BGH: Zur Bestellung von AG-Vorstandsmitgliedern zu Geschäftsführern einer Tochter-GmbH

von Andreas Müller, veröffentlicht am 27.03.2023

Mit Beschluss vom 17. Januar 2023 (II ZB 6/22; BeckRS 2023, 4620) hat der BGH entschieden, dass die Vertretungsmacht eines Vorstandsmitglieds beim Beschluss über die eigene Bestellung in die Geschäftsführung einer 100 %-Tochter-GmbH nach § 181 BGB beschränkt ist.

Vorliegend hatten zwei der drei Vorstandsmitglieder einer AG einen Dritten bevollmächtigt, die AG bei der Bestellung der Geschäftsführer ihrer Tochter-GmbH zu vertreten. Der Bevollmächtigte bestellte daraufhin die drei Vorstandsmitglieder zu Geschäftsführern. Das Registergericht lehnte die Handelsregistereintragung in Bezug auf die zwei Vorstandsmitglieder, die die Vollmacht ausgestellt hatten, ab.

§ 181 Alt. 1 BGB auch bei der Selbstbestellung mittels Untervertreter anwendbar

Wie das Beschwerdegericht (hierzu der Beitrag von Ulrike Wollenweber vom 11. März 2022) stellt auch der Senat fest, dass die Vertretungsmacht von Vorstandsmitgliedern beim Beschluss über ihre eigene Bestellung zu Geschäftsführern einer Tochter-GmbH nach § 181 Alt. 1 BGB beschränkt ist. Die Beschränkung gelte ihrem Sinn und Zweck nach auch bei Zwischenschalten eines Bevollmächtigten. Andernfalls könne das in seiner Vertretungsmacht beschränkte Vorstandsmitglied seine Vertretungsmacht durch die Einschaltung eines Untervertreters erweitern.

Die hier erteilte Vollmacht könne den Umständen nach auch nicht so ausgelegt werden, dass sich die Vorstandsmitglieder zunächst gemäß § 78 Abs. 4 S. 1 AktG wechselseitig ermächtigt und anschließend den Dritten einzeln zur Bestellung des jeweils anderen Vorstandsmitglieds bevollmächtigt hätten.

Keine Genehmigungskompetenz des Aufsichtsrats nach § 112 S. 1 AktG

Wegen des Verstoßes gegen § 181 Alt. 1 BGB sei die Stimmabgabe schwebend unwirksam. Ihre Wirksamkeit hänge gemäß § 177 Abs. 1, § 180 S. 2 BGB von der Genehmigung durch die AG ab. Zuständig für die Genehmigung sei hier das dritte Vorstandsmitglied, in dessen Person kein Fall des § 181 BGB vorliege, weil dieses Vorstandsmitglied weder an der Bevollmächtigung noch an der Bestellung beteiligt gewesen sei. Nicht möglich sei dagegen eine Genehmigung durch den Aufsichtsrat gemäß § 112 S. 1 AktG. Die Vorschrift erfasse lediglich die Vertretung der AG gegenüber ihrem Vorstandsmitglied. Bei der Bestellung zum Geschäftsführer handele es sich aber um einen Organakt der Tochter-GmbH.

Stimmverbot entsprechend § 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG bleibt offen

Die Frage, ob Vorstandsmitglieder entsprechend § 47 Abs. 4 S. 2 Var. 1 GmbHG an einer Stimmabgabe gehindert seien, lässt der Senat offen. Bei einem Verstoß gegen diese Vorschrift sei der Beschluss lediglich anfechtbar und daher vom Registergericht einzutragen. Eine Anwendbarkeit des Stimmrechtsausschlusses schließe aber ggf. die Anwendung von § 181 BGB nicht aus, da § 181 BGB einen aus Sicht der GmbH externen Konflikt regele, während § 47 GmbHG Konflikte innerhalb der körperschaftlichen Willensbildung betreffe.

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