KG Berlin: Beachtlichkeit der zuletzt aufgenommenen Gesellschafterliste auch bei entgegenstehender einstweiliger Verfügung

von Achim Kirchfeld, veröffentlicht am 24.01.2022

Das KG Berlin hat mit Beschluss vom 29. November 2021 (22 W 55/21; BeckRS 2021, 40304) entschieden, dass die zuletzt im Handelsregister aufgenommene Liste auch dann maßgeblich sein kann, wenn im Anschluss eine einstweilige Verfügung die Gesellschafterstellung zwischen den Gesellschaftern abweichend regelt.

Aufnahme zweier unterschiedlich datierter Listen am selben Tag

Für eine GmbH waren am selben Tag zwei unterschiedlich datierte Listen aufgenommen worden. Die früher datierte wies eine Alleingesellschafterin (A) aus; die später datierte wies neben A noch eine zweite Gesellschafterin (B) aus. Die zweite Liste war ohne Wissen von A eingereicht worden und später beim Handelsregister eingegangen. Aufgrund einer kurz darauf von A erwirkten einstweiligen Verfügung wurde B verpflichtet, A als Alleingesellschafterin zu behandeln, und die GmbH wurde verpflichtet, eine entsprechende neue Gesellschafterliste einzureichen. Wiederum danach – und ohne dass zuvor eine neue Liste eingereicht worden war – fasste A allein und unter Verzicht auf Form- und Fristvorgaben den Beschluss, den Geschäftsführer der GmbH auszutauschen.

Maßgeblichkeit der jüngeren Liste

In seiner Entscheidung bestätigt der Senat die Entscheidung des Registergerichts, die Anmeldung des Geschäftsführerwechsels abzulehnen. Der Bestellungsbeschluss sei wegen der fehlenden Beteiligung von B an der Beschlussfassung entsprechend § 241 Nr. 1 AktG nichtig. A sei insoweit nicht als Alleingesellschafterin zu behandeln, da die später datierte und später eingegangene Gesellschafterliste maßgeblich sei. Wenn mehrere Listen am selben Tag aufgenommen würden, ohne dass die Reihenfolge aus sich heraus ersichtlich sei, dann – so der Senat mit Verweis auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 18. März 2019 (I-3 Wx 53/18; hierzu der Beitrag von Cornelius Wilk vom 11. Juni 2019) – sei die jüngere Liste als zuletzt aufgenommene Liste anzusehen.

Keine ausnahmsweise Unbeachtlichkeit der jüngeren Liste nach § 242 BGB

Die jüngere Liste sei hier auch nicht ausnahmsweise nach § 242 BGB unbeachtlich. Eine solche Unbeachtlichkeit hatte der Senat mit Beschluss vom 18. Dezember 2019 (22 W 52/19; hierzu der Beitrag von Ulrike Wollenweber vom 26. Juni 2020) für den Fall angenommen, dass eine neue Liste unter Verstoß gegen eine einstweilige Verfügung eingereicht wird. Anders als in dem früher entschiedenen Fall, so der Senat, gehe es vorliegend nicht um die Wahrung der ansonsten nicht zu berücksichtigenden Gesellschafterrechte der A. Denn B sei aufgrund der einstweiligen Verfügung verpflichtet gewesen, A als Alleingesellschafterin zu behandeln. B wäre daher auch bei Ladung nicht in der Lage gewesen, einen Beschluss zu verhindern; an ihrem Teilnahmerecht ändere dies gleichwohl nichts.

Auch der Umstand, dass die GmbH verpflichtet gewesen sei, eine neue Liste – mit A als Alleingesellschafterin – einzureichen, ändere nichts. Denn tatsächlich sei eine solche Liste nicht eingereicht worden.

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