SmartKey ist auch verbotenes Gerät i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 28.06.2021
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht4|2167 Aufrufe

Die Rechtsprechung arbeitet sich so langsam durch alle möglichen Geräte, die verbotene elektronische Geräte i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO sein könnten. Das OLG Hamm hat das gerade für "SmartKeys" bejaht:

Vorliegend erfolgt die Zulassung der Rechtsbeschwerde zwar wegen der Versagung rechtlichen Gehörs, was nach § 80 Abs. 3 S. 1 und 2 OWiG die Entscheidung in Dreierbesetzung regelmäßig nicht erforderlich macht. Zur Entscheidung der Rechtsbeschwerde ist indes - wie noch auszuführen sein wird - die Frage zu beantworten, ob ein elektronischer Fahrzeugschlüssel (SmartKey) ein elektronisches Gerät im Sinne von § 23 Abs. 1a StVO darstellt. Hierbei handelt es sich um eine materielle Rechtsfrage, die - soweit ersichtlich - noch nicht höchstrichterlich entschieden ist und damit klärungsbedürftig erscheint. Solche Fragestellungen, deren Entscheidung der Fortbildung des (materiellen) Rechts dienen, sollen nach der gesetzgeberischen Intention des § 80a Abs. 3 S. 1 und 2 OWiG durch den vollen Senat entschieden werden, da ihnen grundsätzliche Bedeutung und der Senatsentscheidung somit rechtssetzender Charakter zukommt (vgl. hierzu: OLG Naumburg NStZ-RR 2004, 122).

 IV.

 Die zugelassene und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat indes in der Sache keinen Erfolg.

 1) Zwar verletzt die Ablehnung der Beweisanträge zu 1), 2a) und b) - wie unter II. ausgeführt - den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör. Der Senat kann jedoch aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls ausschließen, dass das Urteil auf dieser Gehörsverletzung beruht. Denn selbst wenn man die Beweisbehauptungen des Antragstellers unterstellt, dass er lediglich für einen kurzen Augenblick einen elektronischen Fahrzeugschlüssel (SmartKey) statt eines Mobiltelefons in den Händen gehalten und bedient habe, ist von einer (vorsätzlichen) verbotswidrigen Benutzung eines elektronischen Gerätes im Sinne von § 23 Abs. 1a StVO auszugehen.

 a) Ein elektronischer Fahrzeugschlüssel stellt ein elektronisches Gerät im Sinne der Vorschrift des § 23 Abs. 1a S. 1 StVO dar. Denn nach der Neufassung der Norm unterfallen dem Benutzungsverbot nicht mehr nur „Mobil- oder Autotelefone“. Die Norm ist vielmehr technikoffen formuliert (Eggert, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand: 22.02.2021, § 23 StVO Rn. 21). Erfasst wird nun jedes elektronische Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist (Eggert, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand: 22.02.2021, § 23 StVO Rn. 21). Hierzu zählt auch der vom Betroffenen nach seinen Behauptungen benutzte elektronische Fahrzeugschlüssel. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Urteils verfügt dieser über ein Display, mit welchem verschiedene Informationen des Fahrzeugs, insbesondere dessen Servicebedarf, abgerufen und Fahrzeugfunktionen bedient werden können. Der elektronische Fahrzeugschlüssel unterfällt somit dem Wortlaut der Norm. Dieses Subsumtionsergebnis entspricht auch der gesetzgeberischen Intention. Durch die Neufassung von § 23 Abs. 1a) StVO wollte der Gesetzgeber der unfallgefährlichen Ablenkung der Kraftfahrzeugführer durch Mobiltelefone und andere elektronische Gegenstände entgegenwirken (OLG Hamm, 4. Strafsenat, Beschluss vom 03.11.2020 - 4 RBs 345/20, NJW 2021, 99). Die Gefahr der Ablenkung besteht vorliegend bei der Bedienung des elektronischen Fahrzeugschlüssels aber in gleichem Maße wie bei einem Mobiltelefon, da beide Geräte weitgehend in gleicher Weise bedient werden.

 b) Ferner verstößt auch die vom Betroffenen in seinen Beweisanträgen weiter behauptete bloß kurze Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen zum elektronischen Fahrzeugschlüssel (SmartKey) gegen § 23 Abs. 1a) StVO. Denn nach dieser Norm darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, ausnahmsweise nur dann benutzt werden, wenn hierfür (1) das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und (2) entweder (a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder (b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist. Die unter (1) und (2) genannten Voraussetzungen müssen daher kumulativ gegeben sein, damit die Benutzung des elektronischen Gerätes ausnahmsweise zulässig ist. Dies ist vorliegend indes auch bei Unterstellung der Einlassung des Betroffenen zu verneinen, da dieser auch nach seiner eigenen Einlassung den elektronischen Fahrzeugschlüssel in der Hand gehalten hat.

 2) Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils war allerdings klarstellend dahingehend zu berichtigen, dass der Betroffene der vorsätzlichen verbotswidrigen Benutzung eines elektronischen Geräts schuldig ist. Die Berichtigung offensichtlicher Versehen ist dem Rechtsbeschwerdegericht möglich, wenn eine sich aus den Urteilsgründen eindeutig ergebende Verurteilung in der Urteilsformel keinen vollständigen Ausdruck gefunden hat (OLG Köln ZfSch 2004, 88). Auch die fehlende Schuldform kann hierbei im Rahmen einer Tenorberichtigung aus den Urteilsgründen ergänzt werden (OLG Köln, a.a.O.; Schmitt, in: Meyer/Goßner, 63. Aufl. 2020, § 354 StPO Rn. 35). Ausweislich der rechtlichen Ausführungen ist das Amtsgericht vorliegend eindeutig von einer vorsätzlichen Begehungsweise ausgegangen. Diese ist im Schuldspruch anzugeben (vgl. Senatsbeschluss vom 27.08.2020 - 5 RBs 270/20; OLG Bamberg ZfSch 2019, 169).

OLG Hamm Beschl. v. 11.5.2021 – 5 RBs 94/21, BeckRS 2021, 14655 

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4 Kommentare

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Es dürfte sich um einen BMW-Fahrer gehandelt haben, dessen Fahrzeug mit dem so.g. "Displaykey" ausgestattet ist. Theoretisch vereint dieser Fahrzeugschlüssel die Eigenschaften eines Fahrzeugsschlüssels mit der einer Smartphone-App für das Fahrzeug. Es lassen sich Informationen ersehen und in einem bestimmten Umfang ist auch die Fernsteuerung des Fahrzeug möglich.

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Da haben sich einige Gesetzgeber mal wieder was ausgedacht, durch Richter weitere Verbote auszusprechen. Jedes heutige Fahrzeug ist schon mit viel Elektronik vollgestopft wie auch die Verkehrsfuehrung. Den "smarten" Geistesblitz von Hamm kann ich nicht nachvollziehen.

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Eine unglaubliche Neufassung der Form! " Erfasst wird nun jedes elektronische Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist ". Was sind dann Informationen der Tachoanzeigen sowie Blinker und anderes? Weiterhin die uebergrossen Benutzungsbildschirme, ohne die ja gar nichts mehr geht. Alle sind fest verbaut, zugelassen und dienen dem Fahrer im heutigen technisch fortgeschrittenen Fahrzeug. Auf die weitere Geistesblitze zu autonom gesteuerten Fahrzeugen bin ich dann schon mal neugierig.

 

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