Sturz auf dem Weg ins Homeoffice ist kein Arbeitsunfall

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 08.05.2021
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1852 Aufrufe

Rechtsfragen rund um das Homeoffice beschäftigten derzeit sowohl Arbeits- wie auch Sozialrechtler. Eine wichtige Frage geht dahin, wie es um den Unfallversicherungsschutz im häuslichen Bereich bestellt ist. Hierzu verhält sich eine neuere Entscheidung des Landessozialgericht (LSG) NRW (Urteil vom 9.11.2020 -  L 17 U 487/19). Der Kläger in diesem Verfahren ist als Gebietsverkaufsleiter seit mehreren Jahren im Außendienst versicherungspflichtig beschäftigt. Er arbeitet dabei regelmäßig auch im Homeoffice. Im September 2018 stürzte er auf dem Weg von den Wohnräumen in seine Büroräume eine Wendeltreppe hinunter. Dabei erlitt er einen Brustwirbeltrümmerbruch. Die beklagte Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik lehnte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab.

Das LSG hat in zweiter Instanz die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalles lägen nicht vor. Der vom Kläger zurückgelegte Weg sei weder als Weg nach dem Ort der Tätigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII (wege)unfallversichert, noch als versicherter Betriebsweg anzusehen. Bei der Wegeunfallversicherung beginne der Versicherungsschutz erst mit dem Durchschreiten der Haustür des Gebäudes. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließe, könne ein im Homeoffice Beschäftigter niemals innerhalb des Hauses bzw. innerhalb der Wohnung auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit wegeunfallversichert sein. Die Annahme eines Betriebsweges scheide aus, da sich der Kläger zum Zeitpunkt des Treppensturzes auf dem Weg in sein Arbeitszimmer zur erstmaligen Aufnahme seiner versicherten Tätigkeit am Unfalltag befunden habe. Es handele sich bei Betriebswegen um Strecken, die in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt würden. Vor- und Nachbereitungshandlungen der versicherten Arbeitsleistungen fielen nicht darunter. Der Kläger habe den Weg zurückgelegt, um seine versicherungspflichtige Tätigkeit im Homeoffice am Unfalltag erstmalig aufzunehmen.

Die Quintessenz dieser Entscheidung lautet: Der im Haus zur Aufnahme der Tätigkeit im Homeoffice zurückgelegte Weg ist weder als Weg zur Arbeit noch als Betriebsweg gesetzlich unfallversichert.

Die Revision ist beim BSG unter dem Az. B 2 U 4/21 R anhängig.

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