Zeugenvernehmung per WhatsApp unzulässig

von Dr. Thomas Lapp, veröffentlicht am 27.09.2022
Rechtsgebiete: Mediation|2515 Aufrufe

Der 6. Senat OVG Bautzen musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die Vernehmung eines Zeugen per WhatsApp zu Recht vom VG Chemnitz abgelehnt wurde und bejahte dies mit Beschluss vom 22. August 2022 (Az: 6 A 122/20 A).

In der Entscheidung geht es einerseits um das Medium WhatsApp und daneben um die Beweisaufnahme per Videoübertragung.

Richtig stellt das OVG Bautzen fest, dass die einzusetzende Videokonferenztechnik datenschutz- und datensicherheitsrechtlichen Mindestanforderungen Rechnung getragen, was bei WhatsApp mit Datenübertragung in die USA trotz Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zweifelhaft ist. Die generelle aussage, dass dies bei mobilen Applikationen auf Smartphones, Tablets oder Notebooks zweifelhaft sei, dürfte zu weit gehen. Zudem verweist das OVG auf den kleinen Bildschirm des Smartphones beim WhatsApp-Videocall. Dabei wird verkannt, dass es auch andere technische Plattformen gibt, die bessere Bildübertragung ermöglichen.

Abzulehnen sind dagegen die Ausführungen des OVG Bautzen zur Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Im Rahmen der pandemiebedingten Einschränkungen haben wir alle viele Videokonferenzen erlebt. Die Erfahrungen waren besser als von manchen befürchtet, wenn auch nicht so gut wie von manchen erhofft. Es geht viel per Video, auch wenn es nicht identisch ist mit persönlichen Gesprächen. Das OVG Bautzen scheint der Ansicht, bei einer persönlichen Anwesenheit vor Ort im Gerichtssaal könnte man die Glaubwürdigkeit der Zeugen und die Glaubhaftigkeit der Aussagen besser beurteilen. Damit dürfte das Gericht die Möglichkeiten der Erkenntnisse aus Mimik, Gestik, Körpersprache eines völlig fremden Menschen in einem Gerichtssaal deutlich überschätzen. Wirklich gute Ergebnisse erzielen die auch vom OVG erwähnten kritischen Nachfragen zu einzelnen Angaben. Diese sind aber auch bei Videoübertragung möglich. Nervosität und ähnliche körperliche Symptome können dagegen vielfältige Ursachen haben und lassen bei einem nur kurzen Kontakt in der besonderen Situation vor Gericht kaum Rückschlüsse zu. Es wäre zu begrüßen, wenn die Möglichkeiten der mündlichen Verhandlung per Videoübertragung häufiger genutzt würden.

In Mediationen und anderen außergerichtlichen Verfahren wird deutlich offener mit den Möglichkeiten der Videoübertragung umgegangen. Je nach dem Stand des Verfahrens, dem Gegenstand und den Beteiligten kann die Videokonferenz sinnvoll sein oder auch nicht. Die Vor- und Nachteile sollten mit den Beteilgten offen abgewogen werden.

 

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