Notbremse sucht, dem kann ich nur https://istlockdown.de/ empfehlen. Dort kann ich direkt nach meinem Landkreis suchen :)

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Auch im „zweiten Corona Herbst“ werden Gerichte mit Corona-Tests befasst. Zwei Entscheidungen werden gewissermaßen exemplarisch genannt.

 

Beschuss des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vom 22. September 2021 (1 S 2944/21)

Auch die Testpflicht sei voraussichtlich rechtmäßig. Eine regelmäßige Testung im Schulkontext könne dazu führen, dass Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus entweder gar nicht in die Schule eingetragen oder aber schnell erkannt, infizierte Personen rasch isoliert und so Infektionsketten unterbrochen würden.

 

 

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit Beschluss vom 11. Oktober 2021 (25 NE 21.2525) die Regelung zu Corona-Tests an bayerischen Schulen als voraussichtlich rechtmäßig bestätigt und einen Eilantrag eines Schülers einer staatlichen Fachoberschule abgelehnt.

Die Tests würden bei dem in dieser Altersgruppe noch nicht hinreichenden Impffortschritt eine erforderliche und notwendige Schutzmaßnahme zur Kontrolle des Infektionsgeschehens darstellen.

Der Eingriff sei auch angemessen und zumutbar. Die Vorschrift belasse den Schülern und Eltern die Wahl, den Test entweder direkt in der Schule oder außerhalb der Wahrnehmungsmöglichkeiten der Mitschüler z. B. in Testzentren oder Apotheken durch geschultes Personal vornehmen zu lassen. Zu einer anderen rechtlichen Bewertung führe auch nicht der Umstand, dass Schüler, die die erforderlichen Testnachweise nicht erbringen, im Unterricht und bei Prüfungen unentschuldigt fehlen.

 

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