Kein Anspruch der GDL auf Anwendung ihrer Tarifverträge

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 27.09.2021
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1777 Aufrufe

Das ArbG Berlin (Urteil vom 21. September 2021 - 30 Ca 5638/21, Pressemitteilung Nr. 36/21) hat eine wichtige Frage zur tariflichen Lage bei der Bahn entschieden. Hiernach die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) keinen Anspruch auf Anwendung ihrer Tarifverträge. Das ergibt sich – so das Gericht - aus einer Anwendung des durch das Tarifeinheitsgesetz neu eingefügten § 4a TVG.

Zum Hintergrund: Der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister (AGV MOVE) schließt als Arbeitgeberverband für Unternehmen der Deutschen Bahn Tarifverträge ab. Er hat sowohl mit der GDL als auch mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) Tarifverträge abgeschlossen. In einem am 30. Mai 2015 abgeschlossenen Tarifvertrag zur Regelung von Grundsatzfragen wurden Vereinbarungen zur Anwendung von Tarifverträgen der GDL getroffen. Die Geltung dieses Tarifvertrages war bis 31. Dezember 2020 befristet. Unternehmen der Bahn gehen davon aus, dass nunmehr gemäß § 4a Tarifvertragsgesetz in Betrieben mit einer angenommenen mehrheitlichen Vertretung der EVG allein die mit der EVG geschlossenen Tarifverträge zur Anwendung kommen. Hiergegen wendet sich die GDL und macht geltend, § 4a Tarifvertragsgesetz könne nicht zur Anwendung kommen. Die Regelung sei verfassungs- und europarechtswidrig, zudem seien die Voraussetzungen einer Anwendung nicht gegeben. Mit ihrer Klage verlangt die GDL, der AGV MOVE solle auf Unternehmen der Bahn einwirken, von der GDL abgeschlossene Tarifverträge auf ihre Mitglieder weiterhin anzuwenden. Ähnliche Anträge wurden von der GDL erfolglos im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht.

Das ArbG Berlin hat die Klage der GDL nunmehr erstinstanzlich abgewiesen. Zur Begründung hat das ArbG im Wesentlichen ausgeführt, die Unternehmen der Bahn wendeten in den Betrieben, in denen sie von einer mehrheitlichen Organisation der Beschäftigten der EVG ausgingen, die Tarifverträge der GDL zu Recht nicht an. Die Regelung in § 4 a TVG sei nicht verfassungswidrig, entsprechend stützten sich die Unternehmen der Bahn zutreffend auf diese Regelung. Die Entscheidung bezieht sich auf die aktuell noch geltenden Tarifverträge, nicht auf die nach erfolgter Einigung künftig in Kraft tretenden Tarifverträge.

Gegen das Urteil kann Berufung an das LAG Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

 

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