Auch schön: Fahrtenbuchauflage für den gesamten Fuhrpark

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 02.06.2023
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1078 Aufrufe

Das Unternehmen schaltete trotz zahlreicher OWis "auf Durchzug". Dabei waren die Messfotos gut. Klar, dass da die Straßenverkehrsbehörde auch eine Fahrtenbuchauflage für den gesamten Fuhrpark anordnen kann:

 

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 3. Februar 2023 – 5 L 954/22 – wird zurückgewiesen.

 Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 27.600,- Euro festgesetzt.

 Gründe: 

 Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts, durch den ihr Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres gegen den die Führung von Fahrtenbüchern für den gesamten Fuhrpark anordnenden Bescheid vom 3.6.2022 eingelegten Widerspruchs zurückgewiesen worden ist, ist zulässig, aber unbegründet.

 Die Antragsgegnerin hat mit vorbezeichnetem Bescheid unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Auflistung von acht im Zeitraum vom 18.10.2017 bis 26.12.2021 mit unterschiedlichen Personenkraftwagen, deren Halter die Antragstellerin als Firmeninhaberin ist bzw. zur Zeit des jeweiligen Verstoßes war, begangenen Geschwindigkeitsüberschreitungen angeordnet, dass die Antragstellerin für sämtliche auf ihre Firma zugelassenen Fahrzeuge (in der Anlage zu Ziffer 1 des Bescheids sind 23 Fahrzeuge aufgelistet) vom Zeitpunkt der Zustellung des Bescheids – dies war der 7.6.2022 – bis zum Ablauf von sechs Monaten ein Fahrtenbuch zu führen, die Fahrtenbücher jeweils zum Monatsende in Kopie zur Einsicht vorzulegen und sie nach Ablauf der gesetzten Frist noch sechs Monate aufzubewahren hat.

 Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruchs mit Beschluss vom 3.2.2023 zurückgewiesen und zur Begründung im Einzelnen ausgeführt, die Anordnung sei formell und materiell rechtmäßig. So sei die Antragstellerin mit Schreiben vom 14.2.2022 zu der beabsichtigten Maßnahme angehört worden und jeder der aufgeführten Verkehrsverstöße sei, weil jeweils mit mindestens einem Punkt im Verkehrszentralregister einzutragen, von erheblichem Gewicht gewesen. Die Feststellung des Fahrzeugführers sei in keinem der Fälle möglich gewesen, da die Antragstellerin während der laufenden Bußgeldverfahren nicht zur Angabe der Personalien der verantwortlichen Fahrer bereit gewesen sei und die polizeilichen Ermittlungen jeweils ohne Erfolg geblieben seien. Dass die Antragstellerin der Verfügung entgegenhalte, seit Dezember 2021 habe sie den Fahrer jeweils mitgeteilt, so dass ein Grund für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nicht mehr bestanden habe, verfange nicht. Die im Jahr 2022 eingetretene Verhaltensänderung sei offensichtlich durch die Anhörung vom 14.2.2022 und das Bestreben der Antragstellerin, sich einer Fahrtenbuchauflage für ihren gesamten Fuhrpark zu entziehen, veranlasst gewesen. Schließlich sei die Erstreckung der Anordnung auf alle Fahrzeuge der Antragstellerin angesichts der Anzahl der unaufgeklärt gebliebenen Verkehrsverstöße und deren Erheblichkeit verhältnismäßig. Die Berücksichtigung der Verstöße der Jahre 2017 und 2018 und inzwischen bereits verkaufter Fahrzeuge sowie von Verstößen, wegen derer bereits eine fahrzeugbezogene Fahrtenbuchauflage verhängt worden sei, sei ebenso wie die Einbeziehung des zum Fuhrpark gehörenden Lastkraftwagens nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin habe die Anzahl der zum Fuhrpark gehörenden Fahrzeuge ermittelt und in ihre Erwägungen, ob Verkehrsverfehlungen mit anderen Fahrzeugen der Antragstellerin zu erwarten sind, eingestellt. Die angeordnete Dauer von sechs Monaten liege im unteren Bereich.

 Das Vorbringen der Antragstellerin in ihrer fristgerecht eingereichten, den Umfang der seitens des Senats vorzunehmenden Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO beschränkenden Beschwerdebegründung vom 8.3.2023 gibt – auch unter Berücksichtigung ihres ergänzenden Vortrags im Schriftsatz vom 28.3.2023 – keine Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung antragsgemäß abzuändern.

 Nicht nachvollziehbar ist angesichts der Auflistung der Kennzeichen der von der Verfügung betroffenen Fahrzeuge auf Seite 6 des Bescheids (Anhang zu Ziffer 1) der Einwand, die Anordnung verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, da die Kennzeichen des gesamten Fahrzeugparks nicht benannt seien.

 Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Erheblichkeit aller im Bescheid angeführten Verkehrsverstöße daraus hergeleitet, dass sie nach dem Punktesystem des § 4 StVG in Verbindung mit Anlage 13 zu § 40 FeV mit zumindest einem Punkt zu bewerten waren. Hinsichtlich aller Verkehrsverstöße konnte der verantwortliche Fahrer mangels Mitwirkung der Antragstellerin nicht ermittelt werden. Die ihr jeweils übermittelten Anfragen betreffend den verantwortlichen Fahrzeugführer blieben unbeantwortet und anschließende Ermittlungen der Polizeiinspektion Nordsaarland ohne Ergebnis.

 Der diesbezügliche Einwand der Antragstellerin, spätestens seit Dezember 2021 seien sämtliche Anfragen beantwortet worden, ist anhand der Verwaltungsakte und der ihrerseits in erster Instanz vorgelegten Unterlagen nicht zu verifizieren. Vielmehr wurden die Anfragen vom 4.1.2022 (Vwakte Bl. 620) bzw. (wiederholend) vom 24.1.2022 (Vwakte Bl. 623) betreffend den am 21.12.2021 verantwortlichen Fahrer des Fahrzeugs MZG-KL 502 ebensowenig beantwortet wie die Anfragen vom 2.2.2022 (Vwakte Bl. 643) bzw. (wiederholend) vom 23.2.2022 (Vwakte Bl. 652) betreffend den für den Geschwindigkeitsverstoß vom 26.12.2021 verantwortlichen Fahrer des Fahrzeugs MZG-KL 503; die sich jeweils anschließenden Ermittlungsersuchen verliefen ergebnislos. Im Übrigen wurden nach Aktenlage auch die Anfragen vom 13.12.2021 betreffend einen Verkehrsverstoß am 15.11.2021 mit dem Fahrzeug MZG-KL 504 (Vwakte Bl. 664) sowie vom 21.12.2021 betreffend einen Verkehrsverstoß vom 5.10.2021 mit dem Fahrzeug MZG-KL 50 (Vwakte Bl. 667), die beide im Bescheid nicht als Anlasstaten aufgeführt sind, nicht beantwortet. Dass die Antragstellerin auf die Anhörung vom 14.2.2022 zum Erlass der verfahrensgegenständlichen Anordnung den für den dort bezeichneten Verkehrsverstoß vom 16.10.2021 verantwortlichen Fahrer namentlich benannt hat, kann ihr angesichts der zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichenen Verfolgungsverjährungsfrist nicht als Mitwirkung an der Sachaufklärung zugutegehalten werden.

 Die Antragstellerin rügt weiter, sechs der acht in der Anordnung als Verkehrsverstöße von erheblichem Gewicht aufgelisteten Geschwindigkeitsüberschreitungen seien der Anordnung zu Unrecht zugrunde gelegt worden. Hinsichtlich der Verkehrsverstöße vom 18.10.2017 bzw. vom 1.12.2018 mit den Fahrzeugen MZG-KL 59 und MZG-KL 372 spricht angesichts des bis zum Einschreiten verstrichenen Zeitraums viel dafür, dass sich deren Einbeziehung als unverhältnismäßig darstellt. Dass eine Berücksichtigung der Verstöße vom 23.6.2020, vom 2.9.2020 und vom 16.10.2021 indes unterbleiben müsste, weil die ihnen zuzuordnenden Fahrzeuge MZG-KL 550, MZG-KL 520 und MZG-KL 505 schon vor Ergehen des Bescheids veräußert worden waren, vermag indes nicht zu überzeugen. Dieser Umstand ist im Rahmen der an § 31 a StVZO zu orientierenden Tatbestandsprüfung ohne erkennbare Relevanz. Zu konstatieren ist insoweit allein, dass – auf der Rechtsfolgenseite – die Verpflichtung, ein Fahrtenbuch zu führen, nicht auf diese Fahrzeuge, sondern allenfalls auf etwaige Ersatzfahrzeuge erstreckt werden kann; insoweit geht die Listung des Fahrzeugs MZG-KL 520 im Anhang zu Ziffer 1 der Anordnung vom 3.6.2022 ins Leere.

 Die Argumentation, die mit den Fahrzeugen MZG-KL 520 und MZG-KL 122 am 2.9.2020 bzw. am 13.10.2020 begangenen Geschwindigkeitsüberschreitungen hätten im Rahmen der Tatbestandsprüfung nicht berücksichtigt werden dürfen, weil wegen dieser Verstöße bereits jeweils eine fahrzeugbezogene Fahrtenbuchauflage ergangen war, ist materiell-rechtlich nicht von vorneherein von der Hand zu weisen, bedarf aber im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Hinterfragung. Denn selbst wenn sich dieser Einwand im Hauptsacheverfahren als durchgreifend erweisen würde, verblieben die vier Geschwindigkeitsüberschreitungen vom 23.6.2020 (MZG-KL 550), vom 16.10.2021 (MZG-KL 505), vom 21.12.2021 (MZG-KL 502) und vom 26.12.2021 (MZG-KL 503), die dem Erlass der verfahrensgegenständlichen Anordnung eine hinreichende Tatsachengrundlage bieten. Diese Verstöße sind jeweils von erheblichen Gewicht und demzufolge – zumal in ihrem Zusammenwirken – geeignet, den Erlass einer Fahrtenbuchauflage für den gesamten Fuhrpark zu rechtfertigen.

 Insbesondere durfte auch der Verstoß vom 26.12.2021 in die Würdigung einbezogen werden. Zwar erfolgte die diesbezügliche Anfrage an die Antragstellerin als Fahrzeughalterin erst unter dem 2.2.2022 (erneute/wiederholende Anfrage am 23.2.2022), also nach Ablauf der regelmäßig zu beachtenden Zweiwochenfrist, allerdings kann angesichts der Qualität des Fahrerfotos (Bl. 642 der Vwakte) ausgeschlossen werden, dass ein durch den Zeitablauf bedingtes Unvermögen der Geschäftsführung der Antragstellerin, zu erkennen bzw. zu rekonstruieren, wer der verantwortliche Fahrer war, für das Unterbleiben der Beantwortung der Anfrage ursächlich gewesen sein könnte; es verbleibt allein der Rückschluss auf eine mangelnde Mitwirkungsbereitschaft, so wie sie seitens der Antragstellerin in den vorangegangenen Jahren durchgängig praktiziert worden war.

 Der Einwand, die Behörde sei, wenn sie eine Fahrtenbuchauflage auf mehrere Fahrzeuge eines Halters erstrecken wolle, nach der Rechtsprechung gehalten, zu ermitteln, ob die anderen Fahrzeuge einem wechselnden Benutzerkreis mit der Folge zur Verfügung stünden, dass bei einem Verkehrsverstoß mit der Nichtfeststellbarkeit des Fahrers zu rechnen sei, und dies sei vorliegend nicht geschehen, verfängt unter den fallrelevanten Umständen nicht. Die Antragsgegnerin hat ausweislich Blatt 494 ff. der Verwaltungsakte Feststellungen zu den dem Fuhrpark zugehörigen Fahrzeugen getroffen und in den Bescheidgründen unter Anführung einer Liste unaufgeklärt gebliebener Geschwindigkeitsüberschreitungen darauf abgestellt, dass bisher bereits hinsichtlich einzelner Fahrzeuge Fahrtenbuchauflagen ergangen seien, diese aber nicht bewirkt hätten, dass die Antragstellerin intern sicherstellt, dass Verkehrsverstöße den verantwortlichen Fahrern zugeordnet werden. Sei der Adressat einer Fahrtenbuchauflage gleichzeitig Halter mehrerer Fahrzeuge, so dürften diese in die Anordnung einbezogen werden, wenn aufgrund der Nutzungsgepflogenheiten des Halters auch mit anderen Fahrzeugen einschlägige Zuwiderhandlungen naheliegend und zu erwarten seien.

 Diese Erwägungen tragen die getroffene Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf alle Firmenfahrzeuge. Dass die Geschäftsführung der Antragstellerin hinsichtlich keiner der der Anordnung zugrunde gelegten Geschwindigkeitsüberschreitungen ungeachtet der durchweg sehr deutlichen Fotos die Fahrer bzw. die als Fahrer jedenfalls in Betracht kommenden Mitarbeiter namentlich benannt hat, lässt erkennen, dass für die mangelnde Mitwirkung nicht ein etwaig wechselnder Benutzerkreis und eine daraus gegebenenfalls resultierende Schwierigkeit, denjenigen, der das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt geführt hat, zu ermitteln, ausschlaggebend waren, sondern allein die bereits im Grundsatz fehlende Bereitschaft der Antragstellerin, ihrer Obliegenheit, an der Aufklärung der mit ihren Fahrzeugen begangenen Verkehrsverstöße so weit mitzuwirken, wie ihr das möglich und zumutbar ist. Zu der diesbezüglichen Argumentation der Antragstellerin, dieser Sichtweise sei entgegenzuhalten, dass sich die Einstellung des Geschäftsführers und der sonstigen Mitarbeiter spätestens seit Dezember 2021 erkennbar geändert habe, weswegen es seither keine Anhaltspunkte für die Annahme einer abstrakten Wiederholungsgefahr mehr gegeben habe, ist vorstehend bereits dargelegt, dass nach Aktenlage im Dezember 2021 und im Januar 2022 jedenfalls noch keine Anzeichen für den behaupteten Einstellungswechsel zu erkennen waren.

 Der Antragstellerin ist allerdings zuzugestehen, dass sie zwischen der Anhörung vom 14.2.2022 und dem Ergehen der Anordnung am 3.6.2022 erstmals drei Anfragen, nämlich vom 16.2., 23.2. und 9.3.2022, und dies zudem zeitnah, nämlich am 21.2., 3.3. bzw. 17.3.2022, beantwortet hat. Eine weitere Anfrage vom 20.5.2022 wurde wiederum verzögert, nämlich am 21.6.2022, also erst nach Ergehen des verfahrensgegenständlichen Bescheids beantwortet, zwei spätere Anfragen vom 15.6. bzw. 1.8.2022 wurden am 21.6. bzw. 11.8.2022 beantwortet. Die Antragstellerin meint, ihr geändertes Verhalten sei zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses bzw. bereits im Anhörungsverfahren nur so zu interpretieren gewesen, dass es nicht mehr zu weiteren unaufgeklärten Verkehrszuwiderhandlungen kommen würde. Das Verwaltungsgericht habe den Vortrag der Antragstellerin, dass sie spätestens seit 2022 innerbetrieblich gesichert habe, dass zuverlässig Auskunft erteilt werde, nicht angemessen in seine Würdigung einbezogen und gehe überdies selbst davon aus, dass die Anhörung vom 14.2.2022 zur beabsichtigten Anordnung eine Verhaltensänderung bei der Antragstellerin bewirkt habe. Demzufolge habe am 3.6.2022 keine Notwendigkeit einer Fahrtenbuchauflage mehr bestanden. Der Sinn und Zweck einer solchen bestehe nicht darin, vergangenes Verhalten zu sanktionieren.

 Da letzteres zutrifft, wirft die vorbezeichnete Argumentation der Antragstellerin die im Ergebnis zu verneinende Frage auf, ob tragfähige Anhaltspunkte für einen als grundlegend zu erachtenden Einstellungswandel mit der Folge zu verzeichnen sind, dass es aus Gründen der Verhältnismäßigkeit geboten gewesen wäre, entweder gänzlich von der Anordnung einer sich auf alle Personenkraftwagen des Fuhrparks der Antragstellerin erstreckenden Fahrtenbuchauflage oder jedenfalls von der Vorgabe von deren sofortiger Vollziehbarkeit abzusehen.

 Angesichts der seit Jahren fehlenden Mitwirkungsbereitschaft der Antragstellerin spricht zunächst nichts dafür, aus dem Umstand einer dreimaligen Offenlegung des verantwortlichen Fahrers, die sich zeitlich unmittelbar an die Anhörung vom 14.2.2022 angeschlossen hat und insoweit ersichtlich dem Druck des Verfahrens geschuldet war, verlässlich auf einen dauerhaften Einstellungswandel zu schließen, und die Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf den gesamten Fuhrpark aus diesem Grund als unverhältnismäßig zu erachten.

 Unter den gegebenen Umständen ist ebensowenig zu beanstanden, dass der Antragsgegner die sofortige Vollziehung angeordnet und an dieser festgehalten hat.

 Die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Fahrtenbuchauflage ist zulässig, um wirksam zu verhindern, dass mit dem Fahrzeug weiterhin gegen Verkehrsvorschriften verstoßen wird, ohne dass der Fahrzeugführer erfasst werden kann. In der Regel liegen die Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für die Anordnung sofortiger Vollziehung vor. Nach obergerichtlicher Rechtsprechung kann in aller Regel im Interesse der Sicherheit des Straßenverkehrs nicht auf das sofortige Führen eines Fahrtenbuchs verzichtet werden, wobei es auf eine konkrete Wiederholungsgefahr nicht ankommt und der Umstand, dass seit dem Begehen des Verkehrsverstoßes bereits einige Zeit verstrichen ist, der Anordnung nicht per se entgegensteht. Gemessen an diesem rechtlichen Rahmen vermag die durch die Anhörung vom 14.2.2022 ausgelöste Mitwirkungsbereitschaft der Antragstellerin die Zulässigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht ernstlich in Frage zu stellen. Zunächst muss gesehen werden, dass die Anfragen nach dem verantwortlichen Fahrer nicht seitens der Antragsgegnerin, sondern von der jeweils zuständigen Bußgeldstelle veranlasst werden, weswegen die Antragsgegnerin von der Tatsache erneuter Verkehrsverstöße und einer etwaig weiterhin fehlenden Mitwirkungsbereitschaft nur verzögert Kenntnis erlangt bzw. im Fall einer nunmehrigen Mitwirkungsbereitschaft von dieser Verhaltensänderung jedenfalls routinemäßig keine Kenntnis erlangen dürfte und einen eventuellen Einstellungswandel daher zur Zeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Bescheiderlass schwerlich in ihre Erwägungen einstellen konnte. Hinsichtlich der Folgezeit tritt hinzu, dass der Umstand, dass die Antragstellerin die ersten drei ihr nach der Anhörung zugegangenen Anfragen vom 16.2., 23.2. und 9.3.2022 recht zeitnah innerhalb von fünf bis zehn Tagen beantwortet hat, die Prognose eines stabilen Einstellungswandels angesichts der aktenkundigen Vorgeschichte für sich genommen schwerlich zu tragen vermag, zumal bereits die vierte Anfrage vom 20.5.2022 nicht binnen eines vergleichbar kurzen Zeitraums, sondern erst unter dem Druck des verfahrensgegenständlichen Bescheids am 21.6.2022 beantwortet wurde. Die diesbezügliche Argumentation der Antragstellerin blendet aus, dass ihre Sichtweise notwendig zur Folge hätte, dass sie im Vergleich zu dem typischen Fall einer Fahrtenbuchauflage nach einem einmaligen schwerwiegenden Verkehrsverstoß indirekt von der Vielzahl der von ihren Mitarbeitern weiterhin begangenen Verstöße profitieren würde, weil gerade die erneuten Zuwiderhandlungen ihr Gelegenheit gäben, sich nunmehr mitwirkungsbereit zu zeigen. Dies zum Anlass einer Außervollzugsetzung zu nehmen, entspräche nicht dem auf Gefahrenabwehr zielenden Zweck einer Fahrtenbuchauflage.

 In Anbetracht all dessen ist letztlich nicht entscheidungserheblich, ob der Umstand, dass der Geschaftsführer der Antragstellerin einer polizeilichen Vorladung vom 19.1.2023 zu einer zeugenschaftlichen Vernehmung zwecks Fahrerfeststellung nach Nötigung im Straßenverkehr am 24.11.2022 mit dem Fahrzeug MZG-KL 503 nicht Folge geleistet hat, der Annahme eines stabilen Einstellungswandels entgegensteht (so der Vortrag der Antragsgegnerin in ihren Schriftsätzen vom 14.3.2023 und vom 17.4.2023 unter Bezugnahme auf eine Mitteilung der zuständigen Polizeiinspektion) oder ob dem Geschäftsführer diese Vorladung, die als unzustellbar zurückging, unverschuldet nicht zugegangen ist.

 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

 Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 46.11 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

 Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

OVG Saarlouis Beschl. v. 19.4.2023 – 1 B 25/23, BeckRS 2023, 7836

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