OLG Hamm: Vielleicht ist der Betroffene doch nicht soooooooo reich

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 26.03.2023
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1283 Aufrufe

Das AG Hattingen hatte den Betroffenen wegen eines vorsätzlichen Geschwindigkeitsverstoßes Verurteilt. 600 Euro Regelgeldbuße hatte es erhöht und noch wegen des Wohlstands des Betroffenen eine Portion Geldbuße draufgelegt. Gute Idee. Aber dem OLG reichten die Feststellungen zum REICHTUM des Betroffenen nicht:

 

Das Urteil weist ... in Bezug auf die Bemessung der Geldbuße ...den Betroffenen beschwerende Rechtsfehler auf.

 a) Bei der Bemessung der Geldbuße in Höhe von 1.800 € hat das Amtsgericht die für den Ordnungswidrigkeitentatbestand vorgesehene Regelgeldbuße in Höhe von 600 € nicht nur im Hinblick auf die vorsätzliche Begehungsweise und die Bedeutung des Tatvorwurfs sondern ausdrücklich auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen auf 1.800 € erhöht. Hierbei ist es von guten bis sehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen ausgegangen. Diese Annahme wird indes durch die insoweit getroffenen Feststellungen nicht belegt.

 Sind nähere Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen wegen der wesentlichen Erhöhung der Regelgeldbuße - hier von 600 € auf 1.800 € - erforderlich oder werden die überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen als bußgelderhöhend gewertet, bedarf es im Urteil der Darlegung aussagekräftiger Umstände, die die Leistungsfähigkeit des Betroffenen beurteilen lassen (vgl. OLG Bamberg Beschluss vom 12.07.2007 - 3 Ss OWi 170/07, BeckRS 2007, 12701 Rn. 11, beck-online). Hieran fehlt es indes.

 aa) Soweit im Urteil dargelegt wird, dass der Betroffene Inhaber eines Gastronomie- sowie eines Taxibetriebes ist und seinen steuerlichen Verpflichtungen nachkomme, lassen diese Umstände keine sicheren Rückschlüsse auf überdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu. Zu den Ertragssituationen der beiden Unternehmen sind keine Feststellungen getroffen worden, so dass sich nicht einmal in Ansätzen beurteilen lässt, in welchem Umfang der Betroffene durch diese Einnahmen erzielt.

 bb) Soweit im Urteil weiterhin darauf abgestellt wird, dass der Betroffene einen Audi R8 mit Anschaffungskosten in Höhe von ca. 150.000 € fahre, bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob der Kauf oder Leasing eines solchen Fahrzeugs einen Lebenszuschnitt belegen, der die Annahme überdurchschnittlicher wirtschaftlicher Verhältnisse rechtfertigt. Denn das Amtsgericht hat gerade keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Betroffene Eigentümer des Fahrzeugs ist oder dieses geleast hat. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass der Betroffene - wie in der Rechtsbeschwerdebegründung behauptet - nicht Eigentümer des Fahrzeugs ist, sondern dass dieses dessen Bruder gehört und er sich das Fahrzeug nur geliehen hatte.

OLG Hamm Beschl. v. 17.1.2023 – III-5 RBs 331/22, BeckRS 2023, 1033

 

 

 

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