OLG Naumburg: Rechtsbeugung zweier von drei Richtern einer Kammer nicht beweisbar
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Mit folgender Begründung wies das OLG Naumburg mit Beschluss vom 6.10.2008 - Az. 1 Wf 504/07 - die sofortige Beschwerde der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg gegen die Nichtzulassung zur Hauptverhandlung gegen drei Richter ab: Sollen Richter eines Kollegialgerichts wegen Rechtsbeugung verurteilt werden, ist für jedes einzelne Mitglied des Spruchkörpers der Nachweis erforderlich, dass er für die Entscheidung gestimmt hat. Dieser Nachweis lasse sich jedoch mit den in Betracht kommenden Beweismittel in der Hauptverhandlung nicht führen. Sachverhalt Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg hatte am 14.11.2006 Anklage gegen drei damalige Mitglieder des 14. Zivilsenats, der zugleich 3. Senat für Familiensachen ist, wegen Rechtbeugung beim LG Halle erhoben. Hintergrund waren zwei Entscheidungen des Senats in einem Umgangsrechtsverfahren, welche auch das BVerfG und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beschäftigt hatten. Das Verfahren hatte bundesweit Aufsehen erregt, weil der Vater eines Jungen sich vergeblich um das Umgangsrecht mit seinem Sohn bemüht hatte. Das LG Halle ließ mit Beschluss vom 20.07.2007 die Anklage gegen die Richter nicht zur Hauptverhandlung zu. Dagegen legte die Generalstaatsanwaltschaft sofortige Beschwerde ein. Das OLG Naumburg hat diese nun als unbegründet verworfen. Die vorläufige Tatbewertung ergebe, dass eine Verurteilung der angeschuldigten Richter nicht zu erwarten sei. Überstimmter Richter eines Spruchkörpers weder als Täter noch als Gehilfe strafbar Der Nachweis einer Rechtsbeugung könne im vorliegenden Fall aus tatsächlichen Gründen nicht erbracht werden. Die Verurteilung eines Richters wegen Rechtsbeugung aufgrund der Entscheidung eines Kollegialgerichts setze die Feststellung voraus, dass er für die von ihm als Unrecht erkannte, das Recht beugende Entscheidung gestimmt habe. Nach § 196 Abs.1 GVG entscheide das Gericht mit der absoluten Mehrheit der Stimmen. Ein überstimmter Richter mache sich durch seine Mitwirkung am weiteren Verfahren weder als Mittäter noch als Gehilfe strafbar. Für eine Verurteilung wegen Rechtsbeugung sei daher für jedes einzelne Mitglied eines Spruchkörpers der Nachweis erforderlich, dass es für die Entscheidung gestimmt habe. Dieser Nachweis lasse sich mit den in Betracht kommenden Beweismitteln in der Hauptverhandlung nicht führen. Die Angeschuldigten hätten sich hierzu nicht geäußert. Auch aus sonstigen Indizien und Umständen lasse sich nicht auf eine Täterschaft aller oder einzelner Angeschuldigter schließen. Angesichts dessen sei die Eröffnung eines Hauptverfahrens abzulehnen. Aus der Datenbank beck-online BVerfG, Berücksichtigung der Entscheidungen des EGMR durch deutsche Gerichte, NJW 2004, 3407 BVerfG: Bindungswirkung von Entscheidungen des EGMR für deutsche Gerichte, NJW 2005, 1105 EGMR, Verweigerung des Sorge- und Umgangsrechts für Vater eines nichtehelichen Kindes, NJW 2004, 3397 Lamprecht, Wenn der Rechtsstaat seine Unschuld verliert, NJW 2007, 2744 Wenzel, Die Bindung des Richters an Gesetz und Recht, NJW 2008, 345