Betriebskosten nur Zug um Zug gegen vollständige Auskunft – Durchsetzung des Auskunftsanspruchs über das Zurückbehaltungsrecht?

von Prof. Dr. Katrin Blasek, LL.M., veröffentlicht am 16.05.2022

Das AG Wiesbaden (03.03.2022 – Az. 93 C 2338/20 (22) – veröffentlicht in BeckRS 2022, 5297) hat einen Mieter zur Zahlung von Betriebskosten nur Zug um Zug gegen die vollständige Erfüllung des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO durch den Vermieter verurteilt.

Der Vermieter hatte die Betriebskostenabrechnung an ein Unternehmen (laut Sachverhalt „Firma“) outgesourct. Er hatte dem Mieter gegenüber zwar Auskunft nach Art. 15 DSGVO erteilt, aber nur unvollständig. Der Vermieter hatte mitgeteilt, dass er dem Unternehmen die auf dem Mietvertrag befindlichen Stammdaten (Name, frühere Anschrift, Telefonnummer) weitergeleitet hatte. Allerdings wurde nicht mitgeteilt, welche personenbezogenen Daten in diesem Unternehmen weiterhin gespeichert sind und wie lange diese Speicherung dort nach welchen Kriterien andauern soll.

Bis zur vollständigen Auskunftserteilung stehe dem Mieter (Kläger) ein Zurückbehaltungsrecht zu (Rn. 20). Das AG Wiesbaden erwähnt explizit § 274 BGB, prüft allerdings nicht die Voraussetzungen von § 273 BGB. Es erwähnt vielmehr überhaupt keine Rechtsgrundlage für ein Zurückbehaltungsrecht und dementsprechend das Vorliegen eines Zurückbehaltungsrechts nicht weiter (jedenfalls so wie bei BeckRS veröffentlicht und eine andere Veröffentlichung konnte ich nicht finden).  

§ 273 BGB setzt unter anderem eine sogenannte Konnexität der Ansprüche voraus, wobei die Rechtsprechung es genügen lässt, wenn ein natürlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Ansprüchen (einheitliches Lebensverhältnis, BGH 73, 319; 116, 244) in der Weise bestehen, dass es gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn der eine Anspruch ohne Rücksicht auf den anderen Anspruch geltend gemacht und durchgesetzt werden könnte (Palandt-Grüneberg § 273 Rn. 9).

Bekanntermaßen ist der Begriff der Konnexität in § 273 BGB weit auszulegen. Und ein natürlicher Zusammenhang zwischen den Ansprüchen lässt sich aufgrund der Mietbeziehung zwischen den Beteiligten problemlos bejahen. Allerdings fehlt mir noch ein wenig die Fantasie für die Annahme des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen einer bestimmten Betriebskostenhöhe/Anspruchs auf Betriebskostenzahlung und der Frage, welche Stammdaten des Mieters wie lange nach welchen Kriterien bei einem Auftragsdatenverarbeiter gespeichert werden!?

Wird diese Rechtsprechung bestätigt, so hätten Mieter einen datenschutzrechtlichen Hebel, um sich zivilrechtlichen Zahlungspflichten jedenfalls eine gewisse Zeit lang zu entziehen. Oder anders ausgedrückt: mittels zivilrechtlichem Zurückbehaltungsrecht ließe sich der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch durchsetzen.  

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Kann man den Anspruch auf Auskunft über gespeicherte daten auch gegenüber dem Finanzamt und der gerichtskasse und der Bußgeldstelle sowie gegenüber eigenen und gegnerischen Rechtsanwälten und gegenüber Tankstellen geltend machen, und die Zahlungen von Steuern und Gerichtskosten und Bußgeldern sowie von Rechtsanwaltskosten und Tankstellenforderungen nun solange verweigern, bis die Auskunftansprüche nachweislich richtig und vollständig erfüllt sind?

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