OLG Brandenburg: Erleichterter GmbH-Gesellschafterbeschluss nach § 2 COVMG auch bei anderslautender Regelung im Gesellschaftsvertrag

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 21.09.2022

Das OLG Brandenburg hat mit Urteil vom 13. April 2022 (4 U 123/21; BeckRS 2022, 8763) entschieden, dass die Beschlusserleichterung nach dem früheren § 2 COVMG nicht von einer Regelung im Gesellschaftsvertrag verdrängt wird, die § 48 Abs. 2 GmbHG entspricht. Nach § 48 Abs. 2 GmbHG bedarf es für einen Gesellschafterbeschluss keiner Versammlung, „wenn sämtliche Gesellschafter in Textform mit der zu treffenden Bestimmung oder mit der schriftlichen Abgabe der Stimmen sich einverstanden erklären.“ Hiervon abweichend sah die pandemiebedingte, vom 28. März 2020 bis 31. August 2022 geltende Sonderregelung in § 2 COVMG vor, dass „Beschlüsse der Gesellschafter in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden“ konnten.

Gesellschafter widerspricht Umlaufbeschluss und klagt

Gegenstand der Entscheidung ist die Beschlussmängelklage eines Gesellschafters gegen einen während der Pandemie nach § 2 COVMG in Textform gefassten Beschluss. Der Gesellschaftsvertrag enthielt eine Regelung, die § 48 Abs. 2 Alt. 2 GmbHG entsprach und insbesondere das Einverständnis aller Gesellschafter erforderte. Dieses Einverständnis hatte der Kläger ausdrücklich verweigert.

Senat: Gesellschaftsvertrag wiederholt nur Gesetzeslage

In seiner Entscheidung erklärt der Senat die Beschlussfassung nach § 2 COVMG für zulässig; auf das Einverständnis des Gesellschafters komme es nicht an. Die Regelung im Gesellschaftsvertrag wiederhole lediglich den Regelungsinhalt des damaligen Gesetzes und nehme damit auf die jeweils geltende Gesetzeslage Bezug. Es sei nicht anzunehmen, dass das Zustimmungserfordernis nach dem Gesellschaftsvertrag unter allen Umständen – einschließlich der pandemiebedingten Unmöglichkeit eines Präsenztreffens – gewollt gewesen sei. Der Gesellschaftsvertrag habe die Anforderungen an die Beschlussfassung vielmehr offensichtlich so gering halten wollen, wie dies eben gesetzlich zulässig gewesen sei.

Uneinheitliche Rechtsprechung

Der Senat wendet sich mit seiner Auslegung u. a. ausdrücklich gegen eine Entscheidung des LG Stuttgart vom 25. Januar 2021, das in einer ähnlichen Konstellation an der Regelung im Gesellschaftsvertrag festgehalten hatte (44 O 52/20 KfH; NZG 2021, 598).

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