BAG: Keine wirksame BV bei fehlendem Betriebsratsbeschluss

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 27.06.2022
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1848 Aufrufe

Vergangenen Dienstag habe ich hier im BeckBlog über ein Urteil des LAG Düsseldorf berichtet. Es ging um die Frage, ob eine Betriebsvereinbarung wirksam ist, die vom Vorsitzenden des Betriebsrats ohne vorherigen Beschluss des Gremiums unterzeichnet worden war. Das LAG Düsseldorf hatte die Möglichkeit einer Anscheinsvollmacht bejaht.

Just an diesem Tag hat das BAG auf seiner Homepage sein Revisionsurteil in einem Parallelverfahren veröffentlicht, in dem es zum gegenteiligen Ergebnis gelangt ist. Ein aufmerksamer Leser (vielen Dank an Jakob Degen) hat sogleich darauf hingewiesen. Leider musste anschließend die Kommentarfunktion deaktiviert werden, da der Blog einem Spamangriff ausgesetzt war. Daher an dieser Stelle die Leitsätze aus dem Urteil des BAG:

1. Eine vom Betriebsratsvorsitzenden ohne Beschluss des Gremiums abgegebene Erklärung zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung kann dem Betriebsrat nicht nach den Grundsätzen einer Anscheinsvollmacht zugerechnet werden.

2. Der Betriebsrat hat bei Abschluss einer Betriebsvereinbarung die Nebenpflicht, dem Arbeitgeber auf dessen zeitnah geltend zu machendes Verlangen eine den Maßgaben des § 34 Abs. 2 Satz 1 BetrVG entsprechende Abschrift desjenigen Teils der Sitzungsniederschrift auszuhändigen, aus dem sich die Beschlussfassung des Gremiums ergibt.

Das Gericht weist aber darauf hin, dass der Betriebsrat ein "Vorpreschen" seines Vorsitzenden nachträglich genehmigen kann (§ 184 Abs. 1 BGB).

BAG, Urt. vom 8.2.2022 - 1 AZR 233/21, BeckRS 2022, 14050

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